Weitere Symptome entdeckt

Covid-19: Auch Haut und Hirn betroffen

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Berlin -

Vor einigen Wochen galt Covid-19 als ausschließliche Lungenerkrankung. Diese Annahme wurde von Forschern revidiert. Tiefe Venenthrombosen, Herzprobleme, Durchfall – immer mehr Symptome traten auf. Viele davon seien auf einen Zytokinsturm im fortgeschrittenen Krankheitsstadium zurückzuführen. Nun scheinen weitere Organe durch Sars-CoV-2 geschädigt werden zu können: Das Gehirn und die Haut.

Eine Infektion mit Sars-CoV-2 kann sich nicht nur mit Fieber, Husten und Atembeschwerden äußern, sondern auch durch andere Auswirkungen, darunter zahlreiche neurologische Symptome. Kopfschmerzen, Schwindel, sowie Geruchs- und Geschmacksstörungen zählen beispielsweise zu den harmloseren Beschwerden. Bereits Mitte April berichteten Forscher aus China über Komplikationen im Gehirn, die in Folge einer Sauerstoffunterversorgung auftraten. Bei 20 Prozent der Verstorbenen hatten die Ärzte der Huazhong-Universität in Wuhanvor dem Tod eine hypoxische Enzephalopathie diagnostiziert. Diese entsteht in Folge eines massiven Sauerstoffmangels im Gehirn – die Folge sind schwerste Störungen der Hirnfunktion.

Das Gehirn leidet unter Sars-CoV-2

In den ersten Untersuchungen betrafen die Hirnschäden nur Patienten mit schweren Covid-Verläufen. Nun berichten Forscher zunehmend davon, dass auch leichte Verläufe mit Hirnschäden einhergehen können. Wissenschaftler aus Großbritannien haben hierzu neue Erkenntnisse veröffentlicht. „Die Art und Weise, wie Covid-19 das Gehirn attackiert, haben wir bei anderen Viren noch nie zuvor gesehen“, erklärt Michael Zandi, Wissenschaftler des University College (UCL) in London. Er wundert sich insbesondere über die schwerwiegenden Hirnschäden bei Betroffenen mit lediglich leichter Symptomatik. Bei neun von 43 Covid-Patienten konnte das Forscherteam eine demyelinisierende Enzephalomyelitis diagnostizieren. Laut Angaben der Forscher ähnelt das Leiden einer Multiplen Sklerose. Jedoch handelt es sich bei der entzündlichen Hirnerkrankung um eine einmal auftretende Erkrankung, keine chronische. Zu den Symptomen zählen Halluzinationen, Schwellungen im Hirn und taube Gliedmaßen.

Mittlerweile weiß man, dass Sars-CoV-2 das auf der Zellmembran lokalisierte Angiotensin-Converting Enzyme 2 (ACE2) als Rezeptor zum Eindringen in die Zelle nutzt. ACE2 wird in vielen Geweben exprimiert – auch in Strukturen des zentralen Nervensystems. Da die Blut-Hirn-Schranke sehr durchlässig für bestimmte Stoffe ist, darunter Zytokine und bestimmte weiße Blutkörperchen, kann es vorkommen, dass auch infizierte Leukozyten ins Gehirn gelangen. Die Rezeptoren sind in Astrozyten, Microglia und Oligodendrozyten. ACE2 ist somit auch im Gehirn vorhanden. Forscher nehmen an, dass dies der Grund ist, weshalb Sars-CoV-2 auch in dieses Organ eindringen kann. Insbesondere schwere Verläufe sind durch einen Zytokinsturm gekennzeichnet. Dieser wird von einem starken Anstieg von Interleukinen, dem Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) und dem Granulozyten-Kolonie-stimulierendem Faktor (G-CSF) begleitet.

Auch die Haut betroffen

Je länger die Corona-Pandemie dauert, desto mehr lernen auch Ärzte über die Infektion. Mit der Zeit zeigt sich, dass bis zu 20 Prozent der Covid-Patienten einen Hautausschlag entwickeln. Häufig ähnelt dieser dem bläschenartigen Ausschlag bei Windpocken. Auch hautrötungen und Quaddelbildung tritt auf. Die meisten Erfahrungen zu dermatologischen Veränderungen während einer Covid-Infektion wurden bei hospitalisierten Patienten gesammelt. Berichte aus China, Italien und Spanien zeigen, dass es im Durchschnitt bei 20 Prozent der stationär behandelten Patienten zu Hautsymptomen kommt. Hauptsächlich beschrieben werden drei Erscheinungsfprmen: Das erythematöse Exanthem, die generalisierte Urtikaria und varicelliforme Bläschen. Bislang sind sich die Mediziner jedoch uneinig, ob es sich bei den Dermatosen um ein Symptom von Covid-19 oder um eine unerwünschte Arzneimittelreaktion der Medikation handelt. Um diese Frage zu beantworten, müssten weitere Untersuchungen folgen.

Covid-19 – generalisierte Virusinfektion

Einer neuen Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zufolge kann Sars-CoV-2 auch das Herz befallen. Sars-CoV-2 könne Herzzellen infizieren und sich darin vermehren, sagte der Leiter der Studie, Dirk Westermann. Zudem sei das Virus in der Lage, die Genaktivität infizierter Herzzellen zu verändern. Allerdings ließe sich noch nicht abschließend klären, ob dies Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf von Herzpatienten habe, hieß es in einer Mitteilung. Die veränderte Genaktivität in den Herzzellen könnte Langzeitfolgen für die Gesundheit von Betroffenen haben. Künftig seien Reihenuntersuchungen an lebenden Covid-19-Patienten notwendig.

Und die Liste der Symptome geht weiter. Eine Anfang Juli ausgewertete Umfrage unter britischen Ärzten ergab nun, dass die Komplikationen weitaus schlimmer sein können – neben zerebrovaskulären Ereignissen kam es bei Covid-Patienten auch zur Entwicklung von Psychosen. Auf einer Internet-Plattform konnten die Ärzte Angaben zu auffälligen Patienten machen. Während der Hochsaison von Corona zwischen dem 2. und 26. April wurden von der Universität Liverpool dort 153 Einträge für auffällige Covid-Patienten getätigt. Die Patienten waren zwischen 23 und 94 Jahre alt. 62 Prozent hatten ein zerebrovaskuläres Ereignis erlitten: Darunter hatten 74 Prozent einen Schlaganfall. Außerdem war es bei 31 Prozent zu psychiatrischen Beschwerden gekommen: 23 Prozent entwickelten eine Enzephalopathie, 18 Prozent eine Enzephalitis. Bei 59 Prozent kam es außerdem zu Veränderungen der mentalen Gesundheit: Zehn Patienten entwickelten eine Psychose, sechs der Patienten eine demenzähnliche Störung und vier Patienten eine affektive Störung. Die Hälfte der Betroffenen mit neuropsychiatrischen Symptomen war jünger als 60 Jahre alt, Schlaganfall & Co. traten eher bei den älteren Patienten auf – 82 Prozent der Betroffenen waren über 60 Jahre alt.

 

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