Corona-Hotspot in Bayern

Corona: Apotheker will helfen – und findet niemanden

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Berlin -

In vielen Apotheken wird gerade jede helfende Hand benötigt, insbesondere in Gebieten, die besonders stark von der Sars-CoV-2-Pandemie betroffen sind. Umso wertvoller sind dabei approbierte Apotheker, die in jedem Bereich tätig sein dürfen. Dr. Henning Günzler ist so jemand: Frisch im Ruhestand hat er von den teils dramatischen Zuständen in manchen bayerischen Landkreisen erfahren und wollte seine Arbeitskraft anbieten. Doch weder Kammer noch Verband hätten ihm weitergeholfen, kritisiert er.

Günzler hat sein Berufsleben eigentlich schon im Guten abgeschlossen: Er war Inhaber der Neuen Apotheke Volkmarode, hat seinen Betrieb aber vergangenes Jahr verkauft und genießt nun mit 58 Jahren den wohlverdienten Ruhestand, unter anderem in seinem Ferienhaus in Niederbayern. Dort hielt er sich auch gerade auf, als im Freistaat die strikten Präventionsmaßnahmen verhängt wurden – also blieb er an Ort und Stelle. Dass die Situation sich regional auch für Apotheken zum Teil extrem verschärft, bekam er natürlich mit, vor allem durch die Geschichte von Norbert Veicht und seiner Antonius-Apotheke in Massing. Insbesondere der von Veicht erklärte Kollege, dessen Apotheke vom Gesundheitsamt geschlossen wurde und der nun irgendwie versucht, noch seine Belieferungen hinzukriegen, habe ihm leidgetan.

„Ich bin hier nur 30 Kilometer davon entfernt und war bis vergangenes Jahr selbst Inhaber, von daher kann ich mir sehr gut vorstellen, wie die Situation gerade ist“, sagt Günzler. „Wenn es irgendwie die Möglichkeit gibt, würde ich deshalb gern helfen.“ Doch wie sollte er – abgesehen von der beschriebenen Geschichte – herausfinden, wo wirklich dringend eine helfende Hand gebraucht wird? Günzler dachte zuerst an die Apothekerkammer und rief dort an. „Ich dachte mir, wenn ein Kollege in Not ist, kann ich mich dort hoffentlich melden und meine Hilfe anbieten.“

Doch das Telefonat war eine Enttäuschung, sagt er: „Das Sekretariat der Kammer sagte mir nur, sowas machen sie nicht, ich solle mich an den Verband wenden.“ Also tat er das. Und wurde erneut enttäuscht. „Der Verband sagte mir dann, dass er nicht zuständig sei und ich mich an die Kammer wenden soll.“ Also rief er erneut bei der Kammer an und fragte nach, wie er denn nun herausfinden kann, wer seine Hilfe gebrauchen könnte. „Da wurde mir dann gesagt, ich solle mir die Stellenangebote ansehen.“

Für Günzler lassen Kammer und Verband die Apotheken damit im Stich, es müsse mehr getan werden, fordert er. „Es weiß ja keiner etwas. Die einzige Auskunft war, dass sie nichts wissen oder nicht helfen können. Kammer und Verband müssten da eigentlich etwas machen, beispielsweise Möglichkeiten der unkomplizierten Kontaktaufnahme ermöglichen. Es ist ein absolutes Unding, dass die Herrschaften da nichts organisieren.“ Auf die Anfrage angesprochen, verweisen Kammer und Verband auf ihre bisherigen Angebote – und darauf, dass Anfragen wie die von Günzel bisher kaum vorgekommen seien.

„Der Fall ist mir nicht bekannt, ich kann ihn deshalb nicht bewerten“, sagt ein Verbandssprecher. Es sei sehr untypisch, dass sich ein Apotheker von sich aus an den Verband wende, um seine Hilfe anzubieten. „Aber falls es eine größere Zahl an Hilfsangeboten gäbe, müsste man natürlich überlegen, wie man das kanalisiert. Jede Hilfe ist willkommen.“ Allerdings habe der Verband auch aktiv die neue Hilfsplattform des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden (BPhD) beworben, die für Inhaber in Not auch nützlich sein könne. „Das machen wir schon, auch wenn Studenten natürlich nicht im vollen Umfang in Apotheken arbeiten können.“ Außerdem gebe es ja besagte Stellenanzeigen, in denen Inhaber Hilfsangebote finden können. Auf die weist auch die Kammer auf Nachfrage hin. „Jede Apothekerin und jeder Apotheker hat die Möglichkeit sich bei uns im Stellenmarkt unter Stellengesuche entsprechend einzutragen.“

Günzler sieht das nicht als sinnvollen Weg. „Als hätte ein Apotheker, der in Quarantäne ist, nichts Besseres zu tun, als Stellenanzeigen zu durchforsten“, sagt er. Die Kammer weist diesen Einwand zurück. „Dies ist unseres Erachtens nach die beste und einfachste Möglichkeit, seine Hilfe anzubieten“, so eine Sprecherin. Mittlerweile hat Günzler die Angelegenheit deshalb selbst in die Hand genommen: Er hat sich an Veicht gewendet und persönlich nachgefragt, ob er in der Umgebung irgendetwas für seine Kollegen tun kann. Veicht wiederum habe seine Nummer an jenen Apotheker weitergeleitet, der mit dem Gesundheitsamt zu kämpfen hat. „Ich werde sehen, ob ich dann irgendwie helfen kann“, sagt Günzler.

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