Am Limit: Klinikapothekerin baut Impfstelle auf Carolin Ciulli, 12.12.2021 08:36 Uhr
Dr. Elfriede Nusser-Rothermundt hat zum zweiten Mal eine große Impfstelle in Stuttgart mitaufgebaut. Die Klinikapothekerin ist mit vollem Einsatz dabei, spricht sogar Passanten auf der Straße an. Täglich werden 4000 Menschen gegen Covid-19 immunisiert. Eines steht für die QM-Spezialistin jedoch fest: „In meinem nächsten Leben kann ich auf eine Pandemie sehr gerne verzichten.“
Seit Ende November sind die Impfstraßen des Klinikums Stuttgart wieder zugänglich. Zuvor wurden dort zwischen Ende Dezember und Ende Juli rund eine halbe Millionen Menschen geimpft. Nach der Schließung des Impfzentrums in einer Veranstaltungshalle wurden im Oktober zunächst wieder mobile Impfteams von der Klinik gestellt. Als es hieß, dass erneut ein Zentrum aufgebaut werden soll, das Impfstation heißen soll, musste Nusser-Rothermundt schnell handeln.
„Ich war am Limit“
„Wir haben die Impfstelle innerhalb von drei Tagen aufgebaut“, sagt sie. Die Apothekerin ist unter anderem für den Aufbau der Infrastruktur, die Schulungen und die Impfstoffbestellungen verantwortlich. Ihre eigentliche Tätigkeit im Krankenhaus, die Leitung des Qualitätsmanagements in der Apotheke, musste in dieser Zeit zurückstecken. Am 22. November begutachtete sie mit den Klinikverantwortlichen ein leerstehendes Kaufhaus, das als Impfstelle dienen sollte. Das war ein Montag. Am Donnerstag seien dort die ersten Menschen geimpft worden. „Ich war am Limit.“
Nusser-Rothermundt profitierte bei diesem „Blitz-Aufbau“ von den Erfahrungen aus dem Vorjahr. Es sei damals eines der größten Impfangebote Deutschlands gewesen, sagt sie. Täglich seien bis zu 5000 Menschen geimpft worden – jetzt seien es 4000. „Das ist eine Menge.“ Die Apothekerin ist eine Befürworterin des zentralen Impfangebotes. „Hier können wir die Prozesse so aufbauen, dass wir effizient impfen können und eine hohe Schlagzahl dabei herauskommt, bei guter Qualität.“
Nusser-Rothermund befürwortet das breite, niederschwellige Impfangebot, dass neben Zentren und Arztpraxen künftig auch über Apotheken geimpft werden soll. „Ein besseres Angebot gibt es nicht.“ Wichtig sei, über die Impfung aufzuklären. Um möglichst viele Menschen zu impfen und keine Dosis zu verschwenden, ging sie bereits mit Kolleg:innen auf die Straße. Das erste Impfzentrum des Krankenhauses war direkt im Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle unweit der Einkaufsmeile Königsstraße untergebracht. „Wir sind vor das Impfzentrum und haben Menschen angesprochen, ob sie sich nicht impfen lassen wollen. Ich habe 15 Leute erfolgreich angesprochen. Eine junge Frau wollte es sich überlegen und kam tatsächlich am nächsten Tag zur Impfung.“
Diskussionen wegen Impfstoffhersteller
Als Koordinatorin ist Nusser-Rothermundt weiter mit allen möglichen Themen vor Ort in der Impfstation eingespannt. Sie ist froh, dass wieder wöchentlich bestellt werden kann und beklagt wie Arztpraxen, dass die Bestellungen von Comirnaty gekürzt werden. In der vergangenen Woche seien statt 9000 nur 3000 Vials geliefert worden. „Die meisten wollen Biontech“, sagt sie. Diskussionen wegen des Herstellers gebe es auch in der Impfstation, obwohl Moderna ein gleichwertiger mRNA Impfstoff sei. In seltenen Fällen verlassen die Menschen sogar kurz vor der Spritze die Kabine.
Momentan ist die Apothekerin mit dem Thema Kinderimpfung beschäftigt. Zum Klinikum Stuttgart gehört laut eigenen Angaben Deutschlands größte Kinderklinik, das Olgahospital. Abzuklären sei, ob direkt dort geimpft werde. Zudem sei noch unklar, ob die Bestellungen nur den Bedarf des eigenen Hauses abdecken, oder auch ein Angebot für Kinder aus der Region gemacht werden solle. „Zwischenzeitlich war es etwas ruhiger als zu Beginn, wo ich am Anschlag war. Mit der Kinderimpfung geht es jetzt wieder los.“