Zytokinsturm stoppen

Mit Antidepressiva gegen Covid-19

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Berlin -

Auf der Suche nach einem Medikament gegen Covid-19 greifen Forscher auch auf bereits auf dem Markt befindliche Arzneistoffe zurück. Aktuell wird die Wirksamkeit eines Antidepressivums untersucht. US-Wissenschaftler prüfen Fluvoxamin, einen selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), in einer klinischen Studie an Covid-Patienten. Sie vermuten, dass Fluvoxamin den Zytokinsturm abschwächen oder gar verhindern kann. Im Tierversuch zeigte das Antidepressivum Wirkung.

Neben neuen Wirkstoffen werden auch immer wieder bereits bekannte Arzneistoffe auf eine Wirksamkeit gegen Covid-19 überprüft. Denn der große Vorteil an bereits auf dem Markt befindlichen Präparaten ist, dass sie direkt verfügbar wären. Zumeist ist auch mehr über die Neben- und Wechselwirkungen bekannt, sodass der Einsatz auch bei Risikogruppen erfolgen kann. In der aktuellen Diskussion stehen Antidepressiva: Seit mehreren Jahren ist bekannt, dass antidepressive Therapien auch einer Entgleisung des Immunsystems vorbeugen können.

Bei depressiven Patienten kommt es zu einer erhöhten Produktion von Zytokinen. Diese Entzündungsmediatoren führen im Körper zu einer überschießenden Immunreaktion. Zahlreichen Berichten zufolge geht auch eine Covid-19-Infektion mit einem sogenannten Zytokinsturm einher: Dabei handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems, die durch eine erhöhte Bildung von entzündungsrelevanten Zytokinen gekennzeichnet ist und somit zu einer systemischen Entzündungsreaktion führt.

Zytokine dienen der Signalübertragung zwischen den Zellen. Sie steuern auch die Proliferation und Differenzierung. Gebildet werden sie unter anderem von Makrophagen, B- und T-Lymphozyten. Bei einer bereits vorliegenden Entzündung fördern diese Proteine die Einwanderung weiterer Zytokine an den jeweiligen Ort der Entzündung. Klingt die Entzündung ab, so reduziert sich auch die Anzahl der Botenstoffe im Gewebe. Bei einigen Erkrankungen, so auch bei schweren Covid-19-Verläufen, kommt es nicht zur Abnahme der Zytokin-Konzentration. Der Grund, weshalb diese Abnahme nicht stattfindet, ist bislang nicht geklärt.

Die Wirkung von Fluvoxamin könnte darauf beruhen, dass der Wirkstoff eine Wechselwirkung mit Interleukin-6 eingeht. In früheren Forschungsarbeiten wurde ein Zusammenhang zwischen Interleukin-6 und dem SSRI nachgewiesen. Dieses Zytokin wird von depressiven Patienten vermehrt gebildet. Wird Interleukin-6 durch Medikamente gesenkt, verbessert sich die Depression.

Wirkung bei Sepsis

Aufgrund früherer Forschungsergebnisse kamen Wissenschaftler zu der Annahme, dass Fluvoxamin bei Corona helfen könnte. 2019 veröffentlichten US-Wissenschaftler Ergebnisse zur Wirksamkeit bei Sepsis. Denn auch bei einer Blutvergiftung kommt es zu einer massiven Zytokinfreisetzung. Im Tierversuch konnte das Antidepressivum die Bildung der Zytokine stark verringern. In einer Studie mit 152 Personen soll nun die Wirksamkeit von Fluvoxamin beim Menschen überprüft werden. Die Studie soll nicht in einem Krankenhaus durchgeführt werden. Die Patienten isolieren sich selbst zu Hause und nehmen das Arzneimittel eigenständig ein. Parameter wie Temperatur, Blutdruck und Sauerstoffsättigung werden eigenhändig vom Probanden überwacht. Die Werte werden per Telefon an die Wissenschaftler und Studien Ärzte übermittelt.

Fluvoxamin

Eingesetzt wird der Arzneistoff bei Depressionen, Angststörungen, Panikattacken, Zwangsstörungen, und Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Die Wirkung beruht auf der Erhöhung der Serotoninkonzentration – dieser Mangel führt zu Antriebslosigkeit sowie Stimmungsschwankungen bei den Erkrankten. Aufgrund der Arzneimittelinteraktion gehört der Wirkstoff nur zum Mittel der zweiten Wahl. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Schwitzen, Mundtrockenheit, Tremor und Unruhe sowie Müdigkeit. Fluvoxamin darf nicht während der Schwangerschaft, bei Suizidgedanken oder bei der gleichzeitigen Einnahme von MAO-Hemmern eingenommen werden.

 

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