In Südkorea wurden vor etwa einem Monat mehrere Personen nach einer überstandenen Infektion mit Sars-CoV-2 erneut positiv auf das Virus getestet. Kontaktuntersuchungen ergaben nun, dass Personen mit einer Zweitinfektion offenbar nicht infektiös waren.
Die in Südkorea aufgetretenen Zweitinfektionen werden von Experten kritisch betrachtet: Bei knapp 500 Menschen in drei unterschiedlichen Regionen soll eine erneute Infektion mit Sars-CoV-2 bestätigt worden sein. Allerdings gehen nicht alle Wissenschaftler davon aus, dass eine Zweitinfektion so schnell möglich sei: Sie glauben vielmehr an falsch-positive Ergebnisse aus früheren Tests oder eine Reaktivierung des Virus. Dies könne geschehen, wenn der Organismus noch nicht alle Viren vollständig bekämpft hat.
Die erneut positiv getesteten Personen wurden nun vom Koreanischen Center for Disease Control and Prevention (KCDC) genauer unter die Lupe genommen: Es wurden entsprechende Kontaktuntersuchungen eingeleitet, um zu ermitteln, ob und wie viele Personen durch die Zweitinfektion mit Sars-CoV-2 angesteckt wurden. Etwa ein Drittel der knapp 500 Personen war aufgrund von erneuten Symptomen getestet worden, die anderen waren bei Screening-Tests ermittelt worden. Der Zeitraum seit Entlassung aus der Isolation betrug im Durchschnitt 14,3 Tage. In 285 Fällen konnten die Kontaktuntersuchungen abgeschlossen werden – insgesamt wurden 790 Kontakte überprüft, 351 davon gehörten zur Familie.
Drei der 790 Kontakte waren mit Sars-CoV-2 infiziert – jedoch fanden sich in allen Fällen andere Ursachen für die Ansteckung. Das KCDC versuchte, bei 108 der „re-positiven“ Fällen das Virus aus den Abstrichen zu isolieren und Kulturen anzulegen – jedoch ohne Erfolg, denn in keinem der 108 Fälle gelang es. Aufgrund der Ergebnisse gehen die Behörden davon aus, dass die erneut positiv getesteten Personen nicht infektiös waren und demnach kein Infektionsrisiko durch solche Fälle zu erwarten ist. Dennoch sollen noch weitere Kontaktuntersuchungen durchgeführt werden.
Die ersten Spekulationen über eine Mehrfachansteckung gab es bereits im Februar: Eine japanische Frau wurde angeblich ein zweites Mal positiv auf Covid-19 getestet. Bereits damals bezweifelten Experten, dass es sich um eine tatsächliche Neuinfektion handele. Virologen schreiben dem Virus biphasische Eigenschaften zu, das heißt, dass die Infektion in zwei Phasen ablaufen könnte: Nach einer Erstinfektion könnte es zu einer minimalen Symptomatik kommen, auf der ein späterer Krankheitsschub folgen könnte. Schon damals hatten die koreanischen Gesundheitsbehörden öffentlich Stellung zu den Ergebnissen bezogen.
Deutsche Virologen gehen zum größten Teil davon aus, dass eine erneute Ansteckung in so kurzer Zeit nicht möglich ist. Professor Dr. Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité, erklärte damals, dass das Phänomen der „Reinfektion“ auf zwei Punkte zurückzuführen sei: Zum einen gebe es einen starken kulturellen Unterschied zwischen asiatischen und europäischen Ländern im Hinblick auf den Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Sammeln und Auswerten von Daten. Er sah die asiatische Kultur des öffentlichen Gesundheitswesens als sehr viel strikter als in Deutschland an. Hierdurch könne beim Thema Zweitinfektion ein scheinbarer Widerspruch entstehen. Wenn in Südkorea die Regel aufgestellt wurde, dass jeder Patient, der zwei aufeinanderfolgende negative Ergebnisse aus PCR-Tests erhält, als geheilt gilt, so entsteht bei einem positiven Test innerhalb einer Nachkontrolle der Anschein, es könnte sich um eine erneute Infektion handeln. Dabei sei eher davon auszugehen, dass das Virus noch im Körper vorhanden war.
Drosten erklärte, dass auch ein PCR-Test nur eine Stichprobe darstellt, und verglich die Methode anschaulich mit einem Pool voller Goldfische. In der Mitte der Infektion ist die Anzahl an Viren hoch. Übertragen auf das anschauliche Bild bedeutet das: Im Pool befinden sich zahlreiche Fische – nimmt man nun, mit verbundenen Augen, einen Eimer voll Wasser raus, so ist höchstwahrscheinlich ein Goldfisch im Eimer. Am Ende einer Infektion verringert sich die Anzahl der Viren im Körper. Übertragen auf den Pool bedeutet das, die Wahrscheinlichkeit, dass der entnommene Eimer einen Goldfisch enthält, sinkt – trotzdem sind noch Tiere enthalten.
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