Covid-Infektionen: Fast die Hälfte verläuft asymptomatisch Cynthia Möthrath, 22.12.2021 08:05 Uhr
Husten und Niesen gelten seit der Pandemie als neue Stigmata in der Gesellschaft. Dabei geht die Gefahr einer Ansteckung nicht nur von symptomatischen Patient:innen aus. Fast die Hälfte der Covid-Infektionen verläuft asymptomatisch.
Ein Team der Universität Peking hat mithilfe einer Metaanalyse untersucht, wie häufig Covid-Infektionen ohne Symptome verlaufen. Insgesamt wurden 95 Studien mit knapp 30.000 getesteten Personen in die Auswertung einbezogen. Als asymptomatisch wurden solche Patient:innen definiert, die zum Testzeitpunkt keine Symptome aufwiesen, oder solche, die erst später Symptome entwickelten – die sogenannten präsymptomatischen Infektionen.
Viele Infektionen ohne Symptome
Insgesamt kam es in der getesteten Bevölkerung bei 0,25 Prozent zu asymptomatischen Infektionen. Unter den positiv getesteten waren 40,5 Prozent ohne Symptome. In einigen Gruppen lag der Prozentsatz asymptomatischer Infektionen höher als im Gesamtdurchschnitt:
- Bewohner & Personal von Pflegeheimen: 4,52 Prozent
- Flug- und Kreuzfahrtreisende: 2,02 Prozent
- Schwangere: 2,34 Prozent
Auch unter den positiv getesteten dieser Gruppen lag der Anteil asymptomatischer Infektionen höher:
- Bewohner & Personal von Pflegeheimen: 47,53 Prozent
- Flug- und Kreuzfahrtreisende: 52,91 Prozent
- Schwangere: 54,11 Prozent
Die Untersuchung aus Peking verdeutlicht, wie häufig Covid-Infektionen asymptomatisch verlaufen. Frühere Untersuchungen hatten bereits Hinweise dafür geliefert, dass es auch ohne Symptome zu einer Übertragung von Sars-CoV-2 kommen kann. Die Viruslast scheint bei symptomatischen und asymptomatischen Patient:innen vergleichbar zu sein. Ein Risiko geht demnach auch von Menschen aus, die keine Symptome entwickeln, aber dennoch ansteckend sind.
Viruslast bei neuen Virusvarianten
Bei neuen Virusvarianten können zudem auch Geimpfte eine hohe Viruslast aufweisen, wie Daten von Public Health England (PHE) im Sommer zur Delta-Variante belegten: Sie zeigten, dass die Viruslast in den ersten Tagen bei Doppeltgeimpften und Ungeimpften sogar ähnlich hoch ist. Aus den Daten geht hervor, dass es bei den Durchbruchinfektionen der Doppeltgeimpften mit der Delta-Variante zu ähnlich niedrigen Ct-Werten kommt wie bei ungeimpften Personen. Bei vorherigen Virusvarianten wie der Alpha-Mutante wiesen Geimpfte hingegen einen hohen Ct-Wert und damit eine niedrigere Viruslast auf. Eine hohe Viruslast bedeutet gleichzeitig, dass die Erkrankten hochansteckend sind – das gilt demnach in den ersten Tagen auch für Doppeltgeimpfte, die an der Delta-Variante erkranken.
Auch die neue Omikron-Variante scheint mit einer hohen Viruslast einherzugehen. Der R-Wert – welcher angibt, wie viele Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt – liegt bei 3,7. In England kam es dadurch alle zwei bis drei Tage kommt es zu einer Verdopplung der Fallzahlen. Erste Daten zeigen, dass die Infektionen milder Verlaufen könnten. Bei Risikopatient:innen könne es dennoch zu schweren Verläufen kommen warnen Expert:innen.
Symptomatisch oder asymptomatisch – woran liegt es?
Während einige Covid-Patienten starke Symptome oder gar schwere Verläufe entwickeln, stehen andere die Erkrankung gänzlich asymptomatisch durch. Der Grund dafür scheint im Immunsystem zu liegen, wie Forscher:innen der Universität Birmingham im Fachjournal „Nature Medicine“ erläuterten.
Gelangt Sars-CoV-2 in den Körper, trifft das Virus zunächst auf die Alveolen in den Lungen. Dadurch werden im nächsten Schritt die Makrophagen aktiviert, welche Teil des angeborenen Immunsystems sind. Damit auch die spezifische Immunantwort hilft, wandern dendritische Zellen in die umliegenden Lymphknoten – dadurch werden auch die B- und T-Zellen alarmiert. Aus dem Knochenmark werden weitere Makrophagen gebildet.
Wird Sars-CoV-2 solange abgewehrt, bis die Produktion der spezifischen Antikörper beginnt, kann es sein, dass der Erkrankte die Infektion und sein auf Hochtouren laufendes Immunsystem gar nicht bemerkt. Gelingt das jedoch nicht, kann es zu Hyperinflammationen und einem Zytokinsturm kommen. Dieser ist für die Erregerabwehr jedoch kontraproduktiv. Denn durch die überschießende Immunreaktion entsteht schließlich eine erhöhte Thromboseneigung, welche zu Komplikationen führen kann.