In Hamburg und Bayern soll der neue Impfstoff von Johnson & Johnson (J&J) zunächst vorrangig Obdachlosen verabreicht werden. Die Vakzine biete sich für diese Personengruppe an, da der vollständige Impfschutz laut Hersteller bereits mit einer Injektion erreicht werde, hieß es.
Die Impfungen könnten nach Lieferung des Impfstoffs kurzfristig erfolgen, „womöglich binnen einer Woche“, sagte der Sprecher der
Gesundheitsbehörde in Hamburg, Martin Helfrich. Erst am Dienstag hatte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) nach erneuter Prüfung grünes Licht für die Markteinführung des US-Präparats in Europa gegeben. Der Konzern hatte daraufhin erklärt, die vorläufig gestoppte Markteinführung wieder aufzunehmen.
„Sobald die Lieferung eingeht, werden wir damit beginnen“, so Helfrich. Über das Winternotprogramm könne man rund 1000 Obdachlose erreichen, sagte Helfrich. Als Bewohner von Sammelunterkünften seien sie in der Priorisierungsgruppe 2 und damit impfberechtigt. Zuvor hatte das Hamburger Abendblatt darüber berichtet.
Auch Bayern startet ab Mai niederschwellige Corona-Impfangebote für obdachlose Menschen, auch hier soll vorrangig der Impfstoff von Johnson & Johnson eingesetzt werden, der nur einmalig zu verimpfen ist. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) betonte: „Obdachlose Menschen sind in der Corona-Pandemie aufgrund ihrer Lebensumstände eine besonders schutzlose Gruppe. Wir wollen deshalb ein flexibles Impfangebot direkt zu diesen Menschen bringen.“
Der Freistaat stellt nach seinen Angaben ab der kommenden Woche 6000 Impfdosen für obdachlose Menschen zur Verfügung. Damit können die Impfzentren Mobile Impfteams direkt zu den Obdachlosen schicken. Diese Impfangebote sollen immer an dem gleichen Ort und zur gleichen Uhrzeit durchgeführt werden, um den Zugang zur Impfung insgesamt zu erleichtern. „Wir wollen damit gezielt auf die Menschen zugehen, die nicht in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und somit faktisch auf der Straße leben. Hier geht es um Menschen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsort haben und das bestehende Hilfesystem aus unterschiedlichen Gründen meiden. Gerade auch diese Menschen, die zu den Schwächsten unserer Gesellschaft gehören, müssen wir erreichen und vor dem Coronavirus schützen“, so Holetschek. „Das bayerische Gesundheitsministerium hat die Impfzentren gebeten, ihren Impfstoffbedarf für die Impfung von Obdachlosen zu melden.“
Grundsätzlich gilt auch hier die vom Bund vorgegebene Impfreihenfolge; auf der Straße lebende Menschen gehören zur Priorisierungsgruppe 3 und haben Anspruch auf Impfung mit erhöhter Priorität nach Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV). Holetschek betonte aber: „Wir werden keine unnötigen bürokratischen Hindernisse schaffen. Ein abgelaufener Personalausweis wird bei niemandem die Impfung verhindern. Gerade Menschen, die (möglicherweise auch schon länger) auf der Straße leben, haben oftmals multiple und mitunter schwere Erkrankungen, können diese jedoch nicht mit einem ärztlichen Zeugnis nachweisen. Wir müssen daher für diese Menschen einen möglichst unbürokratischen Weg zur Schutzimpfung anbieten.“
Gemeinsam mit den Sozialverbänden der Obdachlosenhilfe bietet das Gesundheitsministerium bereits im Zuge der laufenden Impfkampagne ein Impfangebot für wohnungslose Menschen, die in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe untergebracht sind und in Priorisierungsgruppe 2 mit hoher Priorität fallen. Die Sozialverbände haben das Personal der jeweiligen Einrichtungen gebeten, den wohnungslosen Menschen bei der Registrierung für den Impftermin behilflich zu sein.
Holetschek erläuterte: „Hier können die Impfungen vor allem durch mobile Teams der Impfzentren in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe erfolgen. Daneben besteht selbstverständlich auch die Möglichkeit jedes einzelnen Wohnungslosen, sich nach der Registrierung im Impfzentrum impfen zu lassen. Viele dieser Menschen haben nur einen eingeschränkten Zugang zur ärztlichen Versorgung. Deshalb wollen wir Impfungen direkt in den Einrichtungen ermöglichen. Denn unser Ziel muss es sein, einen möglichst breiten Impfschutz in der gesamten Bevölkerung zu erreichen.“
Um die Impfung auch Wohnungslosen zu ermöglichen, die den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts nicht wie in der CoronaImpfV vorgesehen mit einem Ausweis nachweisen können, hat das Gesundheitsministerium eine Vorlage zur Bestätigung der Unterkunft oder einer vom Wohnungslosen aufgesuchten Wohnungslosenhilfestelle erarbeitet, die als Identitätsnachweis ausreicht. Das bayerische Gesundheitsministerium hat die Impfzentren darüber informiert.
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