Verschiedene Studien beschäftigen sich derzeit mit dem Lebenszeitverlust von Covid-19. Erst kürzlich zeigte eine gemeinsame Auswertung des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des Umweltbundesamtes, dass in Deutschland mehr als 300.000 Lebensjahre „verloren gegangen“ sind. Eine weltweite Analyse liefert nun weitere Daten und zieht Vergleiche zur saisonalen Influenza.
Bis Anfang Januar sind weltweit rund 1,2 Millionen Menschen der Pandemie zum Opfer gefallen. Insgesamt gingen dabei mehr als 20,5 Millionen Lebensjahre verloren – das sind bis zu neunmal mehr Lebensjahre als bei einer durchschnittlichen Grippesaison. Etwa 75 Prozent der Verstorbenen starben vor dem 75. Lebensjahr. Insgesamt haben die Centers of Disease Control and Prevention die Lebenserwartung in den USA sogar um ein Jahr nach unten geschraubt – von 78,8 auf 77,8 Jahre.
Wie bereits bei der vorherigen Auswertung zeigt sich deutlich, dass Männer 45 Prozent mehr Lebensjahre verloren haben als Frauen. Im Durchschnitt starben sie fast fünf Jahre früher an der Erkrankung als Frauen – das durchschnittliches Todesalter lag bei ihnen bei 71,3 Jahren gegenüber 75,9 Jahren bei Frauen. Die Zahl der Todesfälle bei Männern war insgesamt um 39 Prozent höher.
Eine der häufigsten Corona-kritischen Aussagen ist, dass die Verstorbenen meist betagt waren und auch ohne eine Covid-Erkrankung vermutlich nur noch wenige Monate gelebt hätten. Desweiteren wird häufig der Vergleich zur saisonalen Grippe herangezogen, welche ebenfalls in jeder Saison zahlreiche Todesopfer fordert. Aktuelle Untersuchungen können diese Thesen jedoch nicht untermauern und zeigen ein anderes Bild. Eine Analyse der Universität Pompeu Fabra in Barcelona hat das Lebensalter der Verstorbenen mit der durchschnittlichen Lebenserwartung in Beziehung gesetzt, daraus wurden die „years of life lost“ (YLL) berechnet. Im Durchschnitt hätten die Verstorbenen ihren Berechnungen zufolge noch 16 Jahre zu Leben gehabt.
Damit liegen die YLL zwei bis neunmal so hoch wie bei einer normalen Grippesaison. Im Vergleich zu Herzerkrankungen – welche in vielen Ländern die häufigste Todesursache darstellen – liegen die YLL-Raten bei Covid-19 global zwischen einem 1/4 und der Hälfte niedriger. In Lateinamerika seien jedoch mehr Lebensjahre als durch Herzerkrankungen verloren gegangen.
Das durchschnittliche Sterbealter der Covid-Patienten lag bei 72,9 Jahren. Da jedoch auch jüngere Menschen verstarben ist deren Beitrag zur globalen YLL-Summe hoch: Den Berechnungen zufolge sind 44,9 Prozent der globalen YLL auf Personen zurückzuführen, die im Alter zwischen 55 und 75 Jahren an Covid-19 starben, weitere 30,2 Prozent entfallen auf Personen unter 55 Jahre und nur 25 Prozent auf Personen über 75 Jahre.
Bei der Untersuchung zeigten sich zudem massive Unterschiede zwischen den Ländern: In reicheren Ländern mit einem hohen Einkommen traten mehr als die Hälfte der YLL in der ältesten Bevölkerungsgruppe über 75 Jahre auf, in ärmeren Ländern starben vermehrt auch jüngere Menschen unter 55 Jahren. Das Max-Planck-Institut sieht die Auswertung als Momentaufnahme – tatsächlich könnte der Lebenszeitverlust deutlich höher, aber auch niedriger liegen.
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