Phase-III-Studie

Covid-19: ABX464 wird in Deutschland getestet

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Berlin -

Das Biotechnologieunternehmen Abivax erhält die Zulassung zur Phase-IIb/III-Studie durch die französische Arzneimittelzulassungsbehörde (ANSM). Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn hat den Wirkstoff mit dem vorläufigen Namen ABX464 zur klinischen Prüfung mit Covid-19-Patienten zugelassen.

Die Phase-IIb/III-Studie wird an insgesamt 1034 Covid-Patienten mit mindestens einem Risikofaktor, der einen schweren Verlauf bedingen kann, durchgeführt. Um bestmöglichste Aussagen über den Verlauf der Infektionskrankheit zu erlangen, sollen die Patienten so früh wie möglich, am besten sofort bei Diagnosestellung, behandelt werden. Die erste Verabreichung soll vor der vermehrten Freisetzung von Zytokinen erfolgen. Die Patienten werden einen Monat behandelt. Die Einnahme von ABX464 erfolgt oral – es wird eine Tablette täglich eingenommen. Obwohl die Prüfverfahren bei Covid-19 derzeit schneller abgeschlossen werden würden, werde es wohl bis ins kommende Jahr dauern, ehe die Ergebnisse vorlägen, sagte der deutsche Studienleiter Christoph Boesecke von der Uniklinik Bonn.

Von den 1034 Patienten in der „mir-AGE“-Studie erhalten zwei Drittel den Wirkstoff ABX464, ein Drittel erhält ein Placebo. Die Behandlung der meisten Probanden erfolgt ambulant, da sie nur eine schwache Symptomatik aufweisen. Ziel der Studie ist es, den Effekt zu zeigen, dass ABX464 den Anteil schwerer Verlaufsformen signifikant senken kann. Folglich soll der Wirkstoff auch die Sterblichkeitsrate herabsetzen.

ABX464 – ein Multitalent

Der Wirkstoff besitzt laut Aussagen von Abivax einen dreifachen Wirkmechanismus. ABX464 hat anti-inflammatorische Eigenschaften und wirkt sich positiv auf Gewebeoberflächen im Körper aus. Darüber hinaus besitzt der Arzneistoff auch antivirale Effekte: ABX464 hemmt die Replikation von Sars-CoV-2 und sei damit Remdesivir vergleichbar.

„Wir freuen uns sehr auf den Start dieser klinischen Studie von Abivax, um herauszufinden, ob eine frühzeitige, entzündungshemmende Behandlung mit ABX464 den Krankheitsverlauf der Patienten abmildern kann“, so Professor Dr. Hartmut J. Ehrlich, CEO von Abivax. ABX464 sei ein in der Entwicklung weit fortgeschrittener Wirkstoffkandidat mit einem neuartigen Wirkmechanismus. Dieser zeichne sich insbesondere durch die durch Überexpression von miR-124 induzierte, antivirale Aktivität und die Herunterregulierung wichtiger pro-inflammatorischer Chemo- und Zytokine wie TNF alpha, IL-6, MCP-1 und IL-17 aus. „Wegweisende Daten zur Wirksamkeit des Moleküls konnten bereits bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa gezeigt werden, ebenso wie ein gutes Sicherheitsprofil, das durch die Behandlung von über 300 Freiwilligen und Patienten mit HIV oder Colitis ulcerosa bestätigt wurde. Daher glauben wir, dass ABX464 in jedem Fall in dieser soliden, doppelblinden und aussagekräftigen klinischen miR-AGE-Studie im Vergleich zu Placebo an COVID-19-Patienten getestet werden sollte, bevor diese ein akutes Atemnotsyndrom entwickeln.“

Vermeidung des Zytokinsturms

Laut Abivax handelt es sich bei ABX464 um ein sehr kleines Molekül, welches in der Lage ist, die Replikation des Sars-CoV-2-Virus potenziell zu begrenzen. Durch die frühzeitige einmal tägliche Gabe soll der aktuell viel diskutierte Zytokinsturm ausbleiben, sodass es nicht zur Entwicklung einer akuten Atemnotsymptomatik (acute respiratory distress syndrome, ARDS) kommt und irreversible Lungenschäden verhindert werden können.

Bereits für andere Indikationen getestet

Sicherheit und Wirksamkeit des Prüfarzneimittels wurden für eine andere Indikation bereits 2018 belegt. In den Ergebnissen der Phase-IIa-Proof-of-Concept-Studie „ABX464-101“ zeigte sich ABX464 wirksam bei Colitis ulcerosa. Die Studienergebnisse zeigten einen statistisch signifikanten Unterschied in der Schleimhautheilung, die ein Kennzeichen für eine erfolgreiche Therapie ist. Im Vergleich zum Placebo lag die mucosale Heilung bei 50 Prozent vs. 11 Prozent. Außerdem wurde für ABX464 ein schneller Wirkungseintritt bestätigt. Bereits nach zweiwöchiger Anwendung konnte ein erster Unterschied in der Reduktion des partiellen Mayo-Scores beobachtet werden, der als Aktivitätsberurteilung der Colitis ulcerosa dient. Nach einem Zeitraum von acht Wochen war der Unterschied im Vergleich zu Placebo signifikant.

Die Patienten erhielten entweder eine Induktionstherapie mit 50 mg ABX464 einmal täglich oder Placebo. Sicherheit und Wirksamkeit wurden über einen Zeitraum von zwei Monaten bewertet. Die Studie konnte laut Hersteller sowohl die Sicherheit als auch die statistisch signifikante Wirksamkeit des Prüfarzneimittels in Bezug auf die klinischen und endoskopischen Endpunkte mit einer 3,2-fachen Verbesserung der klinischen Remissionsrate und einer 4,5-fachen Verbesserung der Schleimhautheilung gegenüber Placebo nachgewiesen werden.

Damals sagte Ehrlich: „Wir gehen davon aus, dass wir das bereits fertiggestellte Protokoll unserer angekündigten Phase-IIb-Dosisfindungsstudie mit 232 Patienten, die an mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa leiden, im Januar 2019 den Behörden vorlegen können. Darüber hinaus planen wir, Anträge zur Durchführung von zwei klinischen Studien der Phase IIa zur Behandlung von rheumatoider Arthritis und Morbus Crohn einzureichen.“ Nun kommt möglicherweise eine dritte Indikation hinzu – Covid-19.

Corona verschiebt Studienabschluss

Die Studie mit ABX464 zur Anwendung bei Colitis Ulcerosa findet an 140 Studienzentren in 17 Ländern mit 232 Patienten statt Aufgrund der aktuellen Pandemie konnten nicht alle diagnostischen Eingriffe zur Studienparameter-Überprüfung rechtzeitig durchgeführt werden, erzählt Ehrlich: „Unsere Phase-IIb-klinische Studie in Colitis ulcerosa ist natürlich nach wie vor unser größtes Projekt. Im Zusammenhang mit Covid-19 konnten in einer Reihe von Studienzentren einige Endoskopien nicht zeitgerecht durchgeführt werden […]. Der Studienabschluss wird sich aufgrund der reduzierten Patientenrekrutierung der letzten Monate um etwa vier Monate verschieben. Statt Ende dieses Jahres erwarten wir die Top-Line-Daten nun eher im Frühjahr 2021.“

 

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