Phase-II/III für pflanzlichen Corona-Impfstoff Alexandra Negt, 17.11.2020 10:04 Uhr
Medicago startet die nächste klinische Studienphase mit seinem pflanzlich entwickelten Totimpfstoff. Der Kandidat CoVLP wird in Tabakpflanzen gezüchtet. Zur Wirkverstärkung erhält er ein Adjuvans, das vom Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) entwickelt wurde. Die Klinische Phase-II/III startet zunächst in Kanada.
GSK ist beim Thema Corona-Impfstoff viele Kooperationen mit Forschungs- und Entwicklungsinstituten eingegangen. Der Pharmariese bietet seine Adjuvantien – also die wirkverstärkenden Impfstoffkomponenten – allen Unternehmen an. So greift auch das Biotechnologie-Unternehmen Medicago mit Sitz in Quebec auf die Impfkomponente zurück. Der Impfstoffkandidat an sich wurde von Medicago entwickelt. Er basiert auf einem Coronavirus-VLP. VLP steht für „virus-like particles“, also für virusartige Partikel. Da sie keine Nukleinsäuren enthalten, können sie sich im Organsimus nicht vermehren und dienen dem Impfzweck.
Gezüchtet wird der Impfstoffkandidat – anders als viele andere Vakzine – nicht in Hühnereiern, sondern in einer speziellen Tabakpflanze. Diese wird als eine Art Bioreaktor genutzt. Innerhalb einer Wachstumsphase kann das benötigte Antigen-Material „gezüchtet“ werden. Die Dauer beträgt vier Wochen. Nach der Ernte wird das Material aufgearbeitet, sodass es weiterverwendet werden kann.Ab August wurde der Impfstoffkandidat in einer klinischen Phase-I-Studie an zwei Standorten in Quebec auf Sicherheit, Toxizität und Immunantwort untersucht. Nun folgt die klinische Phase-II/III.
Bei der Entwicklung des Totimpfstoff mit VLP aus in Pflanzen hergestellten Antigenen hatte Medicago auch ein zweites Adjuvanz des US-Biotechnologieunternehmens Dynavax getestet. Nach der Auswertung der klinischen Phase-I, die am 14. Juli in Kanada startete, entschied sich das Unternehmen, die folgenden klinischen Phasen mit dem Adjuvants von GSK fortzuführen.
Um die Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität sicher zu bewerten, sollen an der Phase-III mehr als 30.000 Freiwillige teilnehmen. „Unsere Phase-I-Ergebnisse des Impfstoffkandidaten mit Adjuvans waren sehr ermutigend und unterstützen die weitere klinische Bewertung voll und ganz,“ so Nathalie Landry, Leitung der Abteilung für wissenschaftliche und medizinische Angelegenheiten bei Medicago. Thomas Breuer, CMO von GSK Vaccines, ist ebenfalls überzeugt von der Zusammenarbeit mit dem kanadischen Biotech-Unternehmen: „Dies ist die erste von mehreren Kooperationen zu Covid-19-Impfstoffkandidaten, mit denen klinische Tests der Phase-II/III begonnen wurden, und ein wichtiger Schritt vorwärts in unserem Beitrag zum weltweiten Kampf gegen die Pandemie. […] Bewährte Dosisersparnis und eine hohe Immunantwort aufgrund des Adjuvans von GSK machen uns zuversichtlich, in Zusammenarbeit mit Medicago einen wirksamen Impfstoff mit einem akzeptablen Sicherheitsprofil zu liefern.“
Das vorläufige Dosierungsschema sieht zwei Injektionen vor. Jede Dosis enthält 3,75 μg CoVLP in Kombination mit dem Pandemie-Adjuvans von GSK im Abstand von 21 Tagen. An der Studie nehmen gesunde Erwachsene ab 18 Jahren teil. Zusätzlich soll die Wirksamkeit für die Altersgruppe über 65 Jahren untersucht werden. In jeder Altersgruppe sollen die Probanden 5: 1 randomisiert werden. In der Gruppe der über 65-Jährigen erfolgt eine 2:1-Aufteilung. Starten soll die Studie in Kanada. Nach einer Genehmigung durch die FDA soll sie auf die USA ausgeweitet werden. Alle Probanden werden nach der letzten Impfung 12 Monate lang beobachtet, um die Sicherheit und Dauerhaftigkeit der Immunantworten auf den Impfstoffkandidaten zu beurteilen.
Pflanzen als zukünftige Impfstoffproduzenten
Auch beim Thema Grippeimpfung setzt Medicago auf pflanzliche Impfstoffe. Anfang Oktober hat die kanadische Arzneimittelagentur Health Canada den Zulassungsantrag für einen pflanzlichen, rekombinanten, quadrivalenten, virusähnlichen Grippeimpfstoff zur wissenschaftlichen Prüfung genehmigt. Je nachdem, wann die Prüfung durch die Aufsichtsbehörden abgeschlossen ist, könnte der neue Impfstoff in Kanada möglicherweise schon vor der nächsten Grippesaison auf den Markt kommen.