Die neue Teststrategie sieht vor, dass Antigen-Schnelltests im größeren Umfang als bisher eingesetzt werden sollen. Hierdurch sollen zum einen die Labore entlastet werden, zum anderen sollen Besuche in Kranken- und Pflegeeinrichtungen ermöglicht werden. Kommt es zur Aufhebung des Arztvorbehaltes, könnten auch Apotheken gefragt sein. Bei der Durchführung von Coronatests müssten einige Dinge beachtet werden. Ein Überblick über offene Fragen und kommende Herausforderungen – auch als Download.
Der Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht eine Aufhebung des Arztvorbehaltes für die Durchführung eines Corona-Schnelltests vor. Aufgrund europaweit steigender Infektionszahlen haben auch andere Länder ihre Teststrategie geändert: In der Schweiz dürfen Apotheker seit dieser Woche Tests durchführen. Vorerst werden nur Nasen-Rachen-Abstriche für PCR-Tests genommen. Eine Ausweitung auf Antigen-Schnelltests halten die Schweizer Kollegen für möglich. Deutsche Apotheken könnten vom Wissensvorsprung der Schweizer profitieren. So liegen in den Apotheken bereits gute Konzepte zur Terminvergabe, einheitliche Anmeldeformulare, Anforderungen an die Qualifikationsschulung und ein Abfallmanagement vor.
Apotheker müssen vor der Durchführung eines Nasen-Rachen-Abstrichs eingehend geschult werden. In der Schweiz sieht der Apothekerverband eine eintägige Schulung mit theoretischem und praktischem Teil als ausreichend an. Im Theorieteil werden sämtliche medizinischen Aspekte des Abstrichs erläutert sowie der Umgang mit den notwendigen Materialien erklärt. „Danach wird praktisch zunächst an Modellen geübt“, erläutert eine Mitarbeiterin des Schweizer Weiterbildungsinstituts Careum. Die Schulungen müssen nicht zwingend durch ärztliches Personal erfolgen. „Auch aus der Pflege stehen hochqualifizierte Fachpersonen hierfür zur Verfügung.“ Ähnliche Schulungen müssten auch hierzulande für Apotheker und PTA zu Verfügung stehen.
Generell müsste geregelt werden, wer die Abstriche durchführen darf. In der Schweiz führen nur Apotheker den Test durch, doch hier existiert auch kein gleichwertiger Beruf zur PTA. Die Apotheke sollte auch über die Anzahl der Kollegen nachdenken, die die Testungen durchführen: Entweder könnten alle Mitarbeiter im Wechsel testen oder nur einzelne qualifizierte Mitarbeiter. Diese Entscheidung hängt auch maßgeblich von der Teamgröße ab: Je mehr Angestellte, desto leichter wird es, einen Mitarbeiter allein für die Testungen inklusive Dokumentation und Aufklärung bereit zu stellen.
Auch die Frage nach den Testzeiten sollte direkt zu Beginn geklärt werden. In zahlreichen Hausarztpraxen ist ein Coronatest nur zu bestimmten Uhrzeiten und an bestimmten Tagen möglich. Dieses Konzept könnte die Apotheke übernehmen, genauso wie das System der Online-Terminvergabe, so können unangekündigte Personen vermieden werden. Einen weiteren Vorteil der Vorabbuchung: Mögliche Symptome wie Fieber oder Husten könnten bereits online übermittelt werden, sodass die Apotheke darauf in geeigneter Weise reagieren kann.
Ohne feste Testzeiten kann es, je nach Nachfrage, zu Warteschlangen vor der Offizin kommen. Menschenansammlungen sollten – insbesondere während der regulären Öffnungszeiten – vermieden werden. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, sollte die Apotheke ein Zeitfenster pro Testung festlegen. Der Abstrich an sich dauert, sofern der Patient kooperativ ist, nur eine Minute. Die Dokumentation und Aufklärung, die Auswertungszeit sowie Nacharbeiten (Reinigung, Meldepflicht) nehmen weitaus mehr Zeit in Anspruch. Ein Testdurchlauf könnte zeigen, welches Zeitfenster angemessen ist.
Als Ort der Durchführung eignet sich die Beratungsecke. Hier kann der Patient sich setzen und den Kopf leicht nach hinten kippen. Für ängstliche Personen empfiehlt es sich, den Kopf an eine Wand anzulehnen, das reduziert das Verletzungsrisiko durch unkontrollierte Bewegungen. Auch denkbar wäre eine Durchführung der Tests durch die Notdienstklappe. Hierfür müsste die Testperson die Apotheke nicht betreten, eine spätere Reinigung von Oberflächen & Co. würde entfallen. Bei Öffnung der Klappe entsteht allerdings ein Luftstrom nach innen, sodass der Mitarbeiter den Aerosolen ausgesetzt sein könnte. Zum Mindeststandard der Schutzausrüstung gehören daher eine FFP2-Maske ohne Ventil, ein zusätzliches Visier und Untersuchungshandschuhe. Die Apothekenmitarbeiter, die die Testungen regelmäßig durchführen, sollten selbst auch regelmäßig getestet werden. Der Apothekenleiter sollte hierfür ein Intervall festlegen.
Jede Testung sollte dokumentiert werden. Neben den personenbezogenen Daten sollten auch das Testergebnis und die Adresse des Hausarztes notiert werden. Analog zu anderen Dokumentationen in der Apotheke sollte der verwendete Test mit Namen, Charge und Verfall notiert werden. Für die Abrechnung über die Krankenkasse müssten Fragen zur Kostenübernahme geklärt werden. In der Schweiz werden die Kosten bei symptomatischen Patienten zum größten Teil vom Bund bezahlt. Der Kunde muss nur die Kosten für den Abstrich übernehmen. Die neue Teststrategie sieht hierzulande auch Schnelltests für Besucher von Pflegeheimen vor. Hier erfolgt die Kostenregelung aktuell über die Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus Sars-CoV-2. Zur Dokumentation sollte auch eine Einwilligungserklärung des Patienten zur Durchführung des Tests gehören. Die Apotheken könnten überlegen, ob der Patient Teile der Dokumente als Doppel zur Vorlage beim Hausarzt erhält.
Aktuell ist vorgesehen, dass jeder positive Antigen-Schnelltest durch einen PCR-Test bestätigt werden muss. Der Abstrich hierfür würde beim Hausarzt durchgeführt werden. Einige Hausärzte empfehlen auch die Durchführung von zu Hause aus, um das Infektionsrisiko für andere Personen zu minimieren. Bei einem positivem Antigen-Schnelltest in der Apotheke sollte Kontakt mit dem Arzt aufgenommen werden. Danach können Apotheker und PTA das weitere Vorgehen mit dem Patienten besprechen. Es sollte über die eventuell bevorstehende Quarantäne informiert werden. Auch die Führung eines Symptomtagebuches kann empfohlen werden.
Der anfallende Abfall muss gesondert entsorgt werden. Denn potenziell infektiöses Material muss in speziellen Sammelbehältnissen gelagert werden. Bisher verfügen die Apotheken nur über einen normalen Kanüleneimer. Geeignet sind Behälter mit dem „Biohazard“-Warnsymbol. Dieses muss gut lesbar sein. Jeder Abstrichtupfer sollte zuvor in eine Tüte oder ein Röhrchen gelegt werden. Weitere Verbrauchsmaterialien wie Maske oder Handschuhe können auf normalem Weg entsorgt werden, da von diesen Gegenständen kein erhöhtes Infektionsrisiko ausgeht.
Eine nachgewiesene Erkrankung muss von den Ärzten aktuell binnen 24 Stunden an das Gesundheitsamt gemeldet werden. Gleiches gilt bei Genesung des Patienten. Der Entwurf zum Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht vor, dass die Datenübermittlung zukünftig täglich automatisch an folgende Einrichtungen erfolgt: Bundesgesundheitsministerium, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, GKV-Spitzenverband und Deutscher Krankenhausgesellschaft. Welche Meldepflichten sich durch ein vorliegendes positives Ergebnis eines Antigen-Schnelltests ergeben, ist noch offen.
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