Impfzertifikate erst später?

„Infrastruktur besteht derzeit noch nicht“

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Berlin -

Hamburg führt den digitalen Impfpass zum Beleg einer Corona-Schutzimpfung frühestens kommende Woche ein. „Die technische Infrastruktur besteht derzeit noch nicht, weshalb in Hamburg derzeit noch keine digitalen Zertifikate ausgestellt werden können“, teilte die Sozialbehörde am Donnerstag mit. Ähnliche Nachrichten kommen aus anderen Ländern – und auch Kritik an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Nach Angaben der Sozialbehörde führen künftig unabhängig vom weiter gültigen gelben Impfpass und Ersatzbescheinigungen mehrere Wege zum Beleg einer Corona-Schutzimpfung. Wer im Impfzentrum in den Messehallen der Stadt geimpft werde, müsse sich um nichts kümmern. Dort sei eine technische Lösung in Vorbereitung.

Wer seine Schutzimpfung in einer Arztpraxis erhalten habe oder erhalte, könne entweder in der Praxis selbst um ein Zertifikat bitten oder sich wohl ab Mitte kommender Woche in einer Apotheke die Impfung digital bestätigen lassen. „Dieser Weg steht auch Personen offen, die eine Schutzimpfung durch ein mobiles Impfteam, beispielsweise in einer Pflegeeinrichtung, oder an einem anderen Impf-Ort (Krankenhaus, Betriebsarzt) erhalten haben“, betonte die Behörde.

Aus Nordrhein ist die Botschaft noch deutlicher. „Die Hausärzte sind offen für den Einsatz, aber eine unbürokratische und technisch einfache Lösung ist zwingend notwendig“, sagte eine Sprecherin des Hausärzteverbandes. Der Aufwand für die Praxen müsse möglichst gering sein. Bis Mitte Juli soll nach den Verbandsangaben eine technische Lösung bereitstehen, die das Ausstellen der Impfzertifikate direkt aus dem Praxisverwaltungssystem ermögliche. „Vorher werden die nordrheinischen Hausarztpraxen keine Zertifikate mit QR-Code ausstellen“, erklärte die Sprecherin.

Die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens kritisierte die Ankündigungspolitik des Bundesgesundheitsministeriums (BMG): „Viele Menschen wenden sich durch die verfrühten Ankündigungen des Bundesgesundheitsministers bereits seit Mittwochabend an die Impfhotline des Landes sowie die Impfzentren und Praxen und erwarten eine sofortige Ausstellung ihres digitalen Impfnachweises. In den Impfzentren konnte aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen, die der Bund erst schaffen musste, aber bisher nicht einmal ein großangelegter Testlauf stattfinden. Noch in der vergangenen Woche habe ich den Bundesgesundheitsminister deshalb in einem Brief gebeten, sicherzustellen, dass das Verfahren rechtzeitig vor der Einführung vor Ort ausreichend erprobt werden kann. Dieser Bitte wurde offensichtlich nicht gefolgt.“

Es sei „gut und richtig, dass die Apotheken diese Aufgabe zunächst übernehmen, auch um die Praxen und Impfzentren zu entlasten“, so Behrens. „Nichtsdestotrotz wird der digitale Impfpass so schnell wie möglich auch in unseren Impfzentren ausgerollt. Die entsprechende Hardware wurde bereits an die Impfzentren ausgeliefert, sodass wir im Laufe der nächsten Woche starten können.“

Die Impfzentren werden dann direkt beim Impftermin den QR-Code für den digitalen Impfpass erstellen und den Bürgerinnen und Bürgern aushändigen. Die Vorbereitungen in den Impfzentren liefen auf Hochtouren und stünden kurz vor dem Abschluss. Nach Rückmeldung der Kassenärztlichen Vereinigung werde dies in den Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte voraussichtlich im Laufe der kommenden Woche ebenfalls möglich sein.

Bayern ist nach den Worten von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) grundsätzlich bereit für die Einführung des digitalen Impfnachweises. Zunächst würden in den Impfzentren digitale Impfnachweise für diejenigen erzeugt, die sich dort Erst- oder Zweitdosen verabreichen ließen. Damit soll es in Kürze losgehen: „Wenn der Bund nun den Startschuss gibt, können die digitalen Impfnachweise in den Impfzentren schnell, einfach und zuverlässig ausgestellt werden“, sagte Holetschek.

Das Nachtragen von bereits erfolgten und analog dokumentierten Impfungen – etwa in einem gelben Impfbuch – erfolge in einem zweiten Schritt. „Die technischen Lösungen, um nachträglich digitale Impfnachweise zu erstellen, werden aktuell finalisiert, benötigen aber noch etwas Zeit“, räumte auch er ein.

Die Nacherfassung bereits abgewickelter Impfungen könne etwa über das Benutzerkonto auf der bayerischen Impfplattform BayIMCO erfolgen. Etwas später soll auch eine telefonische Möglichkeit geschaffen werden, einen elektronischen Impfnachweis erstellen zu lassen. Für Impfungen, die in Arztpraxen erfolgten, sollen spätestens Mitte Juli die Möglichkeiten geschaffen sein, einen digitalen Nachweis zu erstellen.

Der digitale Impfnachweis wird über einen QR-Code in die Corona-Warn-App, die neue CovPass-App oder auch die Luca-App auf dem Smartphone eingelesen. Holetschek stellte klar: „Die Nutzung des digitalen Impfnachweises ist und bleibt freiwillig. Niemand muss sich digital ausweisen, es ist lediglich ein Angebot. Auch der gelbe Impfpass bleibt natürlich gültig.“

Heute will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Einzelheiten zum neuen digitalen Impfpass vorstellen. Der CovPass soll als Beleg bei gelockerten Corona-Beschränkungen eingesetzt werden können und zur Sommerferienzeit Reisen in Europa erleichtern. Das Projekt ist ein Vorhaben der EU, auf das sich die EU-Länder und das EU-Parlament geeinigt haben.

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