Auswirkungen auf die Therapie

Die zwei Phasen der Covid-Pneumonie

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Berlin -

Obwohl Sars-CoV-2 bei Weitem nicht nur die Lunge befällt, kommt es häufig zu einer Pneumonie. Forscher des Massachusetts General Hospital in Boston konnten nun zeigen, dass diese offenbar in zwei Phasen abläuft – das hat Auswirkungen auf mögliche Therapieoptionen und die Todesursache bei schweren Erkrankungsverläufen.

Die Erkenntnis des Pneumonie-Verlaufs in zwei Phasen erlangten die Wissenschaftler durch die Untersuchung der Lungen von verstorbenen Covid-Patienten. Insgesamt wurden die Lungen von 24 Patienten zwischen 32 und 89 Jahren untersucht. Die Patienten waren zu verschiedenen Zeitpunkten der Covid-Infektion zwischen dem 2. und 27. Erkrankungstag verstorben.

Auf Replikation folgt Reparatur

Bei Patienten, die innerhalb der ersten zehn Tage verstarben, konnte das Team des Massachusetts General Hospital hohe Konzentrationen von Sars-CoV-2-Genen in den hyalinen Membranen nachweisen, welche sich bei einer Pneumonie in den Alveolen bilden. Sie gehen deshalb davon aus, dass sich das Coronavirus in den Epithelzellen vermehrt und diese schließlich zerstört hat.

Patienten mit einer Covid-Pneumonie, die später verstarben, zeigten jedoch vielmehr eine vermehrte Bildung von Keratin und Napsin A: Das weist den Medizinern zufolge auf einsetzende reparative Prozesse hin. Die Phase der Virusreplikation sei hier schon vorüber. Todesursache seien demnach die Folgen der Covid-Erkrankung gewesen, beispielsweise ein Zytokinsturm.

Doch nicht nur auf die Todesursache haben die Erkenntnisse Einfluss – auch die Behandlung mit verschiedenen Therapien könnte beeinträchtigt werden. So könnte beispielweise das Zeitfenster von antiviralen Therapien wie Remdesivir relativ klein sein. Ähnlich sieht es dem Team zufolge bei der Behandlung mit Interferonen aus: Eine solche Therapie sei nur in den ersten Tagen der Infektion sinnvoll.

Aufgrund der Abläufe in der Lunge sehen die Wissenschaftler auch den Einsatz von Steroiden kritisch: In der frühen Krankheitsphase komme es zu einer vermehrten Infiltration mit proinflammatorischen Makrophagen, welche eine Rolle bei der Erstabwehr von Sars-CoV-2 spielen. Durch den Einsatz von Dexamethason & Co. würden diese jedoch blockiert. Demnach könnten sie zu Beginn von Covid-19 eher schaden als nutzen. In der Recovery-Studie wurde Dexamethason bei Patienten eingesetzt, bei denen der Beginn der Erkrankung mehr als sieben Tage zurücklag – sie befanden sich den aktuellen Erkenntnissen zufolge also bereits in der zweiten Phase der Pneumonie. Die Sterberate konnte hier durch den Einsatz von Steroiden gesenkt werden.

Nicht die ganze Lunge betroffen

Den Wissenschaftlern fiel bei den Untersuchungen außerdem auf, dass nur bestimmte Areale der Lunge vom Virus betroffen waren. Sie vermuten daher, dass die Lunge nicht als Hauptort für die Virusreplikation fungiert, sondern das Virus nach einer Vermehrung in den oberen Atemwegen durch Mikroaspiration in verschiedene Lungenbereiche gelangt.

 

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