Impfzentren: 2500 bayerische Ärzte bereit dpa, 28.11.2020 09:05 Uhr
Eine Impfung gegen Covid-19 ist in Sicht. Auch Bayern bereitet sich schon auf eine große Impfaktion vor. Neben großen Hallen werden dafür Millionen Kanülen und ganz spezielle Tiefkühlschränke benötigt. Und Ärzte natürlich.
Mit Rechenmodellen und viel Logistikarbeit bereitet sich der Freistaat auf die große Impfaktion gegen das Covid-19 vor. „Sobald ein Impfstoff zugelassen ist, wollen wir so schnell wie möglich mit dem Impfen beginnen“, betonte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Wie lange es allerdings dauern werde, alle Impfwilligen zu impfen, sei derzeit nicht seriös abschätzbar. Für die geplanten Impfzentren in allen bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten geht das Gesundheitsministerium davon aus, dass zwei jeweils fünfköpfige Teams binnen vier Stunden 100 Menschen impfen können. „Pro solchem Team ist ein Arzt notwendig“, sagte Huml. Die übrigen Teammitglieder seien medizinisches Fachpersonal sowie Verwaltungskräfte.
Für die mobilen Impfteams, die direkt zu Risikogruppen etwa in Pflegeheimen fahren sollen, sind mindestens jeweils ein Arzt oder eine Ärztin, eine Verwaltungskraft und eine medizinische Assistenz vorgesehen. „Pro Impfzentrum gibt es mindestens ein mobiles Impfteam“, erläuterte Huml. Sie gehe aber davon aus, dass letztlich noch weitere mobile Teams zum Einsatz kommen. „Die genauen Planungen laufen noch.“ Inzwischen haben sich rund 2500 Vertragsärztinnen und -ärzte bereit erklärt, sich an den Impfungen zu beteiligen. Weitere werden gesucht – doch die Tendenz ist steigend. Vor knapp drei Wochen waren es nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns noch 1850.
In Bayern gibt es 96 Landkreise und kreisfreie Städte, die gehalten sind, bis Mitte Dezember jeweils ein Impfzentrum einzurichten. Diese sollen möglichst in der Nähe der jeweiligen Testzentren oder von Krankenhäusern liegen oder in geeigneten Gebäuden wie Turnhallen, Messehallen, Mehrzweckhallen oder auch den Rettungswachen der Hilfsorganisationen eingerichtet werden. „Zu berücksichtigen sind unter anderem eine verkehrsgünstige Lage, das Vorhandensein ausreichender Parkmöglichkeiten, ein barrierefreier Zugang sowie ausreichend Lagermöglichkeiten für Impfmaterialien“, erläuterte Huml. Gerade auch um das Lagern der Impfstoffe kümmern sich die Logistiker mit Vorrang, muss doch der Kandidat von Biontech mit minus 70 Grad gekühlt werden. Der Freistaat hat daher schon Dutzende spezielle Tiefkühlschränke bestellt – und 13 Millionen Spritzen und 58 Millionen Kanülen geordert.
Wie lange es dauert, alle Impfwilligen im Freistaat durchzuimpfen, geben die Rechenmodelle jedoch nicht her – allzu viele Variablen sind derzeit noch unbekannt. Etwa, wie viele Menschen sich überhaupt impfen lassen wollen – die Vakzination ist freiwillig. Außerdem wird der Impfstoff „in der Anfangsphase nicht für eine flächendeckende Impfung der gesamten Bevölkerung ausreichen“, betonte Huml. Daher würden zuerst Risikogruppen geimpft.
Für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Pandemie ist nach Ansicht von Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung nötig. Es gebe einige Studien, die zeigten, dass diese Anzahl notwendig sei, um eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen, sagte die oberste Impf-Expertin der WHO, Katherine O'Brien. „So wären viele Menschen immun und würden andere schützen“, so O'Brien am Freitagabend in Genf. Erst bei einer solchen Durchimpfungsrate könne sich das Virus nicht mehr gut verbreiten.
Doch die Zahl der geimpften Menschen alleine sei nicht der entscheidende Faktor, wie die Experten bei großen Masern-Ausbrüche in einigen afrikanischen Ländern im Vorjahr beobachten konnten. „Es geht immer darum, wo genau das Virus ist und wie groß der Schutzwall dagegen in der Gesellschaft ist“, so O'Brien. Es gebe zudem weiterhin viele Fragen, etwa inwiefern eine Impfung gegen Sars-CoV-2 die Schwere einer möglichen Infektion abschwächt und wie gut sie eine Übertragung des Virus verhindern kann. „Die Impfung wird eine große Wirkung haben, aber ich denke, dass niemand die Auslöschung des Virus versprechen kann, solange wir nicht viel mehr darüber verstehen“, sagte WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan.