Covid-19 führt zu Blutzuckerschwankungen

Diabetes durch Zytokinsturm?

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Berlin -

Bereits häufiger stand Covid-19 im Verdacht eine Diabetes-Erkrankung begünstigen zu können. Eine aktuelle Studie aus Deutschland gibt ebenfalls Hinweise auf vermehrte Diagnosen von Typ-2-Diabetes bei Corona-Genesenen. Einer der Studienautoren, der Diabetologe Dr. Wolfgang Rathmann, erklärt gegenüber der „Welt“, wie die Ergebnisse der Untersuchung zu verstehen sind – und welche Rolle Stress bei der Entstehung von Diabetes spielt.

Man könnte vermuten, dass Lockdown und Ausgangbeschränkungen in den vergangenen drei Pandemie-Jahren zu einer erhöhten Diabetes-Rate beigetragen haben. Schließlich gelten mangelnde Bewegung und Übergewicht als Risikofaktoren für die Stoffwechselerkrankung. Studien untermauern jedoch, dass die Covid-Erkrankung selbst als Risikofaktor in Frage kommen könnte.

28 Prozent erhöhtes Diabetes-Risiko nach Covid-19

Zwar konnte bei der aktuellen Untersuchung nicht nachgewiesen werden, dass die Infektion die direkte Ursache für den Diabetes ist, allerdings machte das Team einige interessante Entdeckungen. „Anhand des Datenmaterials aus 1100 Arztpraxen, das uns das Dateninstitut IQVIA in Frankfurt/Main zur Verfügung gestellt hat, haben wir aber herausgefunden: Infizierte hatten – selbst bei einem milden Verlauf mit eher schwachen Symptomen – ein um 28 Prozent höheres Risiko für Typ-2-Diabetes als eine Kontrollgruppe, die nicht an Covid-19, aber an einem anderen Atemwegsinfekt erkrankt war“, erklärt Rathmann.

Die Risikoerhöhung konnte über einen Zeitraum von vier Monaten bis hin zu einem Jahr nachgewiesen werden. Der Experte erklärt, dass viele Menschen möglicherweise schon vorher einen Diabetes aufwiesen, der jedoch noch nicht diagnostiziert war. Infolge der Pandemie wurde dieser dann durch Faktoren wie Bewegungsmangel, Gewichtszunahme und Stress „getriggert“. „Aber das wäre dann eher ein indirekter Weg.“

Stress als „Diabetes-Trigger“

Stress sei insgesamt ein wichtiger Faktor – auch bei der Entstehung eines Diabetes. „Wer etwa wegen eines Herzinfarkts ins Krankenhaus kommt, hat häufiger erhöhte Blutglukosewerte. Man nennt das eine stressbedingte Hyperglykämie“, so Rathmann. Er hält es deshalb auch für denkbar, dass die Blutglukosewerte vieler Menschen während der Pandemie gestiegen sein könnten – auch wenn dazu die konkreten Daten fehlen. „Aber wenn man an die Folgen der Lockdowns denkt, etwa an die Ängste um den Arbeitsplatz oder das Home-Schooling und das Home-Office – das sind schon massive Stressfaktoren, die das Entstehen oder die Verschlechterung einer Insulin-Resistenz bei Menschen mit Übergewicht begünstigen können.“

Cortison-Behandlung könnte Diabetes begünstigen

Ein weiterer Auslöser könnte jedoch auch die Covid-Therapie sein. „Da wäre zunächst die Cortison-Behandlung zu nennen, die viele Covid-19-Patienten erhalten.“ Schätzungen zufolge habe rund die Hälfte dieser Patient:innen zumindest vorübergehend einen erhöhten Blutglukosewert entwickelt, so der Experte. „Wir haben sie daher bewusst aus unseren Erhebungen herausgenommen.“

Zytokinsturm als Ursache?

Rathmann geht jedoch vielmehr davon aus, dass das überschießende Immunsystem bei der Covid-Erkrankung schuld an der Diabetes-Entstehung sein könnte. „Wir wissen mittlerweile, dass bei einem großen Teil der Covid-19-Patienten auch nach der akuten Phase das Immunsystem hochgefahren bleibt, mit einer erhöhten Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen wie den Zytokinen. Und das kann mit einer erhöhten Insulin-Resistenz einhergehen, also damit, dass die Zellen nicht mehr ausreichend auf das Stoffwechselhormon reagieren, sodass mehr Glukose im Blut verbleibt.“

Er rät deshalb dazu, „das Diabetes-Problem im Hinterkopf“ zu haben – sowohl als Arzt/Ärztin wie auch als Patient:in: Wenn es nach einer überstandenen Infektion zu Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtsverlust, vermehrten Durst oder einem häufigeren Toilettengang, komme, sollte man sie nicht ignorieren, sondern untersuchen lassen.

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