Patientenschützer fordern eine bundesweite „Leitzahl“, ab wann künftig wegen zu vieler Corona-Patienten in den Kliniken strengere Alltagsbeschränkungen greifen sollen. Ohne eine solche Vorgabe von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werde es „erneut ein Tohuwabohu geben“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Es handele sich um eine politische Entscheidung, wie hoch die Belastung des medizinisch-pflegerischen Personals in den Kliniken sein solle.
Brysch sagte, viele Menschen seien es leid, dass in verschiedenen Regionen bei gleicher Lage unterschiedliche Regelungen gelten. „Deshalb wäre es falsch, die Festlegung einer Leitzahl allein den Kliniken oder den jeweiligen Ländern zu überlassen.“
Nach einem Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums soll die Zahl der Corona-Patienten pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen in den regionalen Kliniken zur wichtigsten Messlatte werden – auch als Auslöser für neue Alltagsbeschränkungen. Die kritischen Schwellen, ab denen Auflagen nötig werden, sollen jeweils die Länder festlegen.
Spahn hatte die vorgesehenen regionalen Entscheidungen dazu verteidigt. „Aus meiner Sicht ist das nicht ein Wert, den man sozusagen einheitlich zentral vorgeben kann, weil das regional unterschiedlich ist“, sagte er dem SWR. In Städten wie Berlin oder München und Ballungsräumen gebe es ganz andere Behandlungskapazitäten als in ländlichen Flächenregionen.
Die Klinikbelegung soll als neuer wesentlicher Maßstab die Ausrichtung an der Inzidenz – also der Zahl der Neuansteckungen – ersetzen. Bisher gibt es bundesweit einheitliche Auslöse-Schwellen für Alltagsbeschränkungen etwa ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen.
In Baden-Württemberg derweil drohen ungeimpften Erwachsenen schon Anfang September neue Kontaktbeschränkungen. Das Sozialministerium in Stuttgart will schnell gegensteuern, wenn – wie derzeit erwartet – immer mehr Covid-19-Patienten in Kliniken auf die Intensivstationen müssen.
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