Italien/Spanien

Corona-Tote: Trauer um verstorbene Apotheker

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Berlin -

Im Kampf gegen das Coronavirus stehen Apotheker und PTA an vorderster Front – oft mit dem Risiko, sich selbst anzustecken. Während die erste Infektionswelle hierzulande gerade noch unter Kontrolle gebracht werden konnte, wurden Italien und Spanien besonders hart getroffen. In beiden Ländern wird um Dutzende verstorbene Kollegen getrauert – und öffentlich an ihre Schicksale erinnert.

Am 18. März verstarb Dr. Lorenzo Repetto, Inhaber der Apotheke Saint Vincent im Valle Aosta, an den Folgen von Covid-19. Der 64-Jährige war der erste Apotheker in Italien, der dem Virus nachweislich zum Opfer fiel. Drei Tage später verstarb im Krankenhaus von Pavia Raffaele Corbellini, Inhaber einer Apotheke in Lodi in der Lombardei. Und am 25. März wurde Paolo D’Ambrogi, Inhaber einer Parapharmazie in Nettuno (Rom), das dritte Opfer.

Dass die Namen und Schicksale dieser und anderer Apotheker bekannt gemacht werden, gehört in Italien zum Umgang mit der Krise: Damit die Opfer nicht in der Statistik verschwinden, wird ihrer immer wieder öffentlich gedacht. Der Apothekerverband Federfarma hat auf seiner Website jedem einzelnen Kollegen einen Nachruf gewidmet, auch in der Fachpresse wird die Erinnerung an die verstorbenen Apotheker wachgehalten. Selbst regionale und überregionale Tageszeitungen wie „Corriere della Sera“ nehmen Anteil am Schicksal der Pharmazeuten.

Nicht selten sind es Geschichten von Menschen, die am Ende eines erfüllten Berufslebens noch immer täglich in ihrer Apotheke standen und stets ein Lächeln und einen guten Rat für ihre Kunden hatte. Kollegen, die in der Krise bis zum Schluss für die Patienten da waren, so wie Fernando Marcantonio (64), Inhaber einer Apotheke in Mariano Comense und Bruder des Vizepräsident von Federfarma Lombardia, oder Francesco Giglioni aus Marina di Pisa (73), der vor Ausbruch der Krankheit 40 Tage lang seine Kunden mit Atemmaske versorgt hatte.

Geschichten von Menschen wie Antonio Tilli (58), Direktor der städtischen Apotheke von Pontassieve (Florenz), oder Luigi Francesconi (75), ehemaliger CEO der kommunalen Apotheken in Piacenza, die wegen Atemproblemen ins Krankenhaus mussten und teilweise nach wochenlanger intensivmedizinischer Behandlung eigentlich auf dem Weg der Besserung waren – und die dem Virus dann doch noch plötzlich zum Opfer gefallen sind.

Nicht nur im Kollegenkreis fehlen die Verstorbenen, auch in ihren Heimatgemeinden werden sie von ihren Kunden vermisst. Für die Angehörigen ist neben dem Verlust vor allem der fehlende Abschied, der sie verzweifeln lässt. So beschreibt der Ehemann von Angela Casotti (58), Inhaberin einer Parapharmazie in einem Coop-Supermarkt in Fidenza, in einer Regionalzeitung seinen Schmerz darüber, dass er nicht die Möglichkeit hatte, seiner Frau die Hand zu halten: „Ich weiß nicht, wie viele Nachrichten ich ihr gesendet habe, aber ich habe nie eine Antwort erhalten. Sie sind alle da, am Telefon. Sie konnte mir nicht antworten. Sie wurde intubiert. Und dann dieser Anruf, der ein gemeinsames Leben beendet.“

Bis Ende Mai sind in Italien 18 Apotheker nachweislich an den Folgen von Covid-19 verstorben. Oft waren es Apotheker in kleinen Gemeinden auf dem Land. Drei von vier Opfern waren Männer. Das Durchschnittsalter lag bei 72 Jahren, die beiden jüngsten Opfer waren 58, das älteste 93 Jahre. In der Lombardei, in der das Virus am schlimmsten grassierte, sind sechs Kollegen verstorben, jeweils drei in den Regionen Emilia-Romagna und Toskana. Doch auch in Mittelitalien und im Nordwesten gibt es Todesopfer unter den Pharmazeuten. Insgesamt waren mehr als 1000 Apotheker an Covid-19 erkrankt.

Auch Spanien hat das Coronavirus mit voller Wucht getroffen. Hier verstarben bis Ende Mai 17 Apotheker und zwei PTA an den Folgen der Infektion. Mit zwölf Todesopfern war Madrid am stärksten getroffen. Zwei Todesfälle wurden aus Ciudad Real gemeldet, weitere aus La Rioja, Granada, A Coruña, Valencia und Alicante.

Zum Höhepunkt der Krise waren gleichzeitig 493 Apothekenmitarbeiter aus 271 Apotheken erkrankt oder in Quarantäne. Die Versorgung konnte immer aufrecht erhalten werden: Maximal 65 Apotheken mussten vorübergehend parallel geschlossen werden.

Einen Todesfall unter Apothekern gab es auch in Belgien, in Großbritannien waren es zwei. Der Präsidemt des EU-Apothekerverbandes PGEU sprach schon im März den Kollegen und Familien der Verstorbenen sein aufrichtiges Beileid aus. „In diesen schwierigen Zeiten dienen Apotheker ihren Gemeinden mit einem großen Gefühl von Opferbereitschaft und Großzügigkeit.
Sie arbeiten mit Druck, der noch nie zuvor erlebt wurde, und gefährden ihr Leben – insbesondere wenn sie nicht über die erforderliche Schutzausrüstung verfügen – um sicherzustellen, dass alle Patienten ständigen Zugang zu den therapeutischen Behandlungen haben, die sie benötigen. Wir sind zuversichtlich, dass wir durch die Zusammenarbeit die Krise überwinden.“

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