Drohende Ausgangssperre

Kammer gibt Passierscheine aus

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Berlin -

Es wird ernst: Die Gerüchte verdichten sich, dass es bald an vielen Orten in Deutschland Ausgangssperren geben könnte. Im bayerischen Mitterteich ist es schon so weit, Einwohner dürfen ihre Wohnungen seit zwei Tagen nur noch zum Einkaufen, für Arztbesuche und den Weg zur Arbeit verlassen. Soweit könnte es auch bald in Berlin kommen, die örtliche CDU fordert es bereits. Deshalb hat die Apothekenkammer nun einen Passierschein zur Verfügung gestellt: Apothekenmitarbeiter sollen damit in Kontrollen nachweisen können, dass sie für die Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung unabkömmlich sind.

Die Vorstellung lässt viele erschaudern: Polizei patrouilliert auf den Straßen und kontrolliert Passanten. Wer nichts Wichtiges zu erledigen hat, der wird nach Hause geschickt. Eine derartige Einschränkung der Freiheitsrechte haben in Deutschland nur sehr wenige Menschen schon einmal am eigenen Leib erfahren. Doch das Szenario ist realistisch, Medienberichten zufolge wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder an diesem Sonntag über Ausgangssperren in der Corona-Krise beraten.

Die Apothekerkammer Berlin will ihre Mitglieder deshalb jetzt schon für den Ernstfall wappnen. Am Freitag verschickte sie deshalb – ähnlich wie die Apothekerkammer Westfalen-Lippe – einen Passierschein: „An Angehörige von Vollzugsorganen“, ist der fett überschrieben. „Der/Die Apothekeninhaber/in bescheinigt hiermit, dass die angegebene Person zum betriebsnotwendigen Personal der Apotheke gehört. Die betreffende Person ist für die Aufrechterhaltung des Apothekenbetriebs und damit der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unverzichtbar und muss deshalb auch im Falle einer Ausgangssperre die Apotheke erreichen können.“

Darunter müssen Apothekenleiter mit persönlichen Angaben, Stempel und Unterschrift die Echtheit der angegebenen Daten bestätigen. „Bitte stellen Sie Ihrem Personal die Bescheinigung unverzüglich aus und weisen Sie die Betreffenden darauf hin, dass sie die Bescheinigung und einen amtlichen Lichtbildausweis stets bei sich führen sollen“, fordert die Kammer auf ihrer Homepage auf.

Eine Aufforderung von staatlichen Stellen, solche Passierscheine auszustellen, gibt es noch nicht, erklärt Kammerpräsidentin Dr. Kerstin Kemmritz auf Anfrage. „Die Idee kam von einem Kollegen und wir haben bereits einige ähnliche Anfragen von anderen Apotheken bekommen“, sagt sie. „Wir wissen da auch nicht mehr als andere.“ Mit den Behörden sei die Ausstellung der Passierscheine nicht koordiniert. „Es handelt sich um einen formell-juristischen Text. Den hat unser Geschäftsführer Rainer Auerbach entworfen, der sich gerade mächtig reinhängt.“

Panik wolle die Kammer mit dem Schritt keineswegs schüren, versichert Kemmritz. „Aber wir wollen vorbereitet sein und vorausdenken.“ Sie selbst sei sich auch nicht sicher, vermute aber, dass in Berlin nächste Woche eine Ausgangssperre verhängt wird. „Wenn man sich anschaut, wie es in anderen Ländern aussieht, ist die Wahrscheinlichkeit eher bei 70 als bei 0 Prozent“, sagt sie. „Und dann brauchen wir die Scheine wahrscheinlich auch für die Kammerarbeit.“

Denn die Geschäftsstelle arbeitet derzeit auch im Krisenmodus. Neben den üblichen Sicherheitsmaßnahmen wurden intern zwei Teams gebildet, die sich mit der Arbeit im Homeoffice abwechseln – bisher läuft das laut Kemmritz ohne größere Probleme. „Im Moment gibt es eine klasse Zusammenarbeit in der Geschäftsstelle, wir machen gerade viele Sachen möglich, die vor ein paar Monaten noch nicht machbar schienen.“ So bietet die Kammer seit kurzem Webinare an und könne dabei eine enorme Nachfrage feststellen, die bereits zu Zusatzterminen geführt habe. Apotheker würden sich derweil sogar eigens an die Kammer wenden, um sich für die bisherige Arbeit zu bedanken – den Mitarbeitern gebe das einen enormen Motivationsschub für die kommenden Wochen. Die Kammer müsse jetzt auch mit Blick auf die Zukunft den Apotheken in einer Bewährungsprobe beistehen. „Wir müssen jetzt ein weiteres Mal zeigen, dass wir da sind und dass wir wichtig sind – und dann hoffen, dass die Politik das sieht und sich später daran erinnert.“

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