Mehrere Studien beschäftigen sich derzeit mit dem Einsatz des Gichtmittels Colchicin zur Behandlung von Covid-19. Die Ergebnisse einer kleineren Studie wurden nun veröffentlicht: Sie geben zwar erste Hinweise auf positive Effekte, dennoch müssen weitere Studien abgewartet werden, um eindeutige Ergebnisse zu erhalten.
Colchicin ist eine natürlich vorkommende Substanz der giftigen Herbstzeitlosen. Die Anwendung des Alkaloids ist kritisch: Richtig dosiert kann es gegen die typischen Beschwerden eines akuten Gichtanfalls helfen. Wird es jedoch überdosiert, kann es schnell zu Vergiftungserscheinungen kommen. In einigen Fällen kam es durch eine Falscheinnahme bereits zu Todesfällen. Mittlerweile werden daher in der Behandlung der Gicht häufig andere Medikamente eingesetzt, die ein besseres Sicherheitsprofil aufweisen.
Doch das Alkaloid könnte auch in anderen medizinischen Bereichen eingesetzt werden: In der Vergangenheit konnte es in niedrigen Dosierungen zum kardiovaskulären Schutz nach einem Herzinfarkt beitragen, auch zur Behandlung verschiedener Herzerkrankungen laufen Untersuchungen. Dem Alkaloid werden vor allem entzündungshemmende Wirkungen zugeschrieben, die nun auch bei Covid-19 zum Einsatz kommen könnten: Die starke Entzündungsreaktion, die infolge eines Zytokinsturms entsteht, könnte möglicherweise durch Colchicin gebremst werden.
Mehr als zehn klinische Studien wurden in den vergangenen Monaten in diesem Bereich gestartet. Die Ergebnisse der Studie „Grecco-19“ wurden nun im „JAMA Network Open“ veröffentlicht. Die Untersuchung wurde an 16 Zentren in Griechenland mit insgesamt 105 symptomatischen Covid-Patienten durchgeführt. Die Teilnehmer wurden dabei auf niedrig dosiertes Colchicin oder Placebo randomisiert. Viele Patienten erhielten zusätzlich Hydroxychloroquin mit Azithromycin, eine Kombination aus Lopinavir und Ritonavir oder Antikoagulanzien.
Zu den primären Endpunkten der Studie zählte unter anderem die Verhinderung des Troponin-Anstiegs im Blut. Ein solcher Anstieg zeigt sich, wenn es zu einer kardialen Schädigung beispielsweise durch Viruserkrankungen kommt. Desweiteren galten die maximale Konzentration des C-reaktiven Proteins und eine Verschlechterung des klinischen Allgemeinzustandes als Endpunkte.
In den ersten beiden Punkten konnten kaum Effekte beobachtet werden: Der Troponinwert war bei allen Patienten insgesamt sehr niedrig. In der Colchicin-Gruppe lag der Höchstwert bei 0,008 ng/ml, in der Kontrollgruppe bei 0,0112 ng/ml. Der Unterschied war damit nicht signifikant. Auch in Bezug auf das C-reaktive Protein war kein positiver Effekt von Colchicin zu beobachten: In der Verum-Gruppe lag der Wert durchschnittlich bei 3,1 mg/dl, unter Placebo bei 4,5 mg/dl.
Eine Verbesserung zeigte sich allerdings in Bezug auf den klinischen Zustand der Patienten. Bewertet wurde die Verschlechterung des Zustandes um mindestens zwei Punkte auf einer 7-Punkte-Skala: Bei 14 Prozent der Placebogruppe wurde eine solche Verschlechterung dokumentiert, bei den Colchicin-Patienten waren es nur 1,8 Prozent. In der Placebogruppe benötigte ein Patient eine nicht-invasive Beatmung und sechs eine mechanische Beatmung. Einer der Patienten starb an einem plötzlichen Herzstillstand.
Die Autoren der Studie vermuten daher, dass Colchicin bei Patienten mit schweren Verläufen einen zusätzlichen Nutzen aufweisen könnte. Um eindeutige Ergebnisse zu erhalten und die Hinweise zu untermauern, sollen jedoch weitere Studien abgewartet werden. Unter anderem läuft derzeit eine Studie in Kanada mit 6000 ambulanten Patienten, sowie eine kleinere Studie, die die Wirkung von Colchicin an Patienten mit kardialen Manifestationen unter Covid-19 untersucht.
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