Die Praxisärzte werben für mehr Corona-Impfungen im Herbst. „Jetzt geht es vor allem darum, die noch Unentschlossenen zu erreichen“, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. „Hier sollte der Hauptfokus der Anstrengungen liegen, noch vor den Auffrischimpfungen.“
Dabei gelte: „Erlaubt ist, was hilft.“ So seien niederschwellige Impfangebote ohne Terminvereinbarungen gute Beispiele für sinnvolle Maßnahmen. „Wir müssen Vertrauen in die Impfung erreichen und sie nicht mit Zwang durchsetzen wollen.“ Das Impf-Tempo war zuletzt stark zurückgegangen.
Mit Blick auf die Corona-Impfungen und die nun ebenfalls anlaufenden Grippe-Impfungen sagte Gassen, aktuell laute die Empfehlung, beide zeitversetzt zu organisieren. „Es wäre aber natürlich deutlich einfacher, wenn man beide Impfungen am gleichen Tag geben könnte. Hier fehlt noch eine entsprechende Empfehlung.“ Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte seien es gewohnt, in wenigen Wochen rund 20 Millionen Grippeschutzimpfungen vorzunehmen. „Sie können auch am besten zusätzliche Corona-Impfungen organisieren und durchführen.“
Gassen betonte: „Die Corona-Schutzimpfung ist sicher. Das müsste bei den meisten mittlerweile angekommen sein. Und wer das als Erwachsener nicht verstehen will, muss eben mit einer Infektion und schweren Erkrankung rechnen. Genau das muss den Menschen klar sein.“
Er finde es grundsätzlich in Ordnung, die 3G-Regel anzuwenden – also Zutritt zu bestimmten Innenräumen nur mit Nachweis als Geimpfter, Genesener oder Getesteter. Es stelle sich jedoch die Frage, wer das alles kontrollieren solle, sagte Gassen. „Für Restaurants oder Kinos mit überschaubaren Räumen und Platzangeboten mag das einfach sein. Nicht aber dann, wenn viele Menschen zusammenkommen. Wir sollten weniger auf Kontrollen setzen, sondern mehr auf Überzeugung.“
Der Kassenärzte-Chef betonte: „Wir sind auf einem guten Weg bei den Impfungen.“ Die meisten Praxen hätten ihre Patienten, die dafür offen gewesen seien, bereits durchgeimpft. Für anstehende Auffrischungsimpfungen seien die Praxen gut vorbereitet – auch vor dem Hintergrund eines größeren Beratungsaufwands. „Für die Auffrischimpfungen brauchen die Ärztinnen und Ärzte neben organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen allerdings in erster Linie eine wissenschaftliche Empfehlung“, sagte Gassen. Er gehe davon aus, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) sie geben werde, sobald die vorhandenen Studien bewertet worden seien.
Gassen erläuterte: „Die Arbeitsbelastung für die Hausärzte und Fachärzte und ihre Teams ist hoch. Es ist ja auch nicht so, dass mit Corona plötzlich alle anderen und vor allem chronischen Erkrankungen verschwunden sind.“ Die Praxisteams leisteten „einen tollen Job“. Der Wert der ambulanten Versorgung habe sich schon vor der Corona-Krise gezeigt und nun mit der Pandemie erst recht erwiesen.
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