Die Immunität gegen Sars-CoV-2 spielt eine zentrale Rolle bei der Eindämmung der Corona-Pandemie. Forscher der Berliner Charité und des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik (MPIMG) haben nun Hinweise auf eine Kreuzimmunität von heimischen Coronaviren und Sars-CoV-2 gefunden.
Häufig ist beim neuartigen Virus Sars-CoV-2 nur noch die Rede vom „Coronavirus“. Dass die Gruppe der Coronaviren viel umfassender ist und schon lange Zeit existiert gerät dabei oft in Vergessenheit. Unter den Coronaviren finden sich zwar gefährliche Arten wie das Mers-Virus von 2012 und dem Sars-CoV-2 vorangegangenen Sars-CoV-1-Virus aus den Jahren 2002 und 2003 – dennoch kursieren in jeder Erkältungssaison auch harmlosere Coronaviren in Europa und das schon seit den 1960er Jahren.
Diese führen häufig zu einfachen Erkältungskrankheiten mit den typischen Symptomen: Husten, Schnupfen, Abgeschlagenheit und erhöhte Temperatur können auftreten. Forscher fanden nun heraus, dass das Immunsystem von Menschen, die bereits Kontakt mit solch heimischen Coronaviren hatten, teilweise auch Fragmente des neuartigen Sars-CoV-2-Spikeproteins erkennen. Dadurch könnte es zu einer Kreuzimmunität kommen.
Die Ergebnisse der deutschen Wissenschaftler wurde kürzlich im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht: Demnach würden teilweise auch gesunde Menschen Immunzellen besitzen, die in der Lage sind Sars-CoV-2 zu erkennen. Grund dafür könnte der vorherige Kontakt mit harmloseren, heimischen Coronaviren sein.
Für ihre Untersuchung zogen die Forscher 18 Blutproben von Covid-Patienten heran. Sie alle wiesen einen positiven PCR-Test auf und wurden in der Berliner Charité behandelt. Hinzu kamen 68 Blutproben von Probanden, die nachweislich keinen Kontakt mit dem neuartigen Coronavirus hatten. Aus allen Proben wurden die Immunzellen isoliert und mit Fragmenten des Sars-CoV-2-Spikeproteins stimuliert.
Der Großteil der Proben der positiv getesteten Patienten zeigte eine starke Reaktion. Doch auch bei 35 Prozent der gesunden Probanden kam es zu einer Reaktion, die zeigt, dass die Immunzellen über Gedächtniszellen verfügen, die in der Lage sind, Sars-CoV-2 zu erkennen. Bei den Covid-Patienten konnten die Immunzellen das Spikeprotein komplett erkennen, bei den Gesunden waren es hingegen nur einzelne Fragmente. Diese ähneln den schon lange in Europa kursierenden harmloseren Coronaviren. Das deute darauf hin, dass die T-Helferzellen der Gesunden auf Sars-CoV-2 reagieren, weil sie sich in der Vergangenheit mit heimischen Erkältungs-Coronaviren auseinandersetzen mussten, erklärten die Forscher.
Durch diese Umstände könnte es den Wissenschaftlern zufolge zu einem besseren Schutz des Immunsystems kommen, da die Antikörperbildung beschleunigt werden kann. Doch auch das Gegenteil könnte der Fall sein: Das Auslösen einer falschen Immunantwort durch die kreuzreaktive Immunität könnte auch negative Auswirkungen haben. Weitere Untersuchungen sollen folgen und Klarheit schaffen.
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