Unsicherheit zur Rechtslage

Corona-Schnelltests: Grauzonen statt klarer Regeln

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Berlin -

Die Nachfrage nach Schnelltests ist groß – viele Bürger wünschen sich Gewissheit darüber, ob sie bereits eine Corona-Infektion hatten oder nicht. Apotheken können seit kurzer Zeit Schnelltests von verschiedenen Herstellern beziehen. In Österreich bieten Apotheken bereits die Durchführung und Auswertung an. Hierzulande ist die Situation unübersichtlicher, vielleicht auch deshalb, weil die Durchführung der Tests durch Pharmazeuten immer mehr in die Kritik gerät. Einige Apotheker geben die Tests an Kunden ab, anderen wurde der Verkauf seitens der Regierung bereits verboten. Ein Apotheker in Rosenheim wiederum hatte schon Tests bestellt und eine große Aktionswoche angekündigt – musste dann aber wieder zurückrudern.

In der Adler-Apotheke im bayerischen Sonthofen gibt Apotheker Hans-Peter Keiß seit einer Woche Schnelltests ab. Die Nachfrage sei so groß, dass der erste Bestand bald vollständig abgegeben sei. „Die Kunden wollen wissen, ob sie eine Infektion bereits durchlebt haben“, erzählt der Apotheker. In seiner Apotheke führt er die Tests allerdings nicht durch. „Wir geben die Antikörper-Schnelltests auch nur an Kunden ab, bei denen wir den Einsatz als sinnvoll empfinden. Die Durchführung wird natürlich erklärt. Wir weisen auch darauf hin, dass bei einem positiven Testergebnis das weitere Vorgehen mit dem Arzt besprochen werden sollte.“ Bisher scheint die Durchführung für die Kunden unproblematisch. Lediglich ein Kunde wäre ein zweites Mal in die Apotheke gekommen: „Der Kunde hatte das Blut in das mit dem Buchstaben „B“ deklarierte Feld geträufelt. In der Anleitung steht es natürlich anders drin – die Assoziation war aufgrund der Deklaration des Testfeldes da. Er kaufte einen zweiten Test“, erinnert sich Keiß.

Die Handhabung sei laut dem Apotheker gut machbar. Bevor er den Test für die Kunden anbot, hatte er selbst eine Durchführung vorgenommen. Die Testung hat er Schritt für Schritt gefilmt. „Zur Durchführung liegt alles bei, von Einmallanzette bis zum Alkoholtuch.“ Er empfindet die Durchführung sogar simpler als bei einem HIV-Test. Und das sei auch gut so, denn der Bedarf sei extrem hoch. Im Ort selbst würde das Angebot auf großes Interesse stoßen, auch weil viele Arztpraxen momentan nur halbtags geöffnet haben und dem Ansturm nicht gerecht werden könnten. Keiß geht davon aus, dass die Tests einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des Virus leisten können.

Der Apotheker hat sich genauestens darüber informiert, was die Tests können und was nicht. Er hat sich mit der Sensitivität und der Spezifität auseinandergesetzt. Interessierten Kunden erklärt er die Funktionsweise und betont, dass der Test nur Antikörper nachweisen kann und sich von der in Kliniken gängigen PCR-Methode unterscheidet. Dass die Tests funktionieren, kann er bestätigen: „Wir haben den Test auch an Personen durchgeführt, die nachgewiesen an Covid-19 erkrankt waren. Das Ergebnis war positiv.“

Auch im baden-württembergischen Ulm wollte ein Apotheker einen Beitrag während der Pandemie leisten und bot Antikörper-Schnelltests zum Verkauf an. Apotheker Timo Ried verkaufte die Tests in seinen Apotheken genau einen Tag lang, bevor es ihm vom Regierungspräsidium untersagt wurde. Ried ging davon aus, dass dieser Test sowohl für verunsicherte Bürger als auch für deren Ärzte und gerade auch für die vielen Betriebe in der Region in der aktuellen Situation eine echte Hilfe darstellen würde.

„Ich habe mich gefragt, welchen Beitrag ich als Apotheker leisten könnte und setzte mich mit den Antikörper-Schnelltests auseinander. Ich dachte anfangs, das sei eine gute Möglichkeit, immerhin habe ich alle Kunden umfangreich über die Methodik und Zuverlässigkeit der Tests informiert.“ Doch Ried räumt seinen Fehler ein: „Der Covid-19-Schnelltest gehört in die Hände eines Arztes. Ich darf dieses Produkt nicht an den Kunden abgeben. Als Apotheker kann ich während der Pandemie eher an anderer Stelle helfen – bei der Beschaffung von Masken und der Herstellung von Desinfektionsmitteln beispielsweise.“ Er hat zusammen mit den umliegenden Arztpraxen einen neuen Weg gefunden, wie er besorgten Patienten helfen kann: „Wir haben die Tests immer noch an Lager, doch geben wir sie nur in Form eines Gutscheins an den Patienten ab. Dieser geht mit dem Gutschein dann zu seinem Hausarzt und lässt den Test dort durchführen. Bezahlt wird in der Apotheke.“

Ried rät seinen Kollegen vom Verkauf ab: „Keiner soll in die gleiche Falle tappen wie ich. Man muss abwarten, bis die Tests für den Heimgebrauch zugelassen sind, aber das kann dauern.“ Verglichen mit der Zeit, die es gedauert hat, bis HIV-Tests für die Durchführung durch den Endkunden zugelassen worden sind, könnte es Jahre in Anspruch nehmen, bis ein Covid-19-Schnelltest für zu Hause am Markt erhältlich ist.

Apotheker Thomas Riedrich wiederum hat den Fehler vermieden, vor dem Ried warnt – dafür aber einen anderen gemacht. Riedrichs Optymed-Apotheken hatten nämlich bereits eine „Corona-Testwoche“ für die Zeit vom 20. bis 24. April angekündigt. Nach vorheriger Terminabsprache sollten sich Patienten in der Apotheke testen lassen können. „Ab sofort steht ein zuverlässiger Schnelltest zur Verfügung, der Antikörper auf das SARS-CoV-2-Virus nachweisen kann. Hierzu wird ein Tropfen Blut aus der Fingerspitze entnommen, das Ergebnis erhält man bereits nach 10 Minuten“, so Riedrich in einer Mitteilung. „Der Test kostet 19,80€, ein ärztliches Rezept wird dafür nicht benötigt. Terminreservierung ist in allen Filialen der Optymed Apotheken möglich.“

Doch dann musste er zurückrudern, weil der Hersteller keine Zertifikate für die Tests vorlegen konnte. „Ich war voreilig“, räumte Riedrich gegenüber dem Oberbayerischen Volksblatt (OVB) ein. Eigentlich wollte er in der Aktionswoche 500 Antikörper-Tests verkaufen. Es wäre ein gutes Geschäft gewesen, aber es kam nicht zustande. Denn die Tests hielten nicht, was die Firma ihm versprach: „Mir war eine Zertifizierung des Tests versprochen worden“, so Riedrich. „Es hat sich dann aber herausgestellt, dass nur die Firma zertifiziert war, nicht aber der Test selbst.“ Dass die Tests nicht seinen Ansprüchen genügen, habe er erst auf Nachfrage erfahren: „Die haben gekniffen, als ich das Zertifikat verlangt habe.“

Zwar war das die richtige Entscheidung – schlecht steht Riedrich nun aber trotzdem da. „Seit dem Morgen haben sicher schon hundert Menschen angerufen“, berichtete er am Dienstag dem OVB – doch der Apotheker musste die Patienten enttäuschen. Er könne die Entrüstung verstehen, aber eben nichts daran ändern. „Es hilft ja auch nichts, wenn ich die Leute zahlen lasse, dann aber bei der Beratung sage, Sie hatten vor 14 Tagen Covid-19, es kann aber auch eine Grippe oder Erkältung gewesen sein“, so Riedrich. Immerhin hat er keinen finanziellen Schaden davongetragen: Geld hatte er für die Bestellung noch keins gezahlt. Nach eigenen Angaben hatte Riedrich auch das Gesundheitsamt über die neuen Tests informiert – aber dessen Antwort nicht abgewartet. Denn vielerorts herrscht noch Ungewissheit bezüglich der rechtlichen Zulässigkeit solcher Tests.

Dabei ist die aktuelle rechtliche Lage eigentlich recht klar: In Deutschland sind In-vitro-Diagnostika (IVD) für die Anwendung durch den Endkunden aktuell nur zum Nachweis von drei Erregern erlaubt – Sars-CoV-2 gehört nicht dazu. Die momentan verfügbaren Antikörper-Schnelltests dürfen laut Gesetz nur von Ärzten durchgeführt werden:

§24 Infektionsschutzgesetz (IfSG)

„Die Feststellung oder die Heilbehandlung einer […] Krankheit oder einer Infektion […] darf nur durch einen Arzt erfolgen. Dies gilt nicht für die Anwendung von In-vitro-Diagnostika, die für patientennahe Schnelltests bei Testung auf HIV, Hepatitis-C-Virus und Treponema pallidum verwendet werden.“

Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festlegen, dass die Anwendung von weiteren In-vitro-Diagnostika durch den Endkunden erlaubt werden darf.

Laut Aussagen einiger Hersteller, darunter Nanorepro und Pharma-Peter, darf die Durchführung auch von anderem Fachpersonal vollzogen werden. Neben Ärzten gehörten somit auch Apotheker zu dem Fachpersonal, welches die Tests durchführen darf. Die Auslieferung der Tests an Apotheken als Zwischenhändler darf erfolgen:

§3 Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV)

„In-vitro-Diagnostika, die für den direkten oder indirekten Nachweis eines Krankheitserregers für die Feststellung einer in § 24 IfSG genannten Krankheit bestimmt sind […], dürfen nur abgegeben werden an: Ärzte, ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen, Großhandel und Apotheken, Gesundheitsbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, Blutspendedienste, pharmazeutische Unternehmen und Beratungs- und Testeinrichtungen für besonders gefährdete Personengruppen.“

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