FFP-Masken auf Rezept: Welche Kasse zahlt? Nadine Tröbitscher, 05.06.2020 09:53 Uhr
Mund- und Nasenschutz ist seit einigen Wochen Pflicht, doch für viele Patienten sind solche Masken überlebenswichtig. Während einer Chemotherapie oder nach einer Organtransplantation besteht für die Betroffenen eine erhöhtes Infektionsrisiko – Menschen mit geschwächtem Immunsystem gehören zur Risikogruppe für Covid-19. In der Apotheke laufen immer wieder Rezepte über FFP-Masken auf. Aber werden diese von den Kassen überhaupt erstattet?
In Deutschland herrscht Maskenpflicht. Beim Einkaufen oder im öffentlichen Personenverkehr müssen Mund und Nase bedeckt sein. Schon das Tragen eines Schals oder einer selbstgenähten Maske entspricht den Vorgaben. Doch die DIY-Varianten dienen in erster Linie als Fremdschutz und als Barriere für Tröpfchen, die beim Sprechen, Husten oder Niesen ausgestoßen werden. Einen Schutz für den Träger bieten die Stoffmasken nicht. Wer sich selbst schützen will, sollte eine FFP-Maske tragen – so auch Personen nach einer Organtransplantation.
AOK: Keine Maske auf Rezept
Die filtrierenden Halbmasken schützen den Träger vor festen und flüssigen Aerosolen und sind Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung im Rahmen des Arbeitsschutzes. „Im Grundsatz sind Atemschutzmasken nicht auf ‚Muster 16‘ (Kassenrezept) verordnungsfähig“, teilt eine Sprecherin der AOK Plus mit. Ausnahmen für bestimmte Erkrankungen wie beispielsweise nach einer Organtransplantation gebe es nicht.
Das bestätigt ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes: „Schutzmasken stellen keine Hilfsmittel dar, die zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden können. Die Anspruchsvoraussetzungen, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, werden nicht erfüllt.“ Er verweist auf § 33 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB V) und erklärt, dass Schutzmasken der allgemeinen Gesundheitsvorsorge dienen und nicht dazu, die Verschlimmerung einer konkret vorliegenden Krankheit zu verhüten beziehungsweise den Erfolg einer solchen zu sichern. „Ungeachtet dessen wird nicht der Träger der Schutzmaske, das heißt der oder die Versicherte selbst vor einer Covid-19-Erkrankung geschützt, also die anspruchsberechtigte Person, sondern eine dritte Person.“
Barmer zahlt bei FFP-Maske auf Rezept
Die Barmer übernimmt dagegen die Kosten für FFP-Masken: „FFP2- und FFP3-Masken können nach einer Organtransplantation zulasten der Krankenkasse über ein Muster-16-Formular abgerechnet werden. Dies geht aus § 33 SGB V hervor und gilt aber nur für einen eng begrenzten Zeitraum, der sich an der Genesung des Patienten orientiert. Die Apotheken müssen zur Erstattung zwar einen Kostenvoranschlag bei der Krankenkasse stellen. Bei entsprechender Indikation wie einer Organtransplantation ist die Genehmigung aber in der Regel eine Formsache“, erklärt ein Sprecher.
DAK
„Schutzmasken fallen als persönliche Schutzausrüstung aktuell nicht in den Leistungsbereich der GKV“, teilt ein DAK-Sprecher auf Nachfrage mit. „Erhöhte Schutzmaßnahmen zur Gesunderhaltung nach einer Organtransplantation betreffen den gesamten Alltag des/der Patienten/in. Die notwendigen besonderen Vorsichtsmaßnahmen mussten unabhängig von der Corona-Pandemie auch schon vorher getroffen werden, denn es soll eine Infektion mit allen pathogenen Keimen möglichst verhindert werden.“ Das Fazit der DAK: „Verordnungen von FFP2 oder FFP3-Masken auf Muster-16-Formular können daher derzeit nicht mit der GKV abgerechnet werden.“
Antworten von TK und IKK stehen noch aus.
AOK: Abrechnung über die Pflegekasse möglich
Eine Möglichkeit der Abrechnung sieht die AOK aber doch: Bestehe Anspruch auf Leistungen zur Pflege, können sich Angehörige mit zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln „eindecken“, so die Kasse. Während der Corona-Pandemie wurde die monatliche Pauschale vorübergehend angehoben, um den Preissteigerungen gerecht werden zu können: Rückwirkend zum 1. April können für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel monatlich 60 Euro statt bislang 40 Euro abgerechnet werden. Die Ausnahmeregelung wurde aufgrund der gestiegenen Preise bei Desinfektion, Mundschutz, Handschuhen & Co. wegen der Corona-Pandemie getroffen und gilt bis längstens 30. September.
„Schutzmasken gehören zu den zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln und können den Versicherten zulasten der Sozialen Pflegeversicherung zur Sicherstellung der Pflege und dem Schutz der Pflegeperson zur Verfügung gestellt werden, sofern die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen“, so der AOK-Bundesverband. „Pflegebedürftige haben Anspruch auf die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind.“
Was bei der Abrechnung wichtig ist
Der Hessische Apothekerverband (HAV) informierte über das Abrechnungsprozedere: Apotheken könnten vorübergehend gegenüber den Pflegekassen auch Preise oberhalb der aktuellen Vertragspreise abrechnen oder abweichend von den Mengenangaben im Vertrag kleine Mengen zu den Vertragspreisen abgeben, sofern die tatsächlichen Preise die Vertragspreise übersteigen. Bislang konnten Einmalhandschuhe unter der Pflegehilfsmittelpositionsnummer 54.99.01.1001 zum Höchstpreis von 7,18 Euro für 100 Stück abgerechnet werden, für Händedesinfektion (54.99.02.0001) sind es je 500 ml 8,21 Euro. Für die Zeit vom 1. April bis längstens 30. September empfehle man eine „angemessene freie Kalkulation mit marktüblichen Aufschlagssätzen“, so der HAV.
Der Beitrag erschien im Original bei PTA IN LOVE. Jetzt Newsletter abonnieren!