Frühe Abstriche = falsch-negative Ergebnisse Alexandra Negt, 13.06.2020 09:12 Uhr
Die entnommene Probe bei einem Rachenabstrich wird mittels PCR-Methode (Polymerase-Kettenreaktion) auf das Vorhandensein des Coronavirus überprüft. Hierfür wird das virale Erbgut mit Hilfe des Enzyms DNA-Polymerase vermehrt. Mangels Alternativen wurde diese Art der Abstriche zu Beginn der Pandemie fast ausschließlich durchgeführt. Doch zu früh angewendet, kann auch der eigentlich sehr genaue Rachenabstrich zu falsch-negativen Ergebnissen führen.
Der Rachenabstrich war zu Beginn der Pandemie die gewählte Untersuchungsmethode, wenn eine Corona-Infektion diagnostiziert oder ausgeschlossen werden sollte. Die Untersuchung der Probe erfolgte händisch im Labor. Mit der Zeit entwickelten einzelne Unternehmen Schnelltests, die die aufwendige PCR-Methode ersetzten. Unternehmen wie Bosch entwickelten ein Kartuschensystem. Für die Durchführung wird vom medizinischen Personal eine Nasen-Rachen-Abstrich genommen. Anschließend wird die Kartusche, die bereits sämtliche für den Test erforderliche Reagenzien enthält, für die Analyse in das benötigte Gerät eingeführt. Antigen- und Antikörperschnelltests standen erst später zu Verfügung, sodass im März beinahe alle Covid-Diagnosen mittels Abstriches getätigt wurden.
PCR häufig falsch negativ
Eine Untersuchung aus der Fachzeitschrift „Annals of Internal Medicine“ zeigt, dass die Abstrichuntersuchung mittels der PCR-Methode in der Frühphase einer Covid-Infektion – also vor Auftreten der Symptome – häufig falsch-negativ ausfällt. Direkt nach der Ansteckung dauert es einige Zeit, bis die Virusreplikation anläuft. In dieser Phase ist die Person schon erkrankt, weist aber in Nase und Rachen nur eine sehr geringe Viruslast auf. Möglicherweise sind nur einzelne Regionen des Rachens betroffen. Die Chancen, die Virusgene bei einem Abstrich mit abzutragen sind gering. So kann es passieren, dass trotz technischer Zuverlässigkeit des PCR-Tests, eine hohe Quote von falsch-negativen Ergebnissen entsteht.
Am achten Tag am sichersten
Ein Forscherteam von der Johns Hopkins Universität in Baltimore hat Daten aus sieben früheren Studien ausgewertet. In den Studien waren 1330 Abstriche in verschiedenen Phasen der Infektion entnommen worden. Die Ergebnisse teilten sich wie folgt auf: Am ersten Tag nach der vermuteten Infektion konnten in keinem Fall Viren nachgewiesen werden – die falsch-negativ Rate lag bei 100 Prozent. Vier Tage nach der Infektion konnten in ungefähr einem Drittel der Proben Viren nachgewiesen werden. Die falsch-negativ Rate sank auf 67 Prozent. Zum Zeitpunkt des Symptombeginn sank die Quote von falsch-negativen Ergebnissen auf 38 Prozent. Laut den Studien liegt der optimale Zeitpunkt für einen Rachenabstrich am achten Tag nach der Infektion. Zu diesem Zeitpunkt zeigen die meisten Patienten bereits seit drei Tagen Symptome. An Tag 8 betrug die falsch-negative Rate 20 Prozent. Die Wissenschaftler schlussfolgerten aus dieser Erkenntnis, dass ein Abstrich allein – unabhängig vom Anwendungszeitraum – keine gesichterte Diagnose liefert.
Anstieg ab Tag 9
Während am achten Tag die falsch-negativ Rate am geringsten war, stieg die Quote einen Tag später bereits wieder an. Drei Wochen nach der Infektion wurden zwei Drittel aller Infektionen nicht mehr erkannt. Nach 21 Tagen gilt der Patient bei einem leichten bis moderaten verlauf meist als geheilt und nicht mehr ansteckend. Es werden keine Viren mehr produziert. Die Forscher verweisen darauf, dass noch nicht abschließend geklärt ist, ob diese Patienten auf keinem Weg mehr ansteckend sind (Exkremente, Sexualverkehr), oder ob sie das Virus lediglich nicht mehr ausatmen.
Viruslast
Die Viruslast ist die Menge eines im Blutserum, Blutplasma, Sputum oder Rachenabstrich gefundenen Virus. Eine quantitative Bestimmung ist möglich. Durch die Viruslast können Rückschlüsse auf die Infektiosität gezogen werden. Bei Covid-Patienten nimmt die Viruslast im Rachen relativ schnell ab, sodass auch wiederholte nasopharyngeale Abstriche – trotz Infektion – negativ ausfallen können. Ursprünglich stammt die Bezeichnung aus der HIV- Therapie. Damals war die Viruslast ein entscheidendes Kriterium für die gewählte Medikation.
Zeitpunkt der Testdurchführung
Mittlerweile kann das Virus nicht nur durch die PCR-Methode nachgewiesen werden. Am Markt sind verschiedene Tests verfügbar. Es existieren Antigen- und Antikörpertests. Je nach Infektionsstadium eignen sich die Tests zum Nachweis einer Infektion unterschiedlich gut. Liegt diese weniger als eine Woche zurück, so werden Antikörpertests kaum anschlagen – der Organismus hat sie noch nicht in ausreichender Menge hergestellt. Auch die PCR-Methode liefert in diesem Zeitrahmen keine zuverlässigen Ergebnisse. Die Ergebnisse der meisten Schnelltests liegen innerhalb von 10 bis 20 Minuten vor, bei einer PCR-Methode ist die Auswertungszeit länger und richtet sich auch nach der Auslastung des Labors. Bei Antikörpertests gibt es ausschließliche IgG-Tests oder kombinierte Immunglobulin-Tests. Schlägt bei dem Kombitest nur die IgM-Linie aus, so kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine frische Infektion handelt. Alle Tests besitzen unterschiedliche Sensitivitäts- und Spezifitätswerte.