Unklarheit über Vorschriften bei Maskenverteilung

Masken-Aktion: Jede einzelne Abgabe dokumentieren?

, Uhr
Berlin -

Das Coronajahr zeigt nochmal, was es kann: Der Beginn der letzten vollen Arbeitswoche wird nochmal richtig stressig. Von der Ankündigung der Maskenverteilaktion wurden die Apotheken selbst genauso überrascht wie alle anderen auch. Die endgültige Verordnung ist noch nicht einmal veröffentlicht, aber allerlei Details müssen schon geklärt werden. Ein besonderes Ärgernis: Es herrscht noch keine Klarheit, ob – und falls ja, wie – die Maskenabgabe dokumentiert werden muss.

Die Verteilung von FFP2-Masken an bezugsberechtigte Personen soll nach Vorstellung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) in drei Wellen erfolgen. Ab der zweiten Welle ist die Frage nach der Berechtigung geklärt: Kunden kommen dann mit einem Voucher, den ihnen ihre Krankenkasse ausgestellt hat. Diese fälschungssicheren Coupons zu produzieren und zu verschicken, schaffen die Kassen aber nach aktuellem Informationsstand in diesem Jahr nicht mehr. Bis zum 6. Januar soll deshalb die erste Welle über die Apotheken rollen: Patienten können mit dem Personalausweis belegen, dass sie älter als 60 Jahre sind.

Doch was ist mit Patienten mit Vorerkrankungen? Wer an chronisch obstruktiver Lungenerkrankung oder Asthma bronchiale, chronischer Herzinsuffizienz, chronischer Niereninsuffizienz über Stadium 4, Demenz oder Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ 2, einer Krebserkrankung samt Chemotherapie leidet, Organ- oder Stammzellentransplantation erhalten hat, mit Trisomie 21 lebt oder eine Risikoschwangerschaft austrägt, hat ebenfalls Anspruch. Doch wie weisen diese Patienten nach, dass sie zu einer Risikogruppe gehören?

Ein Weg wäre, der heilberuflichen Qualifikation des Apothekenpersonals zu vertrauen. „Ich sehe das als in der Praxis sehr gut machbar an“, sagt beispielsweise Dr. Stefan Noé, Inhaber der Bären-Apotheke in Karlsruhe. „Wir sind eine Stadtteilapotheke mit hohem Stammkundenanteil, da kann ich ja gut beurteilen, wer einen Anspruch hat und wer nicht.“ Doch selbst in einer gut verwurzelten Apotheke kennt das Team nicht jeden Kunden. Wie also mit denen umgehen, die weder bekannt sind noch über 60?

„Bei anspruchsberechtigten Personen, bei denen eine […] genannte Erkrankung oder ein […] genannter Risikofaktor vorliegt, erfolgt die Abgabe, sofern die anspruchsberechtigte Person das Vorliegen der Erkrankung oder des Risikofaktors durch eine Eigenauskunft nachvollziehbar darlegt“, heißt es dazu im aktuellen Verordnungsentwurf. „Dies kann auch durch eine in der Apotheke zu unterzeichnende Eigenerklärung auf einem Formblatt der Apotheke erfolgen.“ Das entscheidende Wort ist hier „kann“: Müssen Apotheken die Abgabe bei jedem Patienten dokumentieren? Darüber herrscht offenbar auch bei den Verbänden noch Unklarheit.

„Sollte die Verordnung es vorsehen, dann werden wir unseren Mitgliedern ein solches Formblatt zur Verfügung stellen“, erklärt beispielsweise eine Sprecherin des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) auf Anfrage. Ob die Dokumentation dann verpflichtend wird und die Formblätter dann archiviert werden müssen – all diese Fragen sind noch offen. In Brandenburg hat das Thema noch keine Virulenz: „Uns liegen derzeit keine Informationen zu besonderen Abgabe- und Dokumentationsvorschriften bei der Abgabe von Schutzmasken im Land Brandenburg vor", heißt es vom Verband. Beim Landesapothekerverband Baden-Württemberg hingegen scheint man schon von der Dokumentationspflicht auszugehen: In Welle 1 weist sich der Kunde durch die Vorlage des Personalausweises oder durch eine „nachvollziehbare Darlegung des Anspruchs durch Eigenauskunft“ als anspruchsberechtigt aus und füllt dazu ein standardisiertes Formular mit Angaben zur Person aus. „Dieses Formular befindet sich derzeit in der Erstellung“, schreibt der LAV in einem Q&A für seine Mitglieder. „Die Eigenerklärung/Empfangsbestätigungen, auf der der Kunde auch Angaben zu seiner Person macht, behalten Sie in der Apotheke. Bitte nehmen Sie diese Zettel einstweilen zu Ihren Unterlagen und bewahren Sie sie auf. Derzeit ist noch nicht klar, ob und in welcher Form diese Unterlagen auch im Nachgang von Ihnen eingefordert werden können.“

Für die Apotheken heißt das: Zu allem Überdruss noch zusätzlicher Papierkram – und zwar voraussichtlich für einen großen Anteil der Kunden. „Ich bin mit der Unterstützung durch unseren LAV hoch zufrieden, er bereitet uns wirklich hervorragend auf die Maskenverteilung vor“, sagt Noé – aber die mögliche Dokumentationspflicht bereite ihm Kopfschmerzen. „Das ist eine tolle Aktion und wir Apotheker schaffen das auch, aber die Frage ist, ob wir uns wieder selbst das Leben schwer machen.“ Dabei gehe es ihm nicht nur um den zusätzlichen Arbeitsaufwand, sondern um die Fragen, die sich im Windschatten der Formulare stellen: Was ist mit dem Datenschutz? Wie lange müssen die Fragebögen archiviert werden? Was ist mit dem Thema Hygiene? „Ich muss ja auch schauen, wie ich es organisiere, dass hunderte Patienten so einen Fragebogen ausfüllen und welche Stifte sie beispielsweise verwenden.“

Er selbst löse das, indem er ab Dienstag einen Bistrotisch vor die Apotheke stellt: Dort können die Patienten die Formulare ausfüllen, noch bevor sie den Verkaufsraum betreten – und all das, während das ganze Land in den nächsten harten Lockdown geht. „Ich habe heute Morgen schon den Polizeiposten hier um die Ecke informiert, dass ab morgen wahrscheinlich ein großer Auflauf bei uns vor der Apotheke ist“, sagt Noé.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Zunächst empfangen, später auch versenden
E-Rechnung: Was jetzt zu tun ist
Mehr aus Ressort
„Auffällig höhere Fallzahlen“
Corona: Sommerwelle ist da
„Pandemie der Ungeimpften“
RKI-Protokolle bringen Spahn unter Druck

APOTHEKE ADHOC Debatte