In-vitro-Diagnsotika zum direkten Erregernachweis von Sars-CoV-2 dürfen an den Laien abgegeben werden – die Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) ist bislang allerdings nur theoretischer Natur. Bis Produkte mit entsprechender CE-Kennzeichnung und allen anderen geforderten Spezifikationen erhältlich sind, könnte noch einige Zeit vergehen. Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) begrüßt diese Entscheidung, weist aber auch darauf hin, dass Qualität nicht vor Schnelligkeit gestellt werden darf. Hersteller kritisieren hingegen die regulatorischen Hürden für die Zulassung – diese seien höher und noch strenger als bei Tests für den professionellen Einsatz.
Hersteller und Apotheken können sich aktuell vor Anfragen bezüglich Corona-Schnelltests nicht retten. Durch die Anpassung der MPAV können In-vitro-Diagnostika zum direkten Nachweis von Sars-CoV-2 nun auch an Laien abgegeben werden. Damit aus Theorie aber auch Praxis werden kann, müssten sich die regulatorischen Anforderungen an die Tests ändern.
Die regulatorischen Hürden für Laientests sind hoch. Zu hoch und vor allem zu zeitintensiv meinen einige Hersteller. Die Zulassung unterliegt strengeren Regeln als bei In-vitro-Diagnostika für den professionellen Einsatz, darauf macht auch der VDGH in seiner Stellungnahme zur Freigabe für den Laien aufmerksam. Neben einer angepassten Gebrauchsanweisung erfordert die Zulassung eine externe Prüfung: Die Benannte Stelle führt dann ein sogenanntes Konformitätsbewertungsverfahrens durch. Das kostet Zeit und kann unter Umständen mehrere Monate in Anspruch nehmen. Hersteller fürchten, dass Dokumente nachgefordert werden könnten. Außerdem ist es nötig, dass ein Nachweis über die Anwenderfreundlichkeit in Form einer Laienstudie erbracht wird.
„Der Gesetzgeber hat anerkannt, dass Eigenanwendungstests eine bedeutende Rolle bei der Eindämmung der Pandemie spielen“, sagt der Geschäftsführer des VDGH, Dr. Martin Walger. „Sie sind ein niedrigschwelliges und breit verfügbares Instrument zur schnellen Erkennung des Coronavirus.“ Durch eine ergänzende PCR-Testung bei einem positiven Schnelltest bleibt der Goldstandard-PCR auch weiterhin erhalten. Dennoch mahnt Walger: „Zuverlässigkeit geht vor Schnelligkeit. Die Bereitstellung von Eigenanwendungstests kann nicht per Knopfdruck verlangt werden. Aber von den Herstellern darf erwartet werden, dass sie überprüfte und verlässliche Qualität liefern.“
Doch diese Anforderungen können nicht alle Hersteller erfüllen. Gerade beim Punkt Laienstudie müssen sie zum Teil passen. Die Durchführung dieser Studien sei zeit- und kostenintensiv. Bis vor kurzem hätten die Unternehmen nur pokern können – lange Zeit war nicht klar, ob die Freigabe für den Laien kommen würde oder nicht. Nun gibt es zwar die Änderung der MPAV, doch die Hersteller können keine Anwenderstudien vorweisen. Hersteller wie Nal von Minden plädieren auf eine Sonderregelung: „Ohne Sonderregelung des Gesundheitsministeriums würde es Monate dauern, bis ein Corona-Heimtest zugelassen wäre. Für eine offizielle Heimzulassung müssten wir zunächst eine Laienstudie durchführen. Hierfür müssten wir kooperierende Kliniken suchen. Die Gebrauchsanweisung müsste auch vereinfacht und eventuell auch die Art der Probenentnahme noch einmal nachgedacht werden. Alles zusammen würde mindestens ein Vierteljahr dauern, vermutlich noch länger.“
Die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) bestätigt, dass die Gebrauchsanweisung leicht verständlich sein muss. „Die Ergebnisse sind so anzugeben und darzustellen, dass sie von einem Laien ohne Schwierigkeiten verstanden werden. Gleichzeitig sind Hinweise und Anweisungen für den Anwender zu den zu treffenden Maßnahmen bei positivem, negativem oder unklarem Ergebnis und zur Möglichkeit eines falsch positiven oder falsch negativen Ergebnisses erforderlich.“ Auch eine Laienstudie oder ausreichende Testberichte müssen eingereicht werden. Diese müssten jedoch nicht zwingend in Deutschland durchgeführt werden. Die Ergebnisse müssten lediglich auf Deutschland übertragbar sein.
Nanorepro hat gepokert und frühzeitig mit Endverbrauchertests begonnen. „Wir haben bereits unsere Laienstudie abgeschlossen und eingereicht“, informiert eine Sprecherin des Unternehmens. „Die gesetzliche Änderung ist ein wichtiger Schritt, damit die Tests überhaupt verkauft werden dürfen. Auch, wenn die Zulassung davon nicht direkt betroffen ist.“ Das Unternehmen hofft, dass die Benannte Stelle nun schnell das „Go“ gibt und der Schnelltest die benötigte CE-Kennzeichnung erhält. Nanorepro hat sich bei dem Laientest für einen Spucktest entschieden, so können potentielle Schwierigkeiten bei der Durchführung vermieden werden. „Der zu Testende muss dazu zunächst lediglich ein Röhrchen mit Speichel füllen. Nach anschließender Hinzugabe des integrierten Puffers wird das Gemisch mithilfe einer Pipette auf eine Testkassette gegeben. Das Testergebnis kann schon nach 15 bis 20 Minuten abgelesen werden.“
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