Trotz Aufhebung der Impfpriorisierung am kommenden Montag gibt es in den Impfzentren Nordrhein-Westfalens erstmal keine Termine für Erstimpfungen. Bis „mindestens Mitte Juni“ seien in den Zentren keine entsprechenden Termine verfügbar, teilte das NRW-Gesundheitsministerium am Mittwoch mit. „Sobald wieder neue Terminfenster freigegeben werden können, wird das Ministerium dies frühzeitig kommunizieren“, versprach das Haus von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
Laut Laumann sind Impfkontingente für die Erstimpfungen in den Impfzentren ausgeschöpft. „Wir haben die Lagerbestände seit April nahezu vollständig aufgelöst. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keinen Puffer mehr.“ Das bedeute: Der vom Bund dem Land NRW zur Verfügung gestellte Impfstoff müsse mindestens bis Mitte Juni komplett für Zweitimpfungen zur Verfügung stehen. Daran ändert auch die Aufhebung der Priorisierung nichts. Sobald wieder ausreichend Impfstoff bereitstehe, würden wieder Termine für Erstimpfungen freigegeben. Über acht Millionen Menschen seien in NRW mindestens einmal geimpft.
SPD-Landeschef Thomas Kutschaty kritisierte, die Aufhebung der Impfpriorisierung sei falsch. „Ab der kommenden Woche gibt es zwar Millionen mehr Impfberechtigte, aber nicht eine Impfdosis zusätzlich. Dann ist in den Spritzen nur noch heiße Luft, das ist wie Happy Hour in der Sperrstunde“, verdeutlichte er. Jetzt müsse sich die Landesregierung um Schadensbegrenzung bemühen und versuche daher, dem zu erwartenden Frust vorzubauen.
Mit Versprechen, die sich nicht halten ließen, untergrabe die Landesregierung die Akzeptanz staatlichen Handelns, erklärte der Grünen-Abgeordnete Mehrdad Mostofizade. Wer angesichts der Tatsache, dass der Impfstoff in den Impfzentren in den ersten Juniwochen nur für Zweitimpfungen ausreiche, auch noch das Impfen aller 12- bis 15-Jährigen in Aussicht stelle, sei nur auf kurzen, billigen Beifall aus, warf er NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor.
Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein, Oliver Funken, warnt vor einer gigantischen Frustration der Patienten zum Stichtag 7. Juni. Das Interesse werde weiter erheblich größer sein als die zur Verfügung stehenden Impfstoffmengen. „Es gibt ein Hase-Igel-Rennen um die Termine in den Praxen.“ Das sei nicht nur für die Bürger frustrierend, sondern so würden auch die Beschäftigten in den Praxen und die Ärzte verschlissen. Spahn habe den Stichtag angekündigt ohne entsprechend viel Impfstoff zu liefern, kritisierte Funken.
Vor der ab Montag möglichen Corona-Schutzimpfung auch für Kinder ab 12 Jahren rechnen die Kassenärzte zunächst nicht mit einem gewaltigen Ansturm. Man gehe in dieser Altersgruppe von einer nicht allzu hohen Impfbeteiligung aus, so die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.
Bei den Corona-Impfungen in Deutschland fällt die Priorisierung mit einer festen Reihenfolge wie vorgesehen zum kommenden Montag weg. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch Änderungen der Impfverordnung, die Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nun verkünden kann. Zugleich werden Impfungen von Beschäftigten direkt in Firmen möglich. Damit sollen Betriebsärzte ebenfalls ab Montag beginnen können und dafür in der ersten Woche bundesweit mehr als 700.000 Impfdosen bekommen.
Die Betriebsärzte sind die dritte Säule neben den Impfzentren und den Hausärzten in der Impfkampagne. Die Praxen und Betriebsärzte werden über die Apotheken und den Pharmagroßhandel direkt vom Bund mit Impfdosen beliefert. Die Betriebsärzte stehen in den Startlöchern: „In den meisten Betrieben sind die Vorbereitungen wie Raum-, Personal- und Ablaufplanung bereits seit längerem fertig, alles was fehlte ist der Impfstoff“, sagte der Landesvorsitzende Nordrhein-Nord im Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte, Thomas Meier.
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