Gegen den Protest der Krankenkassen sind Antikörpertests auf das Coronavirus Sars-CoV-2 nun erstattungsfähig. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat Ende vergangener Woche eine Abrechnungsziffer veröffentlicht, mit der Ärzte ihre Leistungen extrabudgetär honorieren lassen können. Schnelltests können aber nach wie vor nicht abgerechnet werden.
Ärzte können die Tests künftig nicht nur abrechnen, sie müssen sie bei positivem Ergebnis auch namentlich dem Gesundheitsamt melden. Denn ein Antikörpertest gilt als indirekter Erregernachweis. „Insbesondere bei milden Verläufen ist ab der zweiten Woche nach Symptomeintritt der direkte Erregernachweis mit einem PCR-Test nicht immer möglich“, so die KBV. „Eine Sars-CoV-2-Infektion kann dann indirekt durch serologische Verfahren nachgewiesen werden.“ Eine Untersuchung auf Antikörper zur Bestimmung des Titeranstiegs oder zum Nachweis einer Serokonversion könne eine Woche nach Symptombeginn zweckmäßig sein.
Eine Testung ohne direkten zeitlichen Bezug zu einer klinischen Covid-19-Symptomatik, beispielsweise zur Prüfung einer Immunität, solle allerdings nicht durchgeführt werden, denn die Spezifität der Verfahren sei bei der niedrigen Prävalenz von SARS-CoV-2-Infektionen nicht ausreichend. Der veranlassende Arzt und der Laborarzt sollen ihre Abrechnung am Behandlungstag mit der Ziffer 88240 kennzeichnen. So werden alle Leistungen extrabudgetär honoriert. Der Antikörpertest selbst ist als ähnliche Untersuchung mit der Gebührenordnungsposition 32641 berechnungsfähig, so die KBV.
Dem Patienten werden bei den Antikörpertests im Abstand von 7 bis 14 Tagen zwei Blutproben entnommen. Die zweite Probe sollte nicht vor der dritten Woche nach Symptomeintritt entnommen werden und muss in demselben Labor untersucht werden. Das Blut wird dann auf Gesamt- oder spezifisch auf IgG-Antikörper untersucht. IgA- und IgM-Antikörper-Bestimmungen weisen eine deutlich niedrigere Spezifität auf und sollten deswegen nicht durchgeführt werden, so die KBV.
Dass Antikörpertests zur Kassenleistung werden, hatte die Bundesregierung Ende April in ihrem zweiten Corona-Gesetzespaket festgelegt – gegen den erbitterten Widerstand der Krankenkassen. Der GKV-Spitzenverband sieht die Maßnahme gar als verfassungswidrig, hatte sich dabei aber vor allem auf die Testung von nicht symptomatischen Patienten bezogen. „Im Ergebnis würden dadurch der gesetzlichen Krankenversicherung die Übernahme von Kosten auferlegt, die aus gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen und den Aufgabenstellungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) erwachsen“, so der GKV-Spitzenverband in einer Mitteilung.
Der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zufolge zeichneten sich aber „Sozialversicherungsbeiträge durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung aus“. Die Finanzierung von allgemeinen Staatsaufgaben aus Sozialversicherungsbeiträgen sei daher unzulässig. Mittel der Sozialversicherung müssten für Zwecke im Binnensystem der Sozialversicherung verwendet werden. Die vorgesehenen Testungen hingegen kämen anders als zum Beispiel bei Impfungen, von denen in erster Linie der Geimpfte profitiere, der gesamten Bevölkerung zugute.
Der bevölkerungsmedizinische Ansatz werde auch durch die mögliche Übermittlung anonymisierter Daten an das RKI bestätigt. „Es handelt sich damit um eine allgemeine Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Dass Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gegen gemeingefährliche und übertragbare Krankheiten bei Menschen eine allgemeine Staatsaufgabe – und damit auch aus Steuermitteln zu finanzieren – sind, wird schließlich auch dadurch verdeutlicht, dass das Grundgesetz hierfür mit Art. 74 Nr. 19 einen gesonderten Kompetenztitel enthält“, so der GKV-Spitzenverband weiter. Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe umfassender Antikörpertests gehöre in die Finanzverantwortung der öffentlichen Hand.
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