Bund-Länder-Gipfel streicht Impf-Apotheken APOTHEKE ADHOC, 18.11.2021 18:31 Uhr
Bund und Länder haben sich auf weitere Corona-Maßnahmen verständigt. Je nach Hospitalisierungswert gilt 3G-, 2G- oder 2G+. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Lage als „hochdramatisch“. Schwierig sei die Situation vor allem für Menschen in Kliniken und die dortigen Beschäftigten. Eine Impfpflicht für Personal in Heimen und Kliniken soll eingeführt werden. Das Thema Impfungen in Apotheken ist vom Tisch.
Merkel hatte sich für Impfungen in Apotheken eingesetzt, doch dieser Vorschlag stieß auf Widerstand bei den Länderchefs. Aus dem gemeinsamen Beschluss sind in der Aufzählung die Apotheken verschwunden, nun heißt es nur noch: „Bund und Länder werden die Impfangebote ausweiten (mobile Impfteams, Impfzentren, Krankenhäuser, niederschwellige Angebote, Arztpraxen, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, Ärztinnen und Ärzte der Gesundheitsämter oder andere Möglichkeiten).“
In der Beschlussvorlage waren die Apotheken hier ebenfalls genannt worden. Stattdessen heißt es nun: „Darüber hinaus bitten die Länder die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit der Kreis derzur Durchführung vonImpfungen Berechtigten ausgeweitet werden kann.“ Auch die Impfberatung soll ausgeweitet werden.
„Wir haben immer gesagt, dass wir eine Überlastung des Gesundheitswesens vermeiden wollen“, so Merkel. Das werde nicht mehr überall gelingen. Daher müsse man weitere Maßnahmen beschließen und bei einer weiteren Verschlimmerung der Lage auch noch einmal nachschärfen. Es liege jetzt an jedem einzelnen.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rechnet mit hunderten weiteren Toten. Bund und Länder seien daher zu weiteren Maßnahmen bereit und entschlossen zu einer massenhaften Ausweitung der Booster-Imfpungen, so der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Man brauche erneut einen bundesweiten Kraftakt beim Impfen. Allen Menschen solle frühestens nach fünf Monaten eine Auffrischungsimpfung angeboten werden. Dazu würden auch die Kapazitäten in den Praxen ausgeweitet.
Erstmals werde es eine Impfpflicht geben, und zwar einrichtungsbezogen bei Pflege- und Gesundheitsberufen. Das bedeutet, dass alle Mitarbeiter:innen etwa in Kliniken sich impfen lassen müssen. Tests sollten weiter kostenlos bereitgehalten werden.
Angesichts ihrer Belastung in der Pandemie sollen Pflegekräfte erneut eine finanzielle Anerkennung bekommen. Bund und Länder einigten sich auf einen Pflegebonus für Pflegekräfte vor allem in der Intensivpflege, wie Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag nach Beratungen in Berlin sagte. In einer Vorlage hieß es, mit der erneuten Leistung eines Pflegebonus solle die Anerkennung des
Einsatzes in der aktuell sehr herausfordernden Situation unterstrichen werden. Weiter hieß es: „Die Länder bitten den Bund, die hierfür erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen.“
Die Impfquote sei immer noch zu niedrig, in ganz Deutschland gebe es 25 Millionen Menschen, die ein Impfangebot nicht annähmen, obwohl sie es könnten, so Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. Problem sei nicht fehlende Aufklärung, sondern zu viel Egoismus und Gleichgültigkeit. Das sei unsolidarisch und könne nicht länger hingenommen werden. Menschen, die sich nicht impfen ließen, müssten sich damit abfinden, dass sie nicht mehr uneingeschränkt am öffentlichen Leben teilnehmen könnten. Menschen mit Impfungen sollten sich aktiv um eine Auffrischungsimpfung bemühen. Außerdem müssten Hygiene- und Abstandsregelungen beachtet werden.
Finanzminister Olaf Scholz forderte die Menschen ebenfalls auf, sich um einen Impftermin zu bemühen. Er zählte Praxen und Impfzentren auf, Apotheken nannte er entsprechend nicht. Zur Impfpflicht sagte er, man sehe, wie weit reichend die Bereitschaft mittlerweile sei. Die Diskussion sei jetzt eröffnet. In der neuen Koalition werde man eine Diskussion darüber führen. Er sei froh, dass es mittlerweile gesellschaftlichen Konsens gebe, der vor einem halben Jahr nicht denkbar gewesen sei und jetzt Grundlage für politische Maßnahmen sein könne. Merkel sicherte die Unterstützung des geschäftsführenden Bundesgesundheitsministers zu.
Orientierungsgröße soll dem Beschluss zufolge die für das jeweilige Bundesland ausgewiesene Hospitalisierungsrate sein. Dafür erfasst das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete Krankenhausaufnahmen von Corona-Patienten pro 100.000 Einwohner in einem Sieben-Tage-Zeitraum.
Konkret sollen die Länder bei Überschreiten eines Schwellenwertes von 3 flächendeckende Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene (2G) etwa zu Veranstaltungen und der Gastronomie einführen – sofern nicht schon geschehen.
Bei Überschreiten eines Werts von 6 sollen die Länder darüber hinausgehend in bestimmten Einrichtungen auch für Geimpfte und Genesene zusätzlich Testnachweise oder andere Maßnahmen vorschreiben (2G plus).
Spätestens bei Überschreiten des Schwellenwerts von 9 sollen die Länder dann von weitergehenden Beschränkungen Gebrauch machen. Dies zielt auf eine vom Bundestag beschlossene Klausel: Nach einem entsprechenden Landtagsbeschluss sollen die Länder auch härtere Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder Einschränkungen und Verbote von Veranstaltungen verhängen können.