Aktuell sind vier Impfstoffe zugelassen: zwei mRNA-Impfstoffe und zwei Vektorviren-Impfstoffe. Gerade jetzt, wo die Fachärzte in die dezentrale Impfung einsteigen sollen, stellen sich viele Chroniker die Frage, ob eine Impfung möglich ist und vor allem welches Vakzin das Beste für sie wäre. Der Beratungsbedarf in den Apotheken zum Thema Corona-Impfung steigt.
Mit dem Impfstart innerhalb der Priorisierungsgruppe 3 häufen sich auch die Anfragen von Kund:innen mit chronischen Erkrankungen in der Apotheke. Nicht selten haben die Menschen Angst vor der Impfung. Die wohl häufigste Frage, die Apotheker:innen und PTA aktuell zu diesem Thema hören: „Sollte ich lieber auf AstraZeneca verzichten?“ Die Fachgesellschaften versuchen den Patient:innen die Angst zu nehmen und beziehen sich auf tatsächliche Zahlen. Doch wechselnde Altersbeschränkungen und zwei Rote-Hand-Briefe spielen den Vektorviren-Impfstoffen nicht in die Hände. Ein Beratungsgespräch kann die Angst vor der Impfung nehmen.
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt allen neurologischen Patient:innen die Schutzimpfung gegen Sars-CoV-2. „Es gibt derzeit keinen Hinweis, dass Patientinnen und Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern von einem Impfstoff mehr profitieren als von einem anderen. Auch gibt es keine Kontraindikationen für Menschen mit bestimmten neurologischen Krankheiten gegen einen der zugelassenen Impfstoffe“, informiert Generalsekretär Professor Dr. Peter Berlit. „Die DGN empfiehlt aber, Frauen unter 60 Jahren nicht mit AstraZeneca zu impfen. Zwar sind die Risiken als sehr niedrig einzustufen, aber bei den mRNA-Impfstoffe scheint das Risiko für thrombotische Ereignisse noch deutlich geringer zu sein, daher sollten sie bei Frauen unter 60 Jahren zur Anwendung kommen.“
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRH) hat zuletzt Anfang April ihre Impfempfehlung aktualisiert. Darin heißt es: „Alle Impfstoffe gegen Sars-CoV-2, die derzeit zugelassen sind, sind keine Lebendimpfstoffe. Diese ‚Nicht-Lebendimpfstoffe“ sind bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und bei Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie uneingeschränkt einsetzbar.“ Die DGRH weist darauf hin, dass die Datenlage zur Sicherheit und Effektivität der verschiedenen Sars-CoV-2-Vakzine speziell bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen beziehungsweise bei Patienten unter immunsuppressiver oder immunmodulierender Therapie weiterhin begrenzt seien.
Doch durch immer mehr Geimpfte zeige sich auch für Rheumatiker ein gutes Ergebnis bei der Wirksamkeit der Vakzine. Auch erste kleine Studien könnten als Evidenzgrundlage genutzt werden. „In einer kleinen deutschen Studie konnte bei fast allen Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eine positive Immunantwort (gemessen an der Antikörperbildung) und eine gute Verträglichkeit von Sars-CoV-2-Impfstoffen gezeigt werden.“ Hierbei handelt es sich um eine Studie mit 68 Probanden ,die am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel durchgeführt wurde. „Basierend auf den Daten der in Deutschland verfügbaren Sars-CoV-2-Impfstoffe gibt es derzeit keine krankheitsbedingte Präferenz für einen Sars-CoV-2-Impfstoff gegenüber einem anderen. Daher sollten Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen jeden verfügbaren Impfstoff erhalten.“
Bei Krebspatient:innen wird häufig das Phänomen der verlängerten Virusausscheidung beobachtet. Bei den meisten gesunden Menschen wird das Virus nach zwei Wochen nicht mehr ausgeschieden. Bei Patient:innen mit Immunschwäche kann das Virus zum Teil noch lange nachweisbar sein. Generell kann eine Infektion mit Sars-CoV-2 geschwächte Körper härter treffen, sodass Krebspatient:innen sich, sobald sie einen Impftermin bekommen können, auch impfen lassen sollten. So heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Fachgesellschaften: „Prinzipiell sollten sich Krebspatient:innen unbedingt gegen Covid-19 impfen lassen. […] Außerdem wissen wir von anderen Impfstoffen, dass es keine medikamentöse Tumortherapie gibt, die für sich eine Kontraindikation für Totimpfstoffe darstellt. Dies gilt auch für Medikamente, die das Immunsystem stimulieren, zum Beispiel Interferone oder Antikörpertherapien einschl. Immuncheckpoint-Inhibitoren.“
Bei der Auswahl des Impfstoffes sehen die Onkologen keine Einschränkungen. Biontech, Moderna, AstraZeneca oder Janssen – alle Vakzine kämen in Frage. „Grundsätzlich gibt es bezüglich der Empfehlung zur Impfung und der Wahl des Impfstoffes keine für Tumorpatienten besonderen Hinweise. Zweckmäßig ist, dass zwischen einer Infusionstherapie und der Impfung ein gewisser Abstand von einigen Tagen eingehalten werden sollte, damit es nicht zu überlappenden Nebenwirkungen kommt“, erklärt Dr. Ekkehard Eigendorff, Chefarzt der Klinik für Onkologie der Zentralklinik Bad Berka.
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