Evelo Biosciences beginnt mit seinem Wirkstoffkandidaten EDP1815 die Phase-II/III-Studie. Bereits in einer früheren klinischen Studie konnte gezeigt werden, dass der Wirkstoffkandidat eine entzündungshemmende Wirkung aufweist. Der Arzneistoff soll frühzeitig bei Covid-Patienten eingesetzt werden, um Komplikationen während des Krankheitsverlaufs zu vermeiden.
Evelo entwickelt monoklonale Mikroben – oral zu verabreichenden einzelnen Mikrobenstämmen, die das Immunsystem modulieren, indem sie sensorische Immunzellen im Dünndarm aktivieren. Da das Darmsystem über die Darm-Hirn-Achse in Zusammenhang mit dem gesamten Organismus steht, kommt es zu Wirkungen im ganzen Körper. Evelo ist überzeugt davon, dass monoklonale Mikroben bei zahlreichen Erkrankungen angewendet werden können, so beispielsweise bei Krebs, Autoimmunerkrankungen und Entzündungsreaktionen. Auch bei Covid-19 soll ein monoklonaler Mikrobenstamm helfen – EDP1815 besitzt entzündungshemmende Eigenschaften und könnte so den befürchteten Zytokinsturm mit Venenthrombosen verhindern.
Das 2019 gegründete Unternehmen startet jetzt mit seinem Corona-Wirkstoffkandidaten EDP1815 die klinische Phase-II/III. Dr. Joseph Cheriyan, leitender Wissenschaftler der Studie und Pharmakologe am Lehrkrankenhaus Addenbrooke in Cambridge, sagte: „Dies ist eine kritische Zeit im Kampf gegen Covid-19, und ich freue mich, dass Cambridge dabei eine Schlüsselrolle spielen kann. Die Studie Tactic-E wird die Wirksamkeit einer Reihe von experimentellen Arzneimitteln bei Patienten testen, die mit einer Sars-CoV-2-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert wurden.“ Angesichts der guten Verträglichkeit habe man sich entschieden, den Wirkstoffkandidaten EDP1815 in dieser Studie zu untersuchen. „In einer klinischen Phase-Ib-Studie konnten bereits Wirkungen auf mehrere Entzündungswege festgestellt werden. Gegen Psoriasis konnte eine gewissen Wirksamkeit beobachtet werden. Wir freuen uns darauf, EDP1815 als Teil von Tactic-E zu evaluieren.“ Ziel der Studie sei es, durch eine qualitativ hochwertige Datensammlung in Zusammenarbeit mit einem Pharmaunternehmen schnellstmöglich eine Zulassung für den weltweiten Einsatz des Medikamentes zu erlagen.
EDP1815 wurde ursprünglich zur Behandlung der Psoriasis entwickelt. Der Wirkstoff interagiert mit Immunrezeptoren der Darmschleimhaut, sodass eine systemische Entzündung unterbunden werden kann. Das Fortschreiten einer Corona-Infektion und der Ausbruch eines schweren Verlaufs ist mit einem Zytokinsturm, Hyperinflammation und einem Multiorganversagen verbunden. „Die jüngsten Ergebnisse mit Dexamethason legen nahe, dass ein orales Mittel wie EDP1815 mit potenziell breiten entzündungshemmenden Wirkungen dazu beitragen könnte, die schwerwiegenden Komplikationen von Covid-19 zu verhindern“, so Mark Bodmer, wissenschaftlicher Leiter von Evelo. „EDP1815 hat das Potenzial, das komplexe entzündliche Chaos, das mit dem Zytokinsturm bei Covid-19 verbunden ist, ohne Immunsuppression anzugehen. In einer früheren klinischen Studie zur Behandlung von Psoriasis wurde EDP1815 gut vertragen, ohne dass sich die Sicherheitsergebnisse von Placebo insgesamt unterschieden.“
„Wenn EDP1815 erfolgreich entwickelt und zugelassen wird, kann das Arzneimittel schnell in großem Maßstab und zu erschwinglichen Kosten hergestellt werden“, so heißt es von Bodmer weiter. Sofern die Covid-19-Studie erfolgreich verläuft, will das Unternehmen EDP1815 als potenzielle Therapie für andere Krankheiten wie Influenza untersuchen. Generell könnte eine potentielle Wirksamkeit bei allen Erkrankungen mit Zytokinsturm und größerem Entzündungsgeschehen angenommen werden. Aktuell hat Evelo vier Produktkandidaten in der Entwicklung: EDP1815, EDP1867 und EDP2939 sollen zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen eingesetzt werden. EDP1503 soll im onkologischen Bereich angewendet werden.
Forscher weltweit untersuchen den Einfluss des Darms auf den Menschen: Studien legen nahe, dass die Darmflora Einfluss auf das Denken und Fühlen nimmt. Wissenschaftler nehmen an, dass der Zustand der Darmflora im Zusammenhang mit der Stimmung steht. Um die genauen Zusammenhänge zu verstehen, versuchen Wissenschaftler herauszufinden, wie beide Organe miteinander „kommunizieren”. Die aktuelle Forschung lässt vermuten, dass die Kommunikation über die Darm-Hirn-Achse in beide Richtungen abläuft: Ein Weg erfolgt über Nervenverbindungen im Rückenmark. Ein anderer Weg ist der über den zehnten Hirnnerv, den Nervus vagus. Dieser verläuft vom Hirnstamm zum Verdauungsapparat und ist an vielen Regulationsvorgängen im Gastrointestinal-Trakt beteiligt.
Ebenfalls an der Mikrobiom-Kommunikation beteiligt ist das enterische Nervensystem (ENS). Hierbei handelt es sich um ein Geflecht von Nervenzellen, welches die Darmwand durchzieht. Im ENS werden Neurotransmitter, die von Darmmikroorganismen synthetisiert wurden, durch Chemosensoren wahrgenommen. Hierdurch können sie über den Nervus vagus mit dem Gehirn kommunizieren. Neurotransmitter wie GABA und Dopamin scheinen ebenfalls an der Reizweiterleitung beteiligt zu sein. Die Darmbakterien selbst produzieren auch Stoffe, die an der Kommunikation beteiligt sind.
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