Bundesweit 19 Apotheken geschlossen APOTHEKE ADHOC, 26.03.2020 10:41 Uhr
Das Coronavirus trifft auch die Apotheken. Bundesweit wurden nach Informationen von APOTHEKE ADHOC bislang 19 Apotheken aufgrund behördlicher Quarantäne geschlossen, erste Betriebe haben aber bereits wieder geöffnet. In den Ländern gehen die Behörden unterschiedlich mit dem Thema um.
Vor allem Bayern, Hessen und Westfalen-Lippe sind betroffen; das sind nicht nur die größten Kammerbezirke, sondern auch Länder mit hohen Fallzahlen. Überraschend ist dagegen, dass Baden-Württemberg und Nordrhein von Apothekenschließungen bislang verschont wurden. Eine Erklärung könnte der unterschiedliche Umgang der Gesundheitsämter mit entsprechenden Verdachtsfällen sein. Gelegentlich wird das Thema über Auflagen oder Betriebsferien geregelt.
- Baden-Württemberg: keine Schließung
- Bayern: sechs Schließungen, eine Apotheke bereits wieder eröffnet
- Berlin: keine Schließung
- Brandenburg: keine Schließung (eine Apotheke arbeitet nach Kontakt mit Auflagen: Mundschutz und Handschuhe)
- Bremen: keine Schließung
- Hamburg: keine Schließung
- Hessen: vier Schließungen
- Mecklenburg-Vorpommern: keine Schließung
- Niedersachsen: keine Schließung
- Nordrhein: keine Schließung
- Rheinland-Pfalz: eine Schließung, Apotheke wird voraussichtlich Ende der Woche nach Ablauf des Sicherheitszeitraum wieder eröffnet. Der Inhaber war positiv getestet worden, allerdings konnten Familienangehörige zunächst zwei Tage lang den Notbetrieb in der Apotheke aufrechterhalten.
- Saarland: eine Schließung
- Sachsen: eine Schließung; eine weitere Apotheke mit Verdachstsfall, die aber nicht geschlossen wurde
- Sachsen-Anhalt: keine Schließung
- Schleswig-Holstein: keine Schließung
- Thüringen: keine Schließung
- Westfalen: sechs Schließungen
„In den vergangenen Wochen hat sich gezeigt, dass die Menschen sich auf die Apothekenteams verlassen können“, kommentiert Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. „Unser großer Dank gilt den fast 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in schwierigen Zeiten Tag und Nacht großartige Arbeit leisten. In der Krise zeigt sich ganz besonders deutlich, wie unverzichtbar die wohnortnahe und niederschwellige Versorgung mit Arzneimitteln ist.“
Dass sechs von 1869 Apotheken aufgrund von erkrankten Mitarbeitern, Mitarbeitern in Quarantäne oder Personalengpässen geschlossen wurden, konnte laut Walter ausgeglichen werden: In allen Fällen handelt es sich um Apotheken in Filialverbünden, in denen eine weitere Apotheke in unmittelbarer Nähe die Versorgung sicherstellt.
In der Corona-Krise hätten alle Apotheken die Möglichkeit, ihre Öffnungszeiten flexibler zu handhaben – beispielsweise durch Verlängerung von Mittagspausen – um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Zugleich dürfen alle Apotheken auch sonntags öffnen. Nach einem regelrechten Ansturm der Patienten in der vergangenen Woche normalisiere sich jetzt in vielen Apotheken wieder die Inanspruchnahme.
Deutlich mehr Ausfälle scheint es bei Arztpraxen zu geben: Laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) sind alleine in Berlin derzeit 101 Praxen geschlossen. In rund zwei Drittel der Fälle (63 Praxen) sei der Hintergrund eine Quarantänemaßnahme, teilte eine Sprecherin mit. Das könne zum Beispiel bedeuten, dass ein Mitarbeiter Kontakt zu einem bestätigten Sars-CoV-2-Fall hatte. Weitere 31 Praxen gaben an, wegen fehlender Schutzausrüstung geschlossen zu haben. Sieben Praxen sind demnach wegen fehlender Kinderbetreuung nicht geöffnet.
In Thüringen hatte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Jörg Müller, sogar Schließungen von Praxen gefordert, die nicht über entsprechendes Schutzmaterial verfügen: „Schon aus Verantwortung für die Gesundheit des medizinischen Personals und der uns anvertrauten Patienten rufen wir aufgrund der sehr hohen Ansteckungsgefahr zur sofortigen Einstellung der Tätigkeit in Praxis und Klinik ohne entsprechende Schutzausrüstung auf.“ Auch Zahnärzte drängten auf Entscheidungen zur Behandlung von Patienten angesichts der Infektionsgefahr. Die Versorgung von Patienten in nicht aufschiebbaren Fällen müsse selbstverständlich sichergestellt werden, abhängig davon, wie lange die Materialvorräte in den Praxen reichten.
Nach den Vorgaben des Robert Koch-Instituts (RKI) dürfe in der Corona-Krise ohne Schutzausrüstung aufgrund der hochgradigen Eigen- und Fremdgefährdung keine Patientenversorgung mehr erfolgen, erklärte Müller. Wer als Mediziner anders verfahre, handele leichtfertig und gefährde in unprofessioneller Weise nicht nur sich selbst, sondern riskiere auch das Leid vieler weiterer Menschen, erklärte Müller, der Augenarzt in Gera ist. „Das Virus ist brandgefährlich.“ Das Bestehen auf Schutzausrüstung sei keine Feigheit, sondern Voraussetzung für Selbst- und Patientenschutz. Das gelte umso mehr bei einer Virusinfektion, gegen die es keinerlei Impfprävention und – abgesehen von symptomatischer Behandlung – auch keine Therapie gebe.