Für einige Menschen bedeutet eine Impfung große Überwindung. Und das nicht, weil sie an der Wirkung zweifeln oder Angst vor den Nebenwirkungen haben, sondern weil sie sich vor der Kanüle fürchten. Die Angst kann dabei so extrem werden, dass die Betroffenen in Ohnmacht fallen. Eine Corona-Impfung mittels Pflaster würde für die Betroffenen eine extreme Erleichterung bedeuten.
Die Idee, Arznei- und Impfstoffe mittels Pflaster in den Körper einzubringen, ist nicht neu. Bei Betäubungsmitteln oder Hormonen wird diese Darreichungsform bereits angewendet. Einen zugelassenen „Pflaster-Impfstoff“ gibt es hingegen noch nicht. Dabei scheint der Wirkort Haut aufgrund der hohen Anzahl an Immunzellen optimal für den Aufbau eines guten Impfschutzes zu sein.
Mittlerweile forschen mehrere Universitäten an einer Pflaster-Alternative. So konnten beispielsweise die Wissenschaftler:innen der kalifornischen Stanford University und der University of North Carolina (UNC) in Chapel Hill ein Impfpflaster aus dem 3D-Drucker entwickeln. In ersten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Personen, die den Impfstoff mittels Pflaster erhielten, eine stärkere Aktivierung von Immunzellen und eine stärkere humoralen und zelluläre Immunantwort aufwiesen im Vergleich zu Proband:innen nach i.m.-Injektion.
Auch Forscher:innen der australischen University of Queensland konnten erste Erfolge bei der Pflaster-Entwicklung präsentieren. In dieser Woche wurden die Ergebnisse von Versuchen mit Mäusen in der Fachzeitschrift „Science Advances“ publiziert. Der verwendete Impfstoff, vorläufig HexaPro genannt, wurde auf spezielle Art stabilisiert, sodass er beim Auftragen auf das Pflaster nicht unwirksam wird. Bei HexaPro handelt es sich um einen Subunit-Impfstoff. Bei 20 °C ist das Pflaster einen Monat lang haltbar, bei Temperaturen von 40 °C noch eine Woche. Die Stabilität und bessere Temperaturakzeptanz dieser neuen Darreichungsform könnte ein weiterer Vorteil gegenüber der aktuell zugelassenen Impfstoffe sein.
Das Pflaster ist mit zahlreichen Mikronadeln bestückt. Diese sind genauso lang, dass sie durch das Stratum corneum, also durch die Hornschicht, hindurchstechen und den Inhaltsstoff in die Epidermis/Dermis abgeben können. Dabei können die Mini-Nadeln aus dauerhaftem Material wie Metall sein oder aus abbaubaren Materialien wie Polymeren (Biopolymere). Die Impfstoffe werden im getrockneten Zustand auf die Nadeln aufgebracht. Eine Verdünnung und gegebenenfalls auch Kühlung der Vakzine kann hierdurch entfallen.
Im kommenden Jahr sollen klinische Studien am Menschen folgen. Aktuell sind die beiden Unternehmen Vaxess und Micron Biomedical bei der Entwicklung ganz vorne mit dabei. Größte Herausforderung: Die Produktion der speziellen Pflaster – diese ist laut den Forscher:innen aktuell im großen Stil nicht möglich.
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