Konzern schließt alle Standorte

Frankreich: Versandverbot für Amazon

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Berlin -

Amazon hat alle seine Verteilungszentren in Frankreich geschlossen. Ein Gericht hatte dem Konzern zuvor den Versand der allermeisten Artikel untersagt, weil er nicht genügend Vorkehrungen zum Gesundheitsschutz seiner Mitarbeiter in der Coronakrise treffe. Ausgerechnet Medizin- und Hygieneartikel sowie Lebensmittel sind davon jedoch ausgenommen. Amazon hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Der Versandhandelsriese komme seinen Verpflichtungen in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit der Angestellten in den Lagerhäusern nicht angemessen nach, hatte ein Gericht im Pariser Vorort Nanterre vergangene Woche entschieden. Deshalb müsse Amazon nun in allen Lagern eine Risikobewertung durchführen und erforderliche Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen einleiten, so die Forderung. Für jeden Tag, den sich Amazon der Anordnung widersetzt, muss der Konzern demnach eine Million Euro Strafe zahlen.

Das Verfahren kam auf Initiative der Gewerkschaftsgruppe Union Syndicale Solidaires zustande. Sie wirft dem Konzern vor, nicht genug für die Sicherheit seiner 6500 Festangestellten und 3500 Leiharbeiter in Frankreich zu tun. Amazon hatte sich erst gegen die Anordnung gewehrt und angegeben, erst einmal eine Bestandsaufnahme machen zu müssen, bevor Standorte geschlossen werden können. Unter anderem müsse geklärt werden, welche Produkte in die Kategorien fallen, die noch versandt werden dürfen. „Können Sie mir sagen, ob etwa ein Haarfärbemittel, eine Nagelschere oder ein Präservativ zu Hygiene- oder medizinischen Produkten gehören?“, kritisiert Frédéric Duval, der Generaldirektor von Amazon Frankreich.

Am Dienstag verkündete Amazon dann doch die Schließung seiner Niederlassungen in Frankreich. Am Freitag wird ein Urteil des Berufungsgerichts in Versailles erwartet, der Konzern hat den Richtern nach eigenen Angaben bereits „konkrete Beweise für die umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen“ vorgelegt. Diese würden den Richtlinien französischer Behörden entsprechen und seien bereits mit Mitarbeitervertretern in den Standorten besprochen worden.

Je nach Ausgang sollen die Beschäftigten frühestens am Samstag ihre Arbeit wieder aufnehmen. Die Zwangspause kommt für Amazon zu einer denkbar schlechten Zeit: In Frankreich sind die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie noch schärfer als in Deutschland. Erst kürzlich hat Präsident Emmanuel Macron die Ausgangssperren bis zum 11. Mai verlängert. Fast ausschließlich Apotheken, Supermärkte und Tankstellen sind weiter geöffnet – entsprechend geht der Umsatz der Versandhändler in die Höhe. Ausgerechnet jetzt fällt der Branchenprimus aus, der sich noch dazu kaum Hoffnungen machen kann, bald den französischen OTC-Versandmarkt aufzurollen.

Amazon hat in vielen Ländern regelmäßig Ärger wegen seiner Personalpolitik. Erst Ende März wurde bekannt, dass New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio eine Untersuchung gegen Amazon durch den Menschenrechtsbeauftragten der Stadt angeordnet hat. Dem ging ein Streit um eine Kündigung eines Mitarbeiters, der einen Streik wegen angeblich schlechter Arbeitsbedingungen in der Corona-Krise mitorganisiert hatte. Auch in den USA sieht sich der Versandhandelskonzern Vorwürfen ausgesetzt, seine Mitarbeiter nicht ausreichend gegen eine Infektion mit Sars-CoV-2 zu schützen. Auch dort gilt: Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens bescheren dem Versandhändler einen Geldregen. Seit Beginn der Krise hat Amazon allein in den USA 100.000 neue Mitarbeiter eingestellt und 75.000 neue Stellen ausgeschrieben.

Auch hierzulande hat Amazon regelmäßig mit Protesten zu kämpfen. Nicht nur die harten Arbeitsbedingungen in den Amazon-Logistikzentren werden immer wieder angeprangert, auch der Lohn lässt nach Ansicht von Kritikern in Politik und Gewerkschaften stark zu wünschen übrig. Denn während die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für die Mitarbeiter eine Bezahlung nach Einzelhandels- und Versandhandelstarif verlangt, will Amazon maximal nach Speditionstarifvertrag vergüten. Vor allem deshalb streikten erst kurz vor Weihnachten wieder viele Amazon-Arbeiter, darunter am wichtigsten deutschen Logistikstandort im hessischen Bad Hersfeld. Auch in Leipzig und Koblenz setzten sich Beschäftigte zur Wehr. Auch anlässlich der Sonderaktionstage Black Friday und Cyber Monday kam es bundesweit zu Streikaktionen.

 

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