Lungenkrankheit

Coronavirus: Fäkal-orale Übertragung möglich?

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Berlin -

Das neuartige Coronavirus hinter der Lungenkrankheit aus China könnte neben Tröpfeninfektion auch über das
Verdauungssystem verbreitet werden.

Chinesische Forscher haben das Virus auch in Stuhlproben und Rektalabstrichen gefunden, nachdem sie festgestellt hatten, dass einige Patienten allein Durchfall statt üblicherweise Fieber bekommen haben, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Sonntag berichtete. An der Forschung waren das Renmin Hospital der Universität Wuhan und das Virus-Institut der chinesischen Akademie der Wissenschaften in der schwer betroffenen Provinzhauptstadt von Hubei beteiligt.

Die chinesische Gesundheitskommission teilte am Sonntag in Peking mit, dass die Lungenkrankheit mit den neuen Todesfällen in Hubei nun insgesamt 304 Menschen in China das Leben gekostet habe. Die Zahl der bestätigten Erkrankungen kletterte demnach so schnell wie noch nie innerhalb eines Tages – um 2580 auf 14.380 Fälle.

Im größten Krankenhaus im chinesischen Wuhan werden – wie in den meisten anderen Kliniken der Millionenstadt – derzeit fast ausschließlich Coronavirus-Patienten behandelt. Dennoch laufe soweit alles in geregelten Bahnen, berichtete der deutsche Präsident des chinesisch-deutschen Freundschaftskrankenhauses, Eckhard Nagel. Der Professor von der Universität Bayreuth steht in engem Austausch mit seinem Kollegen in Wuhan. „Es liegt sicher keine Panik vor.“

Allerdings: „Den normalen Alltag gibt es jetzt nicht. Jeder ist ein potenzieller Notfallpatient, dementsprechend sind alle Abläufe anders als sonst“, sagte Nagel. Das Tongji-Klinikum habe hohen europäischen Standard. „Insofern sind die Kollegen auch geschult, mit schwerkranken Patienten und schwierigen Situationen umzugehen.“ Neben den nötigen Vorsichtsmaßnahmen sei vor allem die emotionale Seite belastend. Viele Patienten kämen in großer Sorge in die Notaufnahme, und die Stimmung in der unter Quarantäne gestellten Stadt sei per se niedergeschlagen.

Da Prognosen zufolge bis zu 100.000 Menschen in Wuhan infiziert sein könnten, ist laut Nagel absehbar, dass nicht mehr alle erkrankten Patienten direkt stationär aufgenommen werden können. Dabei hat das Tongji-Klinikum, das im Jahr üblicherweise 6,5 Millionen Patienten behandelt, 6000 Betten. Zum Vergleich: Europas größtes Universitätskrankenhaus, die Berliner Charité, hat 3000 Betten.

Die Versorgung und Logistik des riesigen Krankenhauses läuft zu Nagels Verwunderung offenbar trotz der Abriegelung Wuhans weiterhin gut. Allerdings würden weitere Mediziner und Pflegekräfte von außerhalb benötigt, weil die ansässigen rund um die Uhr in voller Besetzung im Einsatz seien. Auch mit Blick auf Schutzanzüge und Masken, die für die Versorgung von Isolationspatienten nötig seien, werde Unterstützung benötigt – „auch mit Produkten aus dem Ausland. Es ist nicht ausreichend, was in China im Moment zur Verfügung gestellt werden kann.“ Ebenso seien die logistischen Herausforderungen bei der Versorgung mit Lebensmitteln enorm.

Die offiziellen Zahlen über Infizierte und Todesopfer hält Nagel für plausibel. „Ich habe den Eindruck, dass die Verantwortlichen im Gesundheitswesen großes Interesse haben, wirklich transparent mitzuteilen, wie die Situation aussieht. Das Verständnis ist gewachsen dafür, dass nur, wenn wir alle Daten, die wir haben, miteinander teilen, diskutieren und bewerten, mögliche negative Folgen dieser Infektionskrankheit eingedämmt werden können.“

Glück im Unglück sei, dass seit zehn Jahren ein enger Forschungsverbund mit dem Universitätsklinikum Essen just zum Thema Infektiologie bestehe. So habe schneller ein neuartiges Virus als Auslöser für die Erkrankungswelle identifiziert werden konnte.

Die aus China ausgeflogenen Deutschen sollen mindestens 14 Tage in der Südpfalz-Kaserne in Germersheim bleiben – so lange dauert die maximale Inkubationszeit, also die Frist von der befürchteten Ansteckung bis zum möglichen Krankheitsausbruch. An dem Standort eines Luftwaffenausbildungsbataillons stehen für sie 128 Zimmer in einem 2018 fertiggestellten Gebäude bereit.

Die Passagiere waren am Samstag gegen 16.30 Uhr an Bord einer Bundeswehrmaschine in Frankfurt angekommen. Nach der Landung wurden sie untersucht. Elf von ihnen seien in die Frankfurter Uniklinik gebracht worden, sagte Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne). Bei einem von ihnen müsse geklärt werden, ob er mit dem Coronavirus infiziert sei. Die übrigen zehn seien aus anderen medizinischen Gründe ins Krankenhaus gebracht worden, erläuterte Klose. Insgesamt seien 124 Passagiere in Frankfurt gelandet: 100 Deutsche, 22 Chinesen, ein US-Bürger und ein Rumäne.

Etwa 150 Infektionen sind bislang außerhalb Chinas bekannt, davon acht in Deutschland. Am Sonntag meldete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den ersten bestätigten Todesfall außerhalb der Volksrepublik: Ein am 21. Januar auf die Philippinen gereister Chinese aus Wuhan sei am Samstag gestorben, seine Begleiterin erkrankt. Bei ihnen handelt es sich laut WHO um die einzigen nachgewiesenen Infektionsfälle auf den Philippinen. Mögliche Kontaktpersonen würden untersucht.

Alle in Deutschland bestätigten Fälle stehen im Zusammenhang mit der Firma Webasto in Bayern. Darunter sind sieben Angestellte des Autozulieferers, außerdem hat einer von ihnen sein Kind angesteckt. Am Samstag hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gesagt, die zu dem Zeitpunkt sieben registrierten Infizierten seien alle „in sehr gutem gesundheitlichem Zustand“.

Mit Blick auf die Angehörigen der Infizierten in Bayern, die nun teilweise von ihrer Umgebung gemieden würden, betonte Spahn, die Bevölkerung solle „zwar mit Wachsamkeit, aber auch mit der nötigen Gelassenheit“ mit dem Thema Coronavirus umgehen. „Was mir am meisten Sorgen macht, sind die Verschwörungstheorien aller Art, die zurzeit in sozialen Medien verbreitet werden und die nur ein Ziel haben: Unsicherheit zu verbreiten.“

Ein weiterer mit dem Virus infizierter Deutscher wurde auf der Kanareninsel La Gomera registriert. Es ist der erste bekannte Fall in Spanien. Der Mann sei mit einem der in Deutschland infizierten Patienten in Kontakt gewesen, teilte die spanische Regierung mit.

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