Mit Spucktests gegen Corona Carolin Ciulli, 27.01.2021 09:30 Uhr
Die Bundesregierung will ihre Corona-Teststrategie ändern. Auch Laien sollen sich künftig selbst auf Sars-CoV-2 testen können. Aktuell sind verschiedene Selbsttests in der Prüfung – darunter auch sogenannte Spucktests.
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Der Hilfsmittelanbieter Care Integral aus Schleswig-Holstein hat einen Spucktest neu im Sortiment. Die Firma gehört zur Unternehmensgruppe Unizell Medicare und hat das Sortiment an die Coronakrise angepasst, vertreibt etwa einen Luftfilter und betreibt ein Schnelltestzentrum in Lübeck. Für den Spucktest Hotgen wurde jetzt eine Listung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die Anwendung durch Laien beantragt.
Bei dem Produkt Hotgen spuckten die Kunden in einen Speichelsammler, eine Art Trichter. Die Probe wird im Anschluss in eine Testkassette gegeben, die das Ergebnis nach etwa 15 Minuten anzeigt. Die Sensitivität liege bei 96 Prozent, die Spezifität bei 99,78 Prozent. „Schnelltests werden bei der Eindämmung der Pandemie eine wertvolle Unterstützung bieten“, sagt Geschäftsführer Timo Scharpenberg. Spucktests seien ein echtes Allleinstellungsmerkmal, man spare sich das Personal für den Abstrich. Zudem sei die Durchführung leichter. Wie einfach es geht, zeigt sein zehnjähriger Sohn in einem Video.
Auch die Firma Modl hat einen Spucktest im Sortiment. Das bayerische Unternehmen ist eigentlich im Bereich Energie und Mechatronik tätig. Beim Test Joysbio wird die Mundflüssigkeit in einen mitgelieferten Beutel gespuckt. Im Anschluss soll der Inhalt aus einer Pufferflasche in ein Extraktionsreagenzglas gedrückt werden. Danach werden drei Tropfen Speichel aus dem Sammelbeutel entnommen und ebenfalls in das Röhrchen gegeben. Diese Mischung landet letztlich in der Testkassette. Das Ergebnis soll nach 15 Minuten ablesbar sein.
Spucktests seien besonders für Schulen und Kindergärten geeignet, sagt Firmenchefin Nicole Modl. Das Spucken sei für Kinder komfortabler als ein Abstrich. Auch in Pflegeeinrichtungen seien die Spucktests wegen der Anwenderfreundlichkeit sinnvoll. Die Sensitivität beträgt 95,1 Prozent, die Spezifität 100 Prozent.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will In-vitro-Diagnostika für die Eigenanwendung freigeben. Gebrauchsinformationen und Kennzeichnung müssen demnach entsprechend auf Laien ausgerichtet sein. Aktuell würden von einer Vielzahl von Unternehmen solche Antigentests entwickelt, bei denen Probennahme, Testung und Bewertung des Ergebnisses durch die zu testende Person selbst, also durch medizinische Laien, möglich sind, heißt es in einem Verordnungsentwurf.
Als In vitro-Diagnostika unterliegen diese Tests dem Medizinproduktegesetz und müssen dementsprechend so hergestellt sein, dass sie „hinsichtlich Sicherheit und Leistungsfähigkeit ausreichend gebrauchstauglich zur Eigenanwendung durch Laien“ sind und „die Ergebnisqualität unter diesen Anwendungsbedingungen sichergestellt werden kann“. „Dies umfasst die gesamte Anwendung des Tests und schließt auch die Berücksichtigung einer entsprechend gebrauchstauglichen beziehungsweise zuverlässigen Probennahme und Ergebnisdarstellung ein.“ Auch Gebrauchsinformationen und Kennzeichnung müssen entsprechend auf Laien ausgerichtet sein.
Die Hersteller müssen die Einhaltung dieser Vorgaben gegenüber einer benannten Stelle nachweisen. „Zudem wird geprüft, dass die Gebrauchsinformationen den Anwender über das erhaltene Ergebnis detailliert aufklären und die Bedeutung erläutern. Wenn die vorgenannten Vorgaben vollumfänglich erfüllt und von der Benannten Stelle im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahren bestätigt wurden, ist es nicht mehr erforderlich an der bestehenden umfassenden Abgabebeschränkung festzuhalten.“
Zur Begründung führt das BMG aus, dass durch Antigentests zur Eigenanwendung eine „noch breitere und schnellere Testung der Bevölkerung erfolgen“ könne. „Bei korrekter Durchführung des Tests kann ein schnelles eigenverantwortliches Ergreifen von Maßnahmen zu einer Verbesserung des Infektionsschutzes und zu einer Verlangsamung der Ausbreitung von Sars-CoV-2 führen.“ In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung könnten dazu beitragen, dass Infektionen häufiger und früher erkannt würden. „Solche Tests sind ein wichtiger Beitrag zur Optimierung der Teststrategie in Deutschland.“
Apotheker warnen vor einem Aufweichen der Meldepflicht. Mit einer Aufhebung der Abgabebeschränkung könne es eine „trügerische Sicherheit“ geben. „Die Meldepflicht der positiven Ergebnisse kann unterlaufen werden, um die Quarantäne zu umgehen“, sagte Matthias Bußmann, der zwei Testzentren betreibt. Die Pharmazeutin Dr. Juliane Iltgen-Breburda betonte, dass man bei dem Abstrich aber einiges falsch machen könne. Die Abda sieht in den Selbsttests für Laien lediglich eine Ergänzung: Die beste Variante sei aber weiterhin, einen Corona-Schnelltest von einem kompetenten Heilberufler durchführen und auswerten zu lassen.