Seit Mittwoch können Schnelltests an Laien abgegeben werden, zumindest theoretisch. In der Praxis fehlt es bislang an zertifizierten Antigen-Schnelltests für den Endverbraucher. Zahlreiche Hersteller haben bereits vor Wochen Zulassungsanträge bei Benannten Stellen eingereicht. Auch Nal von Minden hat einen Schnelltest für die Privatanwendung entwickelt. Das Unternehmen aus Moers appelliert nun an das Bundesgesundheitsministerium (BMG): Es bedürfe einer zeitnahen Sonderzulassung für Laientests, um den flächendeckenden Einsatz zu ermöglichen.
In-vitro-Diagnostika für die Eigenanwendung, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus Sars- CoV-2 bestimmt sind, können seit Mittwoch nicht mehr nur an medizinisches Personal oder bestimmte Einrichtungen abgegeben werden, sondern an alle. Antigen-Schnelltests, die eine Zulassung für die Laienanwendung haben, könnten somit in der Apotheke abgegeben werden. In der Praxis kann bisher keine Abgabe erfolgen – kein Test erfüllt die geforderten Kriterien. Um nicht weitere Wochen auf einen flächendeckenden Einsatz zu warten, fordern die Hersteller eine Sonderregelung. Der Hersteller des Nadal-Tests appelliert an das BMG und fordert eine Sonderzulassung für die In-vitro-Diagnostika.
Roland Meißner, Geschäftsführer von Nal von Minden, begrüßt die Freigabe der Abgabe an deb Laien. Die Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) sei ein wichtiger und richtiger Schritt von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewesen. Doch damit die Schnelltests auch unmittelbar an Laien verkauft werden können, müsse das BMG eine zusätzliche Sonderzulassung erteilen. In Österreich sei dies schon geschehen. „Ohne Sonderregelung des Gesundheitsministeriums würde es Monate dauern, bis ein Corona-Heimtest an Privatleute verkauft werden darf“, sagt Meißner.
Dr. Gerd Hagendorff, Qualitätsmanagementbeauftragter bei Nal von Minden, verwies bereits Mitte Dezember darauf, dass den Herstellern ohne weitere Sonderregelungen auch nach Änderung der MPAV die Hände gebunden bleiben könnten: „Ohne Sonderregelung des Gesundheitsministeriums würde es Monate dauern, bis ein Corona-Heimtest zugelassen wäre. Für eine offizielle Heimzulassung müssten wir zunächst eine Laienstudie durchführen. Hierfür müssten wir kooperierende Kliniken suchen. Die Gebrauchsanweisung müsste auch vereinfacht und eventuell auch die Art der Probenentnahme noch einmal nachgedacht werden. Vorstellbar wäre beispielsweise eine Spüllösung. Alles zusammen würde mindestens ein Vierteljahr dauern, vermutlich noch länger.“
Auch der Nadal Covid-19 Ag Test müsste für eine offizielle Heimzulassung ein umfangreiches Zulassungsverfahren durchlaufen. Meißner hält diesen Aufwand im Interesse einer schnellen Pandemieeindämmung für nicht zielführend: „Der Vorgänger-Schnelltest für professionelle Anwender wurde bereits mehrfach in Studien geprüft. Außerdem ist der neue Test so einfach anzuwenden, dass auch Laien ihn zu Hause leicht durchführen könnten. Denn bei diesem weiterentwickelten Test ist nur noch ein Abstrich aus dem unteren Nasenbereich notwendig – und nicht mehr wie bisher aus dem tiefen Nasen- oder Mundrachenraum. Einen solchen Abstrich aus dem unteren Nasenraum kann jeder leicht bei sich selbst entnehmen.“
Nicht nur die Art der Anwendung sei angepasst worden, sondern auch die Gebrauchsanweisung. Diese sei nun leicht verständlich. Ein zuverlässiges Ergebnis liege weiterhin binnen 15 Minuten vor. Mit einer Sonderzulassung des BMG würde ein sofortiger Verkauf über Apotheken oder Drogerien ermöglicht. „Diese Heimtests wären ein wichtiger weiterer Baustein bei der Pandemieeindämmung. Wer bisher vielleicht gezögert hat, einen Antigen-Schnelltest durchzuführen, hätte es dann viel leichter. Eventuell Infizierte können schnell erkannt und andere Menschen besser geschützt werden.“
Neben einer Einzelpackung des bereits erhältlichen Nadal-Tests, der für die Abgabe an den Laien gedacht ist, hat das Unternehmen noch einen weiteren Test speziell für Einrichtungen wie Schulen und Kidnergärten entwickelt. „Der Dedicio-Test ist für professionelle Anwender. Diese Tests wurden aber auch für die Abgabe an Schulen, Kindergärten, Jugendheime und dergleichen zugelassen. Er darf weiterhin aber nicht an Laien verkauft werden. Er beinhaltet jeweils 20 Tests inklusive aller benötigten Komponenten“, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. Um auf Nummer sicher zu gehen, setzen zahlreiche Hersteller auf neue Varianten, bei denen auf den tiefen nasopharyngealen Abstrich verzichtet werden kann. Neben der Anwendung in der vorderen Nase stehen mittlerweile auch Spuck- und Lutschtests zur Verfügung.
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