Nachverfolgung von Einzelkontakten

Lauterbach kritisiert RKI-Strategie

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Berlin -

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hat erneut die Strategie des Robert Koch-Instituts (RKI) in der Corona-Pandemie kritisiert. „Ich bin davon überzeugt, dass der jetzige Weg ineffizient ist. Wir verlieren viel Zeit bei der Nachverfolgung von Einzelkontakten“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Einzelkontakte würden zu spät erreicht, kritisiert Lauterbach, nachdem sie schon viele andere infizieren konnten. „Umgekehrt werden auch Personen kontaktiert, die sich gar nicht anstecken konnten.“ Man müsse sich darauf konzentrieren, Superspreader-Ereignisse zu isolieren, forderte der SPD-Politiker. Ähnlich hatte sich Lauterbach bereits mehrfach geäußert.

Zudem forderte der SPD-Politiker, die Dauer der Quarantäne zu verkürzen. „14 Tage sind zu lang, dafür gibt es keine medizinische Rechtfertigung. Ich halte es für sinnvoll, die Quarantäne auf zehn Tage zu reduzieren – mit der Möglichkeit, dass man sich nach fünf Tagen frei testen lassen kann.“

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hat trotz des Teil-Lockdowns vor einer sich abzeichnenden Überlastung der deutschen Krankenhäuser gewarnt. „Wenn es so weitergeht wie gegenwärtig, werden wir mit massiven Personalproblemen und am schlimmsten Bettenmangel kämpfen müssen“, sagte er der Augsburger Allgemeinen. Bisher sehe man zwar eine Abflachung des Zuwachses bei den Neuinfektionen, aber keinerlei Abknicken der Infektionskurve nach unten. „Wir werden also – das ist meine Prognose – eher über weitere Einschränkungen reden müssen als über Lockerungen“, betonte er.

„Es ist eine Illusion davon auszugehen, dass wir jetzt schon über Lockerungen oder Ausstiegsszenarien aus dem Teil-Lockdown reden können, der ja eher ein Teil-Shutdown ist – richtige Ausgangssperren wie in Frankreich oder Italien gibt es bei uns ja gar nicht“, sagte Montgomery. „Eher das Gegenteil ist der Fall.“

Am Montag wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten eine Zwischenbilanz des Teil-Lockdowns ziehen.

Der Lungenfacharzt Wolfgang Schütte hat vor Panik in der Corona-Pandemie gewarnt. „Vom Prinzip her reicht der Bestand an Intensivbetten und Beatmungsgeräten momentan aus“, sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt. Das Problem sei eher, um die Betten belegen zu können, sei es nötig, jederzeit entsprechend viele Ärzte, Pflegekräfte und Techniker vor Ort zu haben. Dies sei angesichts steigender Infektionszahlen nicht unproblematisch, aber machbar, sagte der Professor.

Schütte zufolge muss niemand befürchten, wegen der Corona-Pandemie nicht behandelt zu werden. Notfälle wie auch Menschen mit Krebserkrankungen würden jederzeit operiert. „Aber, auch wenn es schmerzhaft ist, müssen langfristig geplante Operationen wie für ein Kniegelenk in der Orthopädie mitunter verschoben werden“, sagte er. Denn das medizinisch-technische Personal sei auch aus diesen Bereichen der Medizin für den Einsatz auf einer Intensivstation zur Behandlung von Covid-19-Patienten vorbereitet und geschult worden. „Da ist seit dem Frühjahr viel passiert“, sagte er.

Der Lungenfacharzt sieht angesichts der Erkrankung, wogegen es noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt, die „Querdenker“-Bewegung kritisch. „Es gibt das Coronavirus, es gibt die Pandemie und sie ist kein Spaß“, sagte Schütte. „Ich habe es selber erlebt, wie aus einem gesunden, fitten Mann ein Schwerkranker wurde. Es begann mit einem harmlosen Hüsteln“, sagte Schütte. Die Pandemie werde noch längere Zeit bleiben. Deshalb gelte es sich darauf einzustellen, dass Abstands- und Hygieneregeln auf Dauer den Alltag bestimmen werden.

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