Mit der auf ein halbes Jahr befristeten Senkung der Mehrwertsteuer will die Bundesregierung die Corona-geschwächte Konjunktur wieder auf Touren bringen. Für Apotheken führt die 3-prozentige Senkung aber über den Kassenabschlag zu einer Mehrbelastung von 12 Millionen Euro. Auch die Patienten werden nach Ansicht der Gesundheitspolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Sylvia Gabelmann, nicht entlastet. Insbesondere die Krankenkassen profitierten.
„Die Mehrwertsteuerabsenkung für Gesundheitsleistungen entlastet Patienten, Bürger und Verbraucher kaum“, so Gabelmann: „Ich lehne es grundsätzlich ab, dass Arzneimittel mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belastet werden. Selbst wenn dieser abgesenkt wird, profitieren davon maßgeblich die Krankenkassen und nicht die Menschen. Vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen trifft die Mehrwertsteuer prozentual wesentlich stärker als Reiche. Daher muss die Mehrwertsteuer für apothekenpflichtige Arzneimittel dauerhaft auf 7 Prozent reduziert werden.“
Die Logik der Bundesregierung weise deutliche Defizite auf. Laut Bekundung des Finanzministeriums solle die Absenkung der Mehrwertsteuer angeblich der Konjunkturbelebung dienen, also zu mehr Konsum führen. Die Idee dahinter sei: Auf Steuern verzichten und der Bevölkerung mehr Geld geben, damit diese sich mehr leisten können, und so die Konjunktur nach dem Lockdown ankurbeln. Dass die Bundesregierung dazu die Mehrwertsteuer abgesenkt hat, findet Gabelmann allerdings ziemlich absurd.
Viele Fachleute belegten, dass am Ende bei den Menschen nur ein ganz kleiner Teil der Steuerersparnis ankommt. Der Rest versickere entweder bei den Herstellern, den Ladeninhabern, den Unternehmern. Gabelmann: „Besser wäre es gewesen, denjenigen zielgerichtet mehr Geld zu geben, die ohnehin jeden Euro ausgeben müssen. Mehr Lohn für Erzieher sowie Pflegekräfte und andere unterbezahlte Berufe, Erhöhung von Hartz IV und Mindestrente, keine Anrechnung des Kindergelds auf Hartz IV – all das wären geeignete Maßnahmen, damit das Geld auch bei denen ankommt, die damit mehr konsumieren und die Wirtschaft so ankurbeln.“
Im Gesundheitsbereich verfehlt die Mehrwertsteuerabsenkung laut Gabelmann das von der Bundesregierung erklärte Ziel besonders: „Denn obwohl allein bei Arzneimitteln mindestens auf eine dreiviertel Milliarde Euro aufgrund dieser Steuerabsenkung verzichtet wird – im gesamten Gesundheitsbereich wird es eher eine Milliarde Euro sein – kommt nur in wenigen Segmenten ein ganz kleiner Teil bei den Patienten, Bürgern und Verbrauchern an.“
Die Hauptprofiteure dieser Mehrwertsteuerabsenkung seien die Krankenkassen, privaten Versicherungsunternehmen, die Beihilfe, aber auch Leistungsträger wie Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen. Gabelmann hatte zu den Wirkungen der Mehrwertsteuersenkung bei Arzneimitteln die Bundesregierung befragt, aber nur unbefriedigende Antworten erhalten: „Genaue Zahlen dazu will die Bundesregierung aber nicht kennen oder zumindest nicht nennen.“
Es sei nicht akzeptabel, wie hier Steuergeld hinausgeworfen werde unter dem Deckmantel, die Wirtschaft anzukurbeln, aber bei den Menschen, also denjenigen, die dazu beitragen könnten, kaum etwas ankomme, kritisiert die Politikerin der Linksfraktion: „Eine Konjunkturspritze sieht wahrlich anders aus. Ich erwarte daher, dass die Bundesregierung endlich ihre Hausaufgaben macht. Bestehende Fehler im System sind durch die Corona-Pandemie noch deutlicher als bisher bekannt zu Tage getreten. Die Linke fordert daher einen radikalen Kurswechsel nicht nur in der Gesundheitspolitik.“
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