Arzt fordert weitere Entschwärzungen

Corona-Protokolle: Austausch sollte vertraulich bleiben

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Berlin -

Der Frankfurter Arzt Dr. Christian Haffner hat die Debatte um die Aufarbeitung der Corona-Pandemiemaßnahmen wieder angeheizt: Seine Klage auf Veröffentlichung der Protokolle hatte bereits Ende März Wellen geschlagen. Die erschienenen Protokolle des Krisenstabs beim Robert-Koch-Institut (RKI) zeigten den hintergründigen Umgang mit der ersten Zeit der Corona-Pandemie. Nun bekam Haffner auch die Protokolle des Expert:innenrats der Bundesregierung aus der Zeit von Ende Dezember 2021 bis zum April 2023 zugeschickt. Auch hierin lässt sich das Abwägen zwischen Virologie und politischer Entscheidung erkennen. Der Arzt will weiter für Entschwärzungen kämpfen.

Den weiteren 33 Protokollen folgt auch ein Schreiben des Bundeskanzleramtes. Nachdem die Dokumente nun „weitgehend entschwärzt“ wurden, gehe man davon aus, „dass sich durch die weitgehende Entschwärzung der Protokolle die Klage vollumfänglich erledigt hat […]. Der zu erwartenden Erledigterklärung des Klägers schließt sich die Beklagte [die Bundesrepublik Deutschland, Anm. d. Red.] bereits jetzt an.“

Die „verbliebenen – minimalen – Schwärzungen“ seien unter anderem zum Schutz Dritter, der öffentlichen Sicherheit, fiskalischer Interessen und zum Schutz der bilateralen Beziehungen zu China, heißt es. Bei den „fiskalischen Interessen“ geht es um geschwärzte Textpassagen, die womöglich „Rückschlüsse auf eine Bewertung bestimmter Pharmahersteller, Pharmapräparate (Medikamente oder Impfstoffe) beziehungsweise Bezugsquellen von Medikamenten zulassen“.

Wie genau das weitere Procedere aussehen wird, weiß Haffner noch nicht. Er wolle erst die Urteilsverkündung in voraussichtlich zwei Wochen abwarten. „Werden für uns wichtige Schwärzungen nicht aufgehoben, gehen wir in die nächste Instanz. Es kann aber auch sein, dass das Bundeskanzleramt Rechtsmittel einlegt. Daher müssen wir das erst einmal abwarten“, so der Frankfurter Allgemeinmediziner.

Lauterbach will Aufarbeitung

Der erste Teil der Corona-Protokolle sorgte bereits für eine breite öffentliche Debatte; Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ging in die Transparenz-Offensive. Lauterbach räumte bereits nach dem Ende der Corona-Pandemie ein, „dass man im Nachhinein den einen oder anderen Weg, der damals beschritten wurde, anders beschreiten würde“. Auch einer politischen Aufarbeitung steht er seitdem offen gegenüber. Direkt im Nachgang der Pandemie sei das so noch nicht möglich, sagte er damals.

Auch die internen Protokolle bestätigen diese Sichtweise. „Eine abschließende Lessons-Learned-Stellungnahme wird von den meisten Mitgliedern und auch BundesministerLauterbach abgelehnt, da die umfassende wissenschaftliche Bewertung innerhalb kurzer Zeit und mit den Ressourcen des Gremiums nicht möglich erscheint.“

Abschließend hieß es zur Gesamtlage: „Durch breite Immunität in der Bevölkerung ist das Ende der Pandemie in vielen Ländern einschließlich Deutschland erreicht. Diese Immunität wurde vor allem durch die Impfungen erreicht. Insbesondere Booster-Impfungen führten zu einer vergleichsweise harmlosen Omikronwelle.“

Abwägungen um Außenwirkung

Für den internen Diskurs einigten sich die Beteiligten des Expert:innenrates zu Beginn ihrer Zusammenfindung bezüglich der öffentlichen Kommunikation: „Die Mitglieder verständigen sich darauf, dass in der Kommunikation nach außen Zurückhaltung gewahrt wird, um die Vertraulichkeit des fachlichen Austauschs zu schützen, Zitate oder Aussagen mit Rückschlüssen auf die interne Meinungsbildung sollen vermieden werden.“ Dabei ging es vor allem darum, geeint aufzutreten und keine unnötigen Diskussionen in der Öffentlichkeit zu entfachen.

Verständigt wurde sich zumeist über das aktuelle Pandemie-Geschehen sowie über die weitere Strategie. Auch die Kommunikation der internen Ergebnisse nach außen nahm immer eine wichtige Rolle in den meist zwei bis drei Stunden dauernden Sitzungen ein. So gab es beispielsweise auch eine Debatte um den Vorschlag Lauterbachs, Gastronomie und Handel nur für „Geboosterte“ zu öffnen.

Zur anschließenden Diskussion heißt es im Protokoll: „Hierbei wurden die epidemiologische Sinnhaftigkeit, gesellschaftspolitische Wirkung (Umgang mit Menschen, die nicht geboostert werden können, Realisierbarkeit von Boosterimpfangeboten für alle etc.) beleuchtet. Kommunikativ wichtig sei Definition der Zielrichtung weiterer Maßnahmen, um die Eignung einer Maßnahme zu prüfen. Ergänzende Maßnahmen seien zu forcieren (z. B. Vorschlag, FFP2-Maskenpflicht in allen Innenbereichen zu tragen).“

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