Eine Münchener Apotheke wurde Ziel eines Shitstorms, nachdem die „Bild“-Zeitung einen Bericht über angebliche Mondpreise für FFP2-Masken veröffentlicht hatte. Die Inhaberin wehrt sich und prüft rechtliche Schritte. Denn aus ihrer Sicht wird der falsche Eindruck erweckt, sie würde Masken zu Wucherpreisen anbieten.
Die Bild berichtete bereits vergangenen Freitag über ein „Teuer-Beispiel aus München“. Daraufhin erhielt die namentlich genannte Apotheke zahlreiche negative Rezensionen über Google. Sie wurde nicht nur persönlich grob beleidigt, auch ihre privaten Profile in sozialen Medien wurden der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Die Apothekerin holte sich rechtlichen Beistand.
Ihr Anwalt Rolf Haarmann von der Kanzlei HHS Rechtsanwälte findet den Bild-Bericht tendenziös, da er den Eindruck erwecke, die Apothekerin allein hätte Maskenpreise zu wucherähnlichen Bedingungen angeboten. Die Einträge bei Google seien zwischenzeitlich vom US-Konzern selbst gelöscht worden, sagt Haarmann.
7,95 Euro pro FFP2-Maske sind laut Bild „Wucher“. Das Boulevard-Blatt rechnete vor, das Maskenmodell im Einkauf zwischen 1,20 und 1,75 Euro koste. „Macht mindestens sechs Euro Gewinn.“ Die Apotheke habe auf Nachfrage mitgeteilt, dass der Preis neu kalkuliert worden sei. Seit Montag würden die Masken für 6 Euro abgegeben.
Am Dienstag folgte ein zweiter Bericht, in dem ein Lieferant Stellung bezieht: „Es gibt keinen empfohlenen Verkaufspreis. Das ist Quatsch. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich gut zu schützen“, so der Importeur laut Bild. „Darum kosten die Masken bei uns nicht 7,95 Euro, sondern 1,48 Euro das Stück. Im 640er-Pack sogar nur je 1 Euro.“ Der Anwalt der Pharmazeutin stellt klar, dass es sich bei dem Mann nicht um den Lieferanten der Apotheke handele.
Zudem entspreche der Endverkaufspreis einer betriebswirtschaftlich üblichen Mischkalkulation unter Berücksichtigung des Apothekeneinkaufspreises, der bei seiner Mandantin bei „deutlich über 1 Euro“ liege. Der Großhandel biete Masken in einer Preisspanne von 1 bis circa 12,95 Euro als Einkaufspreis an, betont er. „Unsere Mandantin beachtet in ihrer Einkaufspolitik strikt das Gesundheitsinteresse ihrer Kunden. Sie bezieht Masken ausschließlich von Händlern, die gültige Zertifikate vorlegen können.“
Es sei bekannt, dass immer wieder FFP2-Masken von Lieferanten angeboten werden, die nicht zertifiziert seien oder bei denen die entsprechenden Zertifikate unrichtig ausgestellt worden seien. Im vergangenen Jahr habe es dazu mehrere Berichte gegeben. Die Inhaberin ist davon selbst betroffen: Auch ihre Apotheke führe einen Rechtsstreit mit einem Lieferanten wegen unrichtiger Zertifizierung, sagt Haarmann.
Die Kanzlei prüft rechtliche Schritte gegen die Berichterstattung unter anderem bei Bild und Sat.1. Außerdem fragt man sich in der Apotheke, wie die Artikel zustande kamen. Schließlich leisteten die Apotheken laut Haarmann in der Pandemie weit mehr als sie müssten: Sie gingen beispielsweise in erhebliche Vorleistung aufgrund der Schutzmasken-Verordnung und der damit verbunden Couponregelung. „Die tendenziell falsche und unvollständige Berichterstattung in den Medien untergräbt in unverantwortlicher Weise das Vertrauen in die Apothekendienstleistung insgesamt und ist nicht tatenlos hinnehmbar“, so der Anwalt.
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