Corona-Impfung: Wer braucht den Booster nach dem Booster? dpa, 14.01.2022 11:46 Uhr
Diese Hoffnung hatten viele: Boostern lassen und die Pandemie ist endlich vorbei. Doch es könnten weitere Impfungen folgen. Wie oft und wie lange müsste das sein?
Die nachlassende Wirkung der Corona-Impfstoffe und neue Varianten des Coronavirus haben die Hoffnung gedämpft, die Pandemie schnell in den Griff zu bekommen. Die Grundimmunisierung reicht schon lange nicht mehr, um Covid-19 hinter sich zu lassen. Das aktuelle Zauberwort heißt Booster, danach könnte gar der Booster-Booster folgen. In Israel – Vorreiter bei den Corona-Impfungen – wird diese vierte Dosis besonders von Corona gefährdeten Menschen schon verabreicht. Sie bewirkt zwar einen erneuten Anstieg der Antikörper. Kurz nach der vierten Impfung sei man aber wieder auf demselben Stand wie kurz nach der dritten, ergaben die israelischen Daten. Heißt das, dass wir uns etwa alle drei bis vier Monate erneut gegen das Coronavirus impfen lassen müssen?
Sebastian Ulbert, Impfstoff-Forscher vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, unterscheidet bei dieser Frage zwischen immungesunden und immunschwachen Menschen. Das bedeutet: Die Gabe einer vierten Dosis kommt für Ulbert vorerst nicht für alle infrage, sondern wie in Israel primär für Ältere und Risikogruppen. Auch Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), sieht eine vierte Dosis eher für Hochbetagte. Derzeit gehe es auch darum, besonders Altenheime vor Omikron zu schützen. Einige Menschen aus bestimmten Gruppen, wie Transplantierte zum Beispiel, hätten sich auch schon vier Mal impfen lassen, berichtet die Immunologin.
Für den größten Teil der Bevölkerung spiele der Booster-Booster aber vorerst keine Rolle. „Die vierte Impfung braucht die Normalbevölkerung mit gesundem Immunsystem nicht“, sagt Falk. Für Ulbert ist es noch unklar, ob und wie die Wirkung der dritten Impfung bei Immungesunden nachlässt. Es könne auch sein, so der Impfstoffexperte, dass man „wesentlich länger“ vor schweren Corona-Erkrankungen geschützt ist. Für DGfI-Präsidentin Falk steht derzeit im Vordergrund, die breite Bevölkerung mit einer dritten Impfung zu boostern, um damit „aus dem Winter rauszukommen“.
Für den Zeitraum danach überwiegt bei den Experten die Zuversicht – zumindest für die Immungesunden, wenn sich das Virus nicht dramatisch verändert. Bei sogenannten „inaktiven Impfstoffen“ wie bei der Corona-Impfung bleibe der Schutz in der Regel spätestens nach der dritten Impfung „relativ lange relativ hoch“, sagt Ulbert. Die zirkulierenden Antikörper könnten – wie in Israel beobachtet – zwar abfallen, aber es gehe hier auch um das immunologische Gedächtnis, das weiterhin vor einer schweren Erkrankung schütze, so der Experte. Deshalb müsse man bei Immungesunden – im Gegensatz zu den Immunschwachen – erst abwarten, ob diese überhaupt den Booster nach dem Booster benötigen, erklärt Ulbert. Das sieht auch der Berliner Virologe Christian Drosten so. Im ZDF-Heute Journal sagte er, gesunde Erwachsene bräuchten eventuell keinen weiteren Booster mehr. Die Voraussetzung auch hier: Das Virus mutiert nicht mehr so stark.
Macht es Sinn, auf einen an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff zu warten? „Da die Omikron-Welle bereits rollt, ist eine rasche Boosterung mit den vorhandenen Impfstoffen wichtiger. Damit ist man auch bei Omikron gut gegen schwere Verläufe geschützt“, sagt Impfstoffexperte Ulbert. Die Hoffnung bei Immunologen wie DGfI-Präsidentin Falk ist, dass bei Corona nach dem Winter ein „schrittweiser Übergang in eine endemische Situation“ erfolgt. Das würde bedeuten, dass das Virus regional regelmäßig auftaucht und die meisten Menschen durch Impfung oder Infektion eine gewisse Immunität besitzen.
Wenn das nicht passiert, könnte die Mehrheit der Immungesunden im Herbst 2022 mit dem Booster-Booster wieder an der Impfreihenfolge sein. Dann werde hoffentlich eine Auffrischung mit einem angepassten Impfstoff zum Einsatz kommen, sagt Falk. Im Idealfall sei diese Gabe gekoppelt mit einer Impfung gegen die Influenza. Das würde heißen: Ein Arztbesuch, zwei Spritzen. Und danach? Ulbert berichtet von Forschungen an einem Corona-Impfstoff, der gegen eine Vielzahl von Varianten wirken soll. „Es wäre toll, einen Impfstoff zu haben, der andere Varianten von Sars-CoV-2, aber auch andere Coronaviren mit abdeckt“, wagt der Experte einen Blick in die Zukunft. Das heißt zum einen, man wäre auch für eventuelle künftige Pandemien besser gewappnet. Zum anderen bedeutet das aber auch: Mit dem Impfen gegen Corona wäre noch nicht Schluss.