Ein wichtiger Bereich bei der Therapie von Covid-19 ist die Kontrolle von schweren Verläufen. Andererseits ist es wichtig, leichte Verläufe soweit regulieren zu können, dass sie nicht in Hospitalisierungen enden. Ein von Lilly erprobter Antikörper konnte dabei nun erstmals Wirkung zeigen und die Viruslast reduzieren.
Der Antikörper „LY-CoV555“ ist aus einer Zusammenarbeit mit Abcellera entstanden: Nachdem der Antikörper von Abcellera entdeckt und vom NIAID Vaccine Research Center getestet wurde, entwickelte Lilly ihn innerhalb von knapp drei Monaten weiter. Ursprünglich stammt er aus einer Blutprobe von einem genesenen Covid-Patienten. Es handelt sich dabei um einen neutralisierenden monoklonalen IgG1-Antikörper, der gegen das Spike-Protein von Sars-CoV-2 gerichtet ist. Durch den Antikörper soll die Anhaftung des Virus und der Eintritt in menschliche Zellen blockiert werden.
Eine Zwischenanalyse der Studie „Blaze-1“ zeigte nun eine verringerte Hospitalisierungsrate bei Patienten, die mit LY-CoV555 behandelt wurden. Der Antikörper wurde randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert zur ambulanten Therapie untersucht. Die Teilnehmer der Studie – alle mit leichten bis mittelschweren Verläufen – wurden in vier Gruppen (Placebo, 700 mg, 2800 mg und 7000 mg) unterteilt.
Primärer Endpunkt war eine Änderung der Viruslast am 11. Tag gegenüber dem Ausgangswert. Dieser wurde lediglich bei der höchsten Dosierung des Antikörpers erreicht. Auch weitere Endpunkte wurden positiv beeinflusst: So gingen die Krankenhauseinweisungen und Notarztbesuche aufgrund einer Covid-Erkrankung unter der Behandlung zurück. Bei der Placebogruppe mussten 6 Prozent eine solche Maßnahme in Anspruch nehmen, in den Verumgruppen waren es nur 1,7 Prozent verteilt auf alle Dosisstärken. Das entspricht einer Risikoreduktion von 72 Prozent. Die meisten Krankenhauseinweisungen erfolgten bei Patienten mit Grunderkrankungen und Risikofaktoren wie Alter oder BMI. Keiner der Teilnehmer musste mechanisch beatmet werden, außerdem zeigten sich keine Todesfälle – auch nicht in der Placebogruppe.
LY-CoV555 wurde im Allgemeinen gut vertragen, es wurden keine arzneimittelbedingten schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse gemeldet. Die bei der Behandlung auftretenden unerwünschten Ereignisse waren in allen Dosisgruppen ähnlich und mit Placebo vergleichbar. Bei der viralen RNA-Sequenzierung zeigten sich mußmatliche Resistenzvarianten von LY-CoV555. In der Placebogruppe lag die Rate bei 6 Prozent, in der Verumgruppe wiesen 8 Prozent solche Varianten auf.
„Diese vorläufigen Daten aus der Blaze-1-Studie legen nahe, dass LY-CoV555 – ein Antikörper, der spezifisch gegen Sars-CoV-2 gerichtet ist – eine direkte antivirale Wirkung hat und covidbedingte Krankenhausaufenthalte reduzieren kann", sagte Dr. Daniel Skovronsky, Lilly´s wissenschaftlicher Leiter und Präsident der Lilly Research Laboratories. „Die Ergebnisse bestätigen unsere Überzeugung, dass neutralisierende Antikörper im Kampf gegen Covid-19 helfen können.“
Die Ergebnisse sollen nun unabhängig begutachtet und geprüft werden. Anschließend sollen „geeignete nächste Schritte“ mit den globalen Regulierungsbehörden besprochen werden. Blaze-1 ist noch nicht abgeschlossen. LY-CoV555 wird in Kombination mit einem zweiten Lilly-Antikörper, LY-CoV016 getestet.
Der Konzern hat außerdem eine weitere Studie im Gange. Die von Lilly und dem NIAID gestartete „Blaze-2-Studie“ ist die erste dieser Art: Bis zu 2400 Einwohner, aber auch Mitarbeiter von Langzeitpflegeeinrichtungen sollen eingeschlossen werden. Denn mehr als 40 Prozent der Todesfälle durch das Coronavirus Sars-CoV-2 sind in den USA auf Langzeitpflegeeinrichtungen zurückzuführen. „Covid-19 hatte verheerende Auswirkungen auf die Bewohner von Pflegeheimen. Wir arbeiten so schnell wie möglich an der Entwicklung von Medikamenten, die die Ausbreitung des Virus unter dieser gefährdeten Personengruppe stoppen könnten. In diesem Umfeld ist es zwar nicht einfach, klinische Studien durchzuführen, wir nehmen die Herausforderung jedoch an, um denjenigen zu helfen, die uns am dringendsten brauchen“, sagte Dr. Daniel Skovronsky, wissenschaftlicher Leiter von Lilly und Präsident der Lilly Research Laboratories.
Die von Lilly gesponserte Studie ist bisher einzigartig: Neben dem NIAID sind Teile der National Institutes of Health (NIH), das Covid-19 Prevention Network (CoVPN) und mehrere Netzwerke von Langzeitpflegeeinrichtungen im ganzen Land beteiligt. An der Studie werden Bewohner und Mitarbeiter teilnehmen, die in Einrichtungen leben oder arbeiten, bei denen kürzlich ein Covid-19-Fall diagnostiziert wurde und bei denen jetzt ein hohes Expositionsrisiko besteht.
Durch die Studie soll die Wirksamkeit und Sicherheit von LY-CoV555 zur Vorbeugung von Sars-CoV-2-Infektionen bewertet und geprüft werden. Es soll ermittelt werden, ob eine Einzeldosis von LY-CoV555 die Rate von Infektionen über vier Wochen verringern kann. Außerdem soll geprüft werden, ob Komplikationen von Covid-19 bis zu acht Wochen nach der Verabreichung verringert werden können.
APOTHEKE ADHOC Debatte