Milde Verläufe bei Allergikern: Macht Interleukin-13 den Unterschied? Cynthia Möthrath, 19.04.2022 14:44 Uhr
Während die Coronazahlen noch immer auf hohem Niveau liegen, sind Pollenallergien bereits in vollem Gange. Betroffene fürchten häufig, bei einer Covid-Erkrankung durch ihre bereits bestehenden Symptome vorbelastet zu sein – Untersuchungen zeigen jedoch, dass Allergiker:innen nur selten schwer an Covid-19 erkranken. Eine wichtige Rolle könnte dabei die Art der Entzündungsreaktion spielen.
Ein Team des Marsico Lung Institute in Chapel Hill konnte mithilfe eines Transmissionselektronenmikroskops neue Einblicke in das Infektionsgeschehen von Covid-19 liefern. Die Forscher:innen untersuchten Zellkulturen von Organspendern: Dabei zeigte sich, dass sie sehr schnell von Sars-CoV-2 befallen wurden – die schleimbildenden Becherzellen wurden jedoch verschont. Der gebildete Schleim ist ein natürlicher Abwehrmechanismus des Körpers, welcher auch im Zellmodell dargestellt werden konnte.
Vakuolen platzen, Viren werden freigesetzt
Die Muzin-Speicher der Becherzellen waren in den Zellkulturen nach zwei bis drei Tagen aufgebraucht. Es konnte beobachtet werden, dass sich Sars-CoV-2 in diesem Zeitraum explosionsartig vermehrt hatte. Das Team konnte zeigen, dass die Viren nicht einzeln von den Zellen freigesetzt werden. Stattdessen bildeten sich größere Vakuolen, welche große Virusmengen enthalten und schließlich aufplatzen.
Warum erkranken Allergiker nur selten schwer?
Bereits in früheren Studien hat sich gezeigt, dass Allergiker:innen kein erhöhtes Risiko für schwere Covid-Verläufe aufweisen. Das Team konnte nun darlegen, warum dies so ist: Die Art der Entzündungsreaktion könnte ausschlaggebend sein. Denn während Allergiker:innen oft nur mild erkranken, trifft es COPD-Patient:innen meist schwerer. Die Entzüdungsreaktionen bei den beiden Erkrankungen sind verschieden: Bei Asthmatiker:innen kommt es zu einer sogenannten „Th2-Reaktion“, bei der Interleukin-13 freigesetzt wird. Bei COPD liegt hingegen eine nicht-allergische Th1-Reaktion vor.
Das Zytokin Interleukin-13 könnte damit von Bedeutung sein: Das Team beobachtete, dass unter der erhöhten Interleukin-Freisetzung deutlich weniger Virusmaterial produziert wurde. Außerdem blieben die Epithelzellen intakt. Dies könnte unter anderem an einer vermehrten Muzin-Produktion liegen. Ein weiterer Faktor könnte die Produktion der Glykokalyx sein, einer Kohlenhydratschicht auf der Zelloberfläche, welche einen Schutz vor Viren darstellt.
Pollen-Allergie kann Covid-Symptome verstärken
Insgesamt haben Pollen-Allergiker:innen nach bisherigen Erkenntnissen also kein erhöhtes Risiko an Covid-19 zu erkranken. Andersherum könnte es jedoch zu Problemen kommen: Sind Allergiker:innen bereits an Covid-19 erkrankt, kann ein Allergieschub die bestehenden Beschwerden noch verschlimmern und für zusätzliche Symptome sorgen. Forscher:innen des Zentrums für Allergie und Umwelt (ZAUM) in München raten deshalb dazu, bei einer Covid-Erkrankung im Haus zu bleiben, um dem Pollenflug bestmöglich auszuweichen. Denn in geschlossenen Räumen sei die Belastung durch Pollen immer geringer als außerhalb. Zudem sollten sich Betroffene über den aktuellen Pollenflug erkundigen.
Maske gegen Heuschnupfen?
Bereits im vergangenen Frühling erklärte die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, dass auch das Tragen von Masken vor den typischen Heuschnupfen-Symptomen schützen kann: Die Menge der eingeatmeten Pollen wird reduziert – erreichen die Pollen die Schleimhäute in Nase und Mund nicht mehr, können sie dort keine Symptome auslösen.
„In den meisten Fällen werden Symptome wie eine laufende Nase, Juckreiz im Mund oder Niesen deutlich gemildert“, erläuterte der Allergologe Arthur Helbing in einem Interview mit dem Schweizer Allergiezentrum. FFP2-Masken filterten zwar kleinere Partikel als Standard-Hygienemasken, die nur Partikel über etwa drei Mikrometer abhielten. Da Pollenkörner aber zwischen rund 10 und 100 Mikrometer groß seien, könnten beide Maskentypen Pollenkörner filtern,
Wer trotz Maske niesen müsse, solle diese regelmäßig wechseln. „Ist die Maske feucht, bietet sie kaum mehr Schutz, weder vor Pollen noch vor Viren.“ Den Schutzeffekt von Masken mindert zudem, dass Augen und Haut ungeschützt bleiben. „Die Maske kann rote, tränende oder juckende Augen nicht verhindern“, erklärte Helbing. Ein gewisser Schutz vor Pollen lasse sich mitunter durch das Tragen einer Brille erreichen.