Die Stadt Magdeburg richtet derzeit eine Notbetreuung für Kinder von Eltern aus „systemrelevanten“ Berufsgruppen ein. Auch Apothekenmitarbeiter gehören dazu.
Dazu zählt medizinisches Personal, Pflege- und Rettungskräfte sowie Mitarbeitende von Polizei und Feuerwehr, wie aus einer Mitteilung der Stadt hervorgeht. Hintergrund sind landesweite Schul- und Kitaschließungen, die am Freitag verkündet wurden und ab Montag gelten sollen.
Auch Apotheken, Energieunternehmen und die Verkehrsbetriebe müssten arbeitsfähig bleiben, heißt es von Seiten der Stadt Magdeburg. „Für Eltern aus anderen Bereichen gilt: Die Prävention einer Pandemie hat Vorrang vor dem Anspruch auf eine Kindertagesbetreuung oder Schulpflicht.“ Dies bedeute, dass kein zentraler Ersatz für geschlossene Schulen und Kitas organisiert werden müsse.
Amtsarzt Eike Hennig sagte: „Die gesundheitliche Lage in Magdeburg ist stabil, es gibt keine Grund für Unruhe.“ Aktuell seien in der Stadt zehn Fälle bestätigt. Es gehe darum, die Infektionszahlen in die Länge zu ziehen, damit möglichst wenig Intensivpatienten gleichzeitig zu behandeln sind. In Magdeburg entstehe derzeit eine neue Fieberambulanz, in der begründete Verdachtsfälle untersucht werden könnten. Dort sollen laut Hennig drei Ärzte und Schwestern arbeiten. In allen städtischen Einrichtungen würden keine Veranstaltungen mehr stattfinden. Museen und Schwimmbäder gehörten dazu.
Derweil fordern die Praxisärzte rasche Klarheit über weitere Möglichkeiten zur Kinderbetreuung. Niedergelassene Ärzte sowie Fachangestellte in der Praxis seien auch Eltern, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen. Sie bräuchten nun schnelle Unterstützung von Kommunen und Landesregierungen beim Organisieren einer Betreuung, um den Praxisbetrieb nicht herunterfahren zu müssen.
„Bleibt diese Unterstützung aus, sehe ich mit großer Sorge, wie wir die Versorgung der Patienten in diesen schwierigen Zeiten auf Dauer aufrecht erhalten sollen“, warnte Gassen. Er verwies darauf, dass Schulschließungen mehr oder minder bereits ab Beginn der nächsten Woche gelten sollen. Die meisten Länder haben dies angekündigt.
Der stellvertretende KBV-Chef Stephan Hofmeister sagte: „In den Praxen findet nicht nur die Regelversorgung statt, sondern derzeit auch ein wesentlicher Anteil der Versorgung von Corona-Patienten.“ Die Ärzte und ihr Praxispersonal würden dringend gebraucht – auch vor dem Hintergrund, dass je nach Entwicklung auch Praxisschließungen durch Quarantäne drohen könnten. Daher sei jede Unterstützung nötig. In Praxen kommen laut KBV täglich mehr als drei Millionen Patienten.
Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, befürchtet wegen der Schutzmaßnahmen Arbeitsausfälle in Kliniken. „Wenn jetzt flächendeckend Schulen und Kitas geschlossen werden, dann muss die Politik dafür sorgen, dass das medizinische Personal trotzdem seiner Arbeit nachgehen kann“, verlangte Gaß in der Saarbrücker Zeitung. „Eine Notbetreuung der Kinder von Ärzten, Schwestern und Pflegern ist dringend erforderlich.“
Die SPD-Vizevorsitzende Anke Rehlinger forderte gesetzliche Änderungen, um Eltern eine Betreuung ihrer Kinder zu erleichtern. „Im schlimmsten Fall müssen Eltern dafür unbezahlten Urlaub nehmen, wenn der Arbeitgeber keine kulanten Lösungen wie Home-Office oder Überstundenabbau anbietet“, sagte Rehlinger der Rheinischen Post. „Eine Möglichkeit könnte sein, die Regelung zu erweitern, mit der ich schon heute zehn Tage mein Kind betreuen kann, wenn es krank ist. Das könnte auf staatlich angeordnete Schulschließungen erweitert und die mögliche Dauer verlängert werden.“ Weil damit die Lohnfortzahlung zulasten der Krankenkassen ginge, sollten die Kosten dann aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen werden, schlug Rehlinger vor.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte die Arbeitgeber auf, ihren Beschäftigten entgegenzukommen und mit ihnen „flexible Lösungen“ zu finden. Diese gelte auch für die Kommunen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der „Welt“: „Es wäre sicher hilfreich, wenn die zuständigen Landesbehörden entsprechende Absprachen mit den Arbeitgeberverbänden anstreben würden.“
Er wies auf den Paragrafen 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches hin, der vorsehe, „dass unter bestimmten Umständen Eltern wegen einer Krankheit oder Betreuungsnotwendigkeit ihres Kindes vorübergehend der Arbeit fernbleiben dürfen“. Dort heißt es, dass man einen Vergütungsanspruch nicht verliert, wenn man die vereinbarte Dienstleistung ohne eigenes Verschulden „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ nicht erbringen kann.
Die Vizechefin der FDP-Bundestagsfraktion, Katja Suding, mahnte dafür aber einen strikten Gesundheitsschutz an. Es brauche „sehr kleine Betreuungsgruppen, große räumliche Trennung zwischen den Gruppen, keine gemeinsame Nutzung von Gemeinschaftsräumen, besondere Hygienemaßnamen“, sagte sie der „Welt“.
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