Lauterbach geht in Transparenz-Offensive Nadine Tröbitscher, 01.04.2024 12:37 Uhr
Nach der Veröffentlichung von Protokollen des RKI aus der Corona-Zeit geht Gesundheitsminister Lauterbach in die Transparenz-Offensive. Gefordert wird weiter eine Aufarbeitung der Corona-Politik.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat in drei konkreten Bereichen der Pandemie-Politik Aufklärung zugesagt. Der SPD-Politiker gab bereits kurz vor Ostern bekannt, eine weitestgehende Offenlegung der in den sogenannten Corona-Protokollen des Robert Koch-Instituts (RKI) geschwärzten Passagen veranlasst zu haben. Am Karfreitag sicherte Lauterbach zudem eine vollständige Aufarbeitung der Maskenbeschaffung durch sein Ministerium zu. Außerdem kündigte er die Bereitstellung von Daten zu einer RKI-Studie an, die sich mit der Wirksamkeit von Corona-Maßnahmen beschäftigt hatte.
FDP-Spitzenpolitiker erneuerten Forderungen nach einer grundsätzlichen Aufarbeitung der Politik der Pandemiejahre.
Protokolle entschwärzen
Die RKI-Protokolle sollten weitestgehend entschwärzt werden, sagte Lauterbach im Deutschlandfunk. Es solle noch einmal geprüft werden, was unbedingt unleserlich gemacht werden müsse. Das Online-Magazin „Multipolar“ hatte Protokolle des RKI-Krisenstabs aus der Zeit von Januar 2020 bis April 2021 öffentlich gemacht. Teile davon sind geschwärzt. In der AfD war die Vermutung geäußert worden, dass es sich dabei um mehr als unkenntlich gemachte Namen handelt. Der Gesundheitsminister sagte, „das Robert Koch-Institut muss jetzt jeden um Erlaubnis bitten, der in den Protokollen genannt wird oder dessen Interessen genannt werden, dass die Entschwärzung stattfinden kann.“ Das werde eine Zeit lang dauern, „vielleicht vier Wochen“, aber dann könne eine deutlich klarere Variante vorgelegt werden.
Daten zur StopptCovid-Studie bereitstellen
In einem am Osterwochenende bekannt gewordenen Brief an FDP-Vize Wolfgang Kubicki kündigte Lauterbach außerdem an, Daten zur StopptCovid-Studie des RKI zur Verfügung zu stellen, nach denen Kubicki gefragt hatte. Ein im vergangenen Sommer veröffentlichter Abschlussbericht zu der Studie war zu dem Schluss gekommen, dass Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen wesentlich zur Bekämpfung der Pandemie beigetragen hätten. Laut „Welt am Sonntag“, die zuerst über Lauterbachs Brief berichtete, hatten Experten untaugliche Modellrechnungen, falsche Vergleiche und voreilige Schlüsse in dem Abschlussbericht bemängelt.
Maskenbeschaffung
Auch das Masken-Thema kochte am Wochenende wieder hoch: In einem neuen Bericht des Bundesrechnungshofs, über den der „Spiegel“ berichtete, kritisieren die Prüfer die Maskenbeschaffung durch das Bundesgesundheitsministerium in der Corona-Pandemie scharf. Das Ministerium beschaffte dem Bericht zufolge im Jahr 2020 unter dem damaligen Ressortchef Jens Spahn (CDU) Schutzausrüstung für 6,7 Milliarden Euro. Es seien allein 5,7 Milliarden Schutzmasken angeschafft worden, von denen jedoch nur 2 Milliarden verteilt worden seien – davon 1,7 Milliarden in Deutschland. Auch hier versprach Lauterbach Transparenz und schrieb auf der Plattform X (vormals Twitter): Alles werde zu 100 Prozent aufgeklärt, nichts werde zurückgehalten.
Bislang sei bei der Aufarbeitung noch nicht alles auf den Tisch gekommen, weil das Ministerium noch in Schadensersatzklagen in dreifacher Millionenhöhe stecke, fügte er hinzu. „Wir können nicht offenlegen, wo wir noch in laufenden Prozessen kämpfen.“ Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte der Staat händeringend nach Masken gesucht. In vielen Fällen verweigerte das Ministerium später die Bezahlung der Waren und berief sich auf Qualitätsmängel, die es nach Darstellung zahlreicher Händler aber gar nicht gegeben hatte. Dutzende Lieferanten und Händler reichten Klagen gegen das Gesundheitsministerium ein.
Gemeinsam aus Fehlern lernen
Bundesjustizminister Marco Buschmann sprach sich für eine Aufarbeitung der Corona-Politik der Pandemiejahre aus. „Einige politische Entscheidungen der Pandemie-Jahre haben das Land stark polarisiert und viel Vertrauen gekostet – obwohl sie sicher in bester Absicht getroffen wurden“, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bei der Aufarbeitung gehe es nicht darum, mit dem Finger auf einzelne zu zeigen, sondern gemeinsam aus Fehlern zu lernen. Sein Parteikollege, FDP-Fraktionschef Christian Dürr, sagte: „Für viele Menschen ist nach wie vor unklar, auf welcher Grundlage Entscheidungen getroffen wurden und welchen Beitrag einzelne Maßnahmen geleistet haben.“
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der Deutschen Presse-Agentur, es gelte nun, einen Antrag auf die Einsetzung einer Enquete-Kommission in den Bundestag einzubringen – die Mehrheit im Parlament sei da. Enquete-Kommissionen bestehen aus Abgeordneten und Sachverständigen. Für ihre Einsetzung muss ein Viertel der Mitglieder des Bundestages stimmen. Ein solches Gremium kann umfangreiche Empfehlungen für die Gesetzgebung zu wichtigen gesellschaftlichen Themen vorbereiten oder – im Fall Corona - Empfehlungen für den Umgang mit künftigen Pandemien.