In Schleswig-Holstein hat die Kassenärztliche Vereinigung (KVSH) am Mittwoch mit der Rekrutierung von medizinischem Personal für die Covid-19-Impfzentren begonnen. Am Dienstag hatte Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg (FDP) die Eckpunkte und den Fahrplan für die Impfzentren in seinem Land bekannt gegeben, in denen nach seinem Willen auch PTA arbeiten sollen. Anders als die KVSH kann die Apothekerkammer aber noch nicht mit der Rekrutierung beginnen – die Verhandlungen mit dem Ministerium zu Bedarf und Rahmenbedingungen müssen erst noch anlaufen.
Wie im Rest der Republik sollen auch im hohen Norden schon Mitte Dezember die ersten Impfzentren ihre Arbeit aufnehmen. 28 sollen über alle 15 Kreise und kreisfreien Städte verteilt werden. Rund 50 Millionen Euro wollen Land und Bund dafür zu gleichen Teilen ausgeben. „Wir werden bereit sein, sobald ein COVID-19-Impfstoff verfügbar ist. Bis zum 15. Dezember sollen die Strukturen stehen“, so Garg am Dienstag. Rund 650.000 der rund 2,9 Millionen Schleswig-Holsteiner sollen dort in den ersten sechs Monaten geimpft werden, den Anfang soll medizinisches Personal machen. Außerdem sollen mobile Teams in Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen gehen, nach einem halben Jahr sollen die Impfungen dann in den Regelbetrieb überführt werden, also in den Hausarztpraxen erfolgen.
Die Liegenschaften für die Impfzentren wiederum sollen die Kommunen bereitstellen. Angedacht sind unter anderem ehemalige Krankenhäuser, Supermärkte oder Jugendtreffs, sagte der Geschäftsführer des Landkreistags, Sönke Schulz. In Itzehoe soll sogar ein ehemaliger Indoor-Spielplatz zum Impfzentrum umfunktioniert werden. In Lübeck wiederum soll in der Rotunde der Musik- und Kongresshalle ein Zentrum eingerichtet werden, in dem täglich rund 1000 Menschen geimpft werden können. Es soll schon Ende November einsatzfähig sein. Spritzen und Kanülen sowie andere Verbrauchsmaterialen und spezielle Kühlaggregate habe das Land bereits frühzeitig zur Verfügung gestellt. Die Auslieferung des Impfstoffs soll von einer zentralen Stelle in Schleswig-Holstein erfolgen, deren Lage das Ministerium jedoch nicht bekannt geben will. Insgesamt sollen die Impfzentren rund 300.000 Impfungen im Monat durchführen können.
Die einzelnen Impfzentren sollen nach derzeitigem Stand jeweils über mehrere parallele „Impflinien“ verfügen, an denen pro Linie 120 bis 150 Impfungen täglich durchgeführt werden können. Eine „Impflinie“ beschreibt alle notwendigen Schritte einer Impfung, die vor Ort von einem Team durchgeführt wird, wie Anmeldung und Registrierung, Indikationsstellung und Aufklärung, Impfung und Dokumentation und Nachbeobachtung. Zu den räumlichen Anforderungen an die Zentren gehört, dass diese gut erreichbar auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind und Abstände mit Hilfe entsprechender Laufwege eingehalten werden können.
Damit das alles klappt, braucht es aber nicht nur Impfstoff, Ausstattung und Logistik, sondern vor allem Personal: Die Bundeswehr will laut des Kommandeurs des Landeskommandos Schleswig-Holstein, Oberst Axel Schneider, fünf Soldaten pro Impfzentrum abstellen. Doch das wird nicht reichen. Die KV beginnt deshalb am Mittwoch mit der Rekrutierung von medizinischem Personal.
„Zurzeit informieren wir unsere Mitglieder, wie und ab wann sie sich für eine freiwillige Übernahme des Impfdienstes in den Zentren registrieren können“, so die KVSH-Vorstandvorsitzende Dr. Monika Schliffke. Zugleich wendet sich die KVSH auch an pensionierte Ärzte sowie solche in Elternzeit, momentan nicht tätige, Ärzte in anderen Berufszweigen wie Pharmaindustrie und Unternehmensberatung und Ärzte im Klinik- und Reha-Bereich, die an ihren Ausgleichstagen Dienste übernehmen können. Das Formular, mit dem sie sich freiwillig zur Teilnahme an der Impfung bereiterklären können, werde in den nächsten Tagen auf der Internetseite der KVSH zur Verfügung stehen. Die Vergütung werde „ähnlich wie im Notdienst“ sein, so Schliffke. Offenbar scheint die Anfrage auf Interesse zu stoßen: Bereits jetzt gebe es rund 500 Meldungen.
Auf ähnlich hohes Interesse könnte ein solcher Aufruf auch in der Apothekerschaft hervorrufen – wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Laut einer aktuellen aposcope-Umfrage kann sich knapp die Hälfte der PTA vorstellen, in Impfzentren mitzuarbeiten, wenn die Vergütung angemessen ausfällt. Das Gesundheitsministerium hatte vergangene Woche bei der Apothekerkammer angefragt, ob es möglich sei, PTA für das Aufmischen der Impfstoffe vor der Verabreichung abzustellen. Allerdings müssen Verhandlungen zischen Ministerium und Kammer erst noch anlaufen. Darin wird es unter anderem um die Vergütung, die Zahl der benötigten PTA sowie die Rahmenbedingungen der Arbeit in den Zentren gehen. Da die Rekonstitution vor allem in den Morgenstunden erfolgt, wäre denkbar, dass PTA in morgendlichen Randzeiten arbeiten und danach in ihre Apotheken zurückkehren. Allerdings halten es laut Umfrage drei von vier PTA für unrealistisch, dass diese Arbeit neben dem vollen Dienst in der Apotheke zu leisten ist. Beim Thema Freistellung würden hingegen die Inhaber wohl nicht mitspielen, denn 73 Prozent gaben an, dafür gar nicht die personellen Kapazitäten zu haben.
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