Corona und Influenza – Anspruch auf Testung Alexandra Negt, 19.10.2020 14:56 Uhr
Bisher hatten Personen, die typische Corona-Symptome zeigten, Anspruch auf einen Sars-CoV-2-Test, in der Regel basierend auf der PCR-Methode. Nun sollen die Testungen ausgeweitet werden – vermehrt sollen auch Antigen-Schnelltests eingesetzt werden, um die Labore zu entlasten. In dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite werden zusätzlich Influenza-Tests erwähnt. Alle Bürger sollen demnach einen Anspruch auf beide Nachweise haben – Sars-CoV-2 und Grippe.
Aktuell haben alle Bürger, unabhängig von ihrem Versichertenstatus, Anspruch auf einen Test zum Nachweis von Sars-CoV-2. So heißt es in § 201 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB V): „Das Bundesgesundheitsministerium wird, sofern der Deutsche Bundestag nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, ermächtigt, nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Versicherte Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 oder auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 haben […].“
Nun soll der Anspruch für Testungen zum Nachweis von Infektionskrankheiten laut Entwurf erweitert werden. Die vorliegende Änderung sieht vor, dass der Anspruch sich nicht allein auf Sars-CoV-2 beschränken soll. Der gesetzlich verankerte Anspruch auf einen Influenza-Nachweis für alle Bürger soll „zur Bewältigung zeitlich überlappender Infektionsgeschehen“ beitragen. Diese Regelung tritt automatisch ein Jahr nach Inkrafttreten oder auf Verlangen des Deutschen Bundestages außer Kraft.
Grippe-Schnelltest ermöglicht schnellen Therapiebeginn
Auch zum Nachweis von Influenza A oder B existieren Schnelltests, die binnen 15 Minuten ein zuverlässiges Ergebnis liefern. Diese Schnelltests vermeiden kritische Zeitverluste für eine rechtzeitige Behandlung und zusätzliche Kosten durch Labornachweisverfahren. Bei Verdacht und entsprechenden Symptomen wie Fieber und Gliederschmerzen macht der Arzt einen Nasen-Rachen-Abstrich. Die Durchführung ähnelt der eines Corona-Antigen-Schnelltests. Auch hier unterscheiden sich die Sensitivitäts- und Spezifitätswerte je Test, auch hier liefert die PCR-Methode weiterhin die zuverlässigeren Ergebnisse.
Durch die parallele Durchführung eines Corona- und eines Grippe-Tests können bessere Differentialdiagnosen gestellt werden. Ob auch ein Grippetest zukünftig von Nichtmedizinern durchgeführt werden kann, ist aktuell noch offen. Bisher wurde nur der Erreger Sars-CoV-2 in die Liste der Infektionskrankheiten aufgenommen, bei denen die In-vitro-Diagnostik durch patientennahe Schnelltests nicht ausschließlich durch einen Arzt erfolgen darf.
§5 IfSG sieht bereits jetzt vor, dass bei Vorliegen „einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite […] die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten“ nicht nur Ärzten, sondern auch folgenden Berufsgruppen erlaubt ist: Altenpflegern, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern, Gesundheits- und Krankenpflegern, Notfallsanitätern und Pflegefachkräften. Die Ausübung dieser Tätigkeiten ist dann gestattet, wenn „die Person auf der Grundlage, der in der jeweiligen Ausbildung erworbenen Kompetenzen und ihrer persönlichen Fähigkeiten in der Lage ist, die jeweils erforderliche Maßnahme eigenverantwortlich durchzuführen und der Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten nach seiner Art und Schwere eine ärztliche Behandlung im Ausnahmefall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht zwingend erfordert, die jeweils erforderliche Maßnahme aber eine ärztliche Beteiligung voraussetzen würde, weil sie der Heilkunde zuzurechnen ist“.
Aushebung des Arztvorbehaltes
Im Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite bleibt dieser Paragraph unberührt – den genannten Berufsgruppen müsste eine Durchführung dieser Tests innerhalb einer epidemischen Lage demnach erlaubt sein. Um die Durchführung der Schnelltests weiter auszuweiten und gleichzeitig die Labore zu entlasten, soll die Regelung zur Durchführung heilkundlicher Tätigkeiten weiter gelockert werden. Eigentlich darf die Feststellung einer im IfSG genannten Infektionskrankheit nur durch einen Arzt erfolgen. §24 IfSG beinhaltet auch Ausnahmen. Hierzu zählen In-vitro-Diagnostika, die für patientennahe Schnelltests zur Testung auf HIV, Hepatitis-C-Virus und Treponema pallidum verwendet werden. Diese drei Infektionskrankheiten werden nun um Sars-CoV-2 ergänzt.
Sollte es zu Testungen in der Apotheke kommen, müssten weitere Rahmenbedingungen abgeklärt werden. Es müsste klargestellt werden, ob auch PTA diese Tests durchführen dürfen und welche Schulungen die Apothekenmitarbeiter absolviert haben müssen. Wie geht die Apotheke mit positiv getesteten Kunden und eventuellen Meldepflichten um? Und wie werden die benutzten Abstrichtupfer entsorgt? Auch die Frage nach dem Ort der Durchführung stellt sich: Im Allgemeinen bietet sich für die Testung die Beratungsecke an, doch potenzielle Corona-Patienten dürfen nicht zum Risiko für die Apotheken und ihre Kunden werden. Grippe-Schnelltests scheinen auch nach dem neuen Gesetzesentwurf weiterhin in die Hände eines Artzes zu gehören.