Allgemeines Thromboserisiko

Blutgerinnsel bei allen Impfstoffen möglich APOTHEKE ADHOC, 18.03.2021 10:24 Uhr

Die EMA überprüft nun alle bereits zugelassenen Impfstoffe auf ein mögliches Thromboserisiko in Verbindung mit einer Thrombozytopenie, denn generell können alle Vakzine dieses Risiko bergen. Foto: donfiore/shutterstock.com
Berlin - 

Heute wird die Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA zum weiteren Vorgehen mit dem AstraZeneca-Impfstoff verkündet. Die Impfungen mit dem Vektorvirenimpfstoff wurden diese Woche aufgrund von Einzelfällen, die Hirnvenenthrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung entwickelt hatten, gestoppt. Nun betrachtet die EMA auch die weiteren Impfstoffe – ein Thromboserisiko könne prinzipiell bei allen Impfstoffen bestehen.

Aktuell wird keine Impfung mehr mit der Vektorviren-Vakzine von AstraZeneca vorgenommen. Grund hierfür ist eine seltene Nebenwirkung, die jedoch schwere Folgen haben kann. In Deutschland sind bei mittlerweile neun Patienten im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung Hirnvenenthrombosen aufgetreten. Zahlen aus anderen Ländern liegen aktuell nicht vor. Der Impfstopp stößt auf viel Kritik. Auch andere Medikamente würden zu einem erhöhten Thromboserisiko führen. Häufig werden Daten von oralen Kontrazeptiva zum Vergleich herangezogen. In der gestrigen EMA-Konferenz teilte EMA-Chefin Emer Cooke mit, dass alle bereits zugelassenen Impfstoffe einer Analyse unterzogen werden. Zwar läge das Augenmerk auf AstraZeneca, doch auch die anderen Kandidaten würden überprüft werden.

Einen guten Überblick zu den Impfnebenwirkungen bietet der sogenannte Gelbe-Karten-Report der britischen Gesundheitsbehörde MHRA. Als gelbe Karte werden unerwünschte Ereignisse nach der Immunisierung bezeichnet. Es handelt sich um ein reines Meldesystem. Bewertet, ob das Ereignis durch die Impfung, oder rein zufällig im zeitlichen Zusammenhang entstand, wird nicht. Mit Blick in das Register zeigt sich, dass am häufigsten die auch aus den Zulassungsstudien bekannten Nebenwirkungen gemeldet wurden. Hierzu gehören Reaktionen an der Einstichstelle, Fieber, Abgeschlagenheit und gastrointestinale Beschwerden.

Im Register tauchen auch schwere Nebenwirkungen auf. Die am häufigsten gemeldete schwerwiegende Nebenwirkung ist eine Gesichtslähmung. Hier entfallen 193 Meldungen auf Biontech und 88 Meldungen auf AstraZeneca. Die Zahlen beziehen sich auf insgesamt 10,7 Millionen Erstimpfungen mit Biontech und 800.000 Erstimpfungen mit dem mRNA-Impfstoff, sowie 9,7 Millionen Dosen AstraZeneca. Auch Thrombosen finden sich im Gelbe-Karten-Report. So sind 10 Thrombosefälle im zeitlichen Zusammenhang mit der Biontech-Impfung beschrieben und 41 zerebrale Ereignisse im zeitlichen Zusammenhang mit der Vakzine von AstraZeneca. Darüber hinaus wurden 7 Fälle von Hirnblutungen im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vektorviren-Impfstoff gemeldet.

Ein Thromboserisiko scheint nach der Auswertung der MHRA auch bei anderen Vakzinen gegeben. Gewisse Personengruppen besitzen ein generell erhöhtes Thromboserisiko. So entstehen beispielsweise bis zu 50 Prozent aller Sinusvenenthrombosen aus hormonellen Gründen. Schwangere und Frauen, die mit oralen Kontrazeptiva verhüten, haben ein mehrfach erhöhtes Risiko für die spezielle Form der Thrombose. Es bleibt abzuwarten, ob die EMA den Impfstopp unter bestimmten Kontraindikationen aufhebt. Bislang traten die zerebralen Ereignisse vor allem bei jüngeren Frauen auf.

Ein weiteres Fragezeichen ist die parallel zur Sinusvenenthrombose auftretende Immunthrombozytopenie. Hierbei könnte es sich laut EMA um eine Impfreaktion handeln. Immunologen halten es auch für denkbar, dass die Immunisierung eine Autoimmunerkrankung auslöst. Genauso gut könnte es sich um einen Zufall handeln. Die weiterführenden Untersuchungen sollen Licht ins Dunkel bringen.

Menschen, die bereits mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpft wurden, sollten auch Anzeichen einer Thrombose achten. Die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) gibt folgende Empfehlungen:

  • Grippeähnliche Symptomen über ein bis zwei Tage nach der Injektion stellen keinen Verdacht auf eine Thrombose dar.
  • Nebenwirkungen, die länger als drei Tage anhalten, sollten ärztlich abgeklärt werden.
  • Bei anhaltenden oder wiederkehrenden Symptomen wie Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Luftnot, Schmerzen in Armen oder Beinen sollte ein Arzt aufgesucht werden.
  • Der Arzt sollte vor der Therapie unbedingt ein Blutbild mit Bestimmung der Thrombozytenzahl und D-Dimere veranlassen.