Einblick in die Covid-Milchglastrübungen

Mikroskopische Auflösung: Röntgentechnik kann in die Lunge „zoomen“

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Berlin -

Dass Sars-CoV-2 nicht nur die Lunge befällt, sondern unter anderem auch zu lebensbedrohlichen Thrombosen führen kann, ist mittlerweile bekannt. Bislang wurden Thrombosen in kleineren Blutgefäßen, die durch Covid-19 ausgelöst wurden, postmortal festgestellt. Eine spezielle, hochauflösende Röntgentechnik kann nun jedoch neue Einblicke in die Pathogenese von Covid-19 liefern und Thrombosen sogar in den kleinsten Alveolen der Lunge erkennen.

Die hierarchische Phasen-Kontrast-Tomographie (HiP-CT) kann bis zu einer mikroskopischen Auflösung in die Organe „hineinzoomen“. Sie erreicht eine 100-fach höhere Auflösung als die herkömmliche Computertomographie (CT), welche selbst bei leistungsstarken Geräten gerade einmal wenige Millimeter darstellen kann. Entzündungen in den Alveolen der Lunge oder Blutgerinnsel in kleinsten Blutgefäßen sind daher durch ein einfaches CT nicht sichtbar – sie wurden bislang erst postmortal bei histologischen Untersuchungen erkannt.

Gebündelte Strahlung für detaillierte Bilder

Die HiP-CT- Auflösung erreicht durch hochintensive Röntgenstrahlung mit stark gebündelten und parallelen Strahlen einen Bereich von 2,5 Mikrometern. Allerdings kann diese sogenannte „Synchrotronstrahlung“ nur durch größere Teilchenbeschleuniger erzeugt werden, welche nur an wenigen Orten weltweit zur Verfügung stehen.

Ein Team des University College London, zu dem auch Forscher:innen verschiedener deutscher Universitäten gehören, konnte auf den weltweit drittgrößten Teilchenbeschleuniger zugreifen, um die aktuellen Erkenntnisse zu liefern: Die „European Synchrotron Research Facility“ (ESRF) steht im französischen Grenoble und hat kürzlich ein Update erhalten. Die Idee zur HiP-CT entstand bereits zu Beginn der Pandemie, um die genaue Pathogenese von Covid-19 besser erforschen zu können.

Blick in die Milchglastrübungen möglich

Mithilfe der speziellen Röntgentechnik kann die Anatomie dreidimensional dargestellt werden. In einzelne Lungenläppchen und Alveolen kann zudem „hereingezoomt“ werden. Dadurch werden kleinste Teile der Lungenperipherie sichtbar und auch die sogenannten Covid-typischen „Milchglastrübungen“ können eingesehen werden. Darin zeigten sich erweiterte Alveolargänge und eine Zerstörung der Alveolarstruktur. Außerdem waren einzelne Alveolen mit geronnenem Blut und Entzündungszellen gefüllt. All diese Beobachtungen erklären die Störungen des Gasaustausches bei Covid-19, die zu Atemnot und weiteren typischen Beschwerden führen.

Auch Veränderungen in den Blutgefäßen konnten mithilfe der HiP-CT dargestellt werden: Gefäße, die die Blutgefäße mit Sauerstoff versorgen, waren teilweise deutlich erweitert. Forscher:innen deuteten dies als Schutzmechanismus, um den Sauerstoffmangel durch Sars-CoV-2 zu kompendieren. Die Vermutung wird durch den Fakt untermauert, dass sich bei den bildgebenden Verfahren eine Bildung neuer Blutgefäße zeigte.

Die hochauflösende Röntgentechnik eröffnet somit neue Möglichkeiten und tiefere Einblicke in die Anatomie. Sie kommt jedoch nicht nur bei Covid-19 in Frage: Auch kleinste Strukturen des Gehirns, der Nieren oder des Herzmuskels können durch sie dargestellt werden und neue Erkenntnisse in verschiedensten Bereichen liefern.

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